nichts mehr für ihn, heißt das, aber noch viel für Sie, meine Herren. Er hatte ohne Zweifel einst mehr Geld als Verstand, jetzt eben so gewiß mehr Ver- stand als Geld." "Modesty and merit," bemerkte er später, gehen nur in so fern mit einander, als sie beide mit einem m anfangen, und in solchem Tone und Wortspielen fuhr er lange fort. "Was macht die Armen leben," schloß er zuletzt, "giebt ihnen Ge- sundheit, Nahrung und Comfort? Großmuth thut es wenig, Eitelkeit fast allein -- nämlich nicht die der Armen, arme Teufel! sondern die der Reichen. Deployiren Sie also diese lobenswerthe Eitelkeit, meine Herren, und kaufen Sie, was ihr fröhnen mag, Sie verdienen so, auch gegen Ihren Willen, Gottes Lohn daran."
Ja wohl, dachte ich, daran hast Du ganz Recht, alter Spaßmacher; denn so schön hat unser guter Gott die Welt wirklich eingerichtet, daß immer wie- der Gutes aus dem Uebeln entstehen muß, und das Böse am Ende nur da ist, damit das Gute es be- siegen, und sich selbst daran erkennen könne.
Man muß überall seine moralischen Anwendungen machen.
Ich aß bei einer vornehmen Lady, die mich den ganzen Tisch über nur von Napoleon unterhielt, und mit englischem Extrem so von ihm eingenommen war, daß sie sogar die Hinrichtung des Duc d'Enghien
nichts mehr für ihn, heißt das, aber noch viel für Sie, meine Herren. Er hatte ohne Zweifel einſt mehr Geld als Verſtand, jetzt eben ſo gewiß mehr Ver- ſtand als Geld.“ „Modesty and merit,“ bemerkte er ſpäter, gehen nur in ſo fern mit einander, als ſie beide mit einem m anfangen, und in ſolchem Tone und Wortſpielen fuhr er lange fort. „Was macht die Armen leben,“ ſchloß er zuletzt, „giebt ihnen Ge- ſundheit, Nahrung und Comfort? Großmuth thut es wenig, Eitelkeit faſt allein — nämlich nicht die der Armen, arme Teufel! ſondern die der Reichen. Deployiren Sie alſo dieſe lobenswerthe Eitelkeit, meine Herren, und kaufen Sie, was ihr fröhnen mag, Sie verdienen ſo, auch gegen Ihren Willen, Gottes Lohn daran.“
Ja wohl, dachte ich, daran haſt Du ganz Recht, alter Spaßmacher; denn ſo ſchön hat unſer guter Gott die Welt wirklich eingerichtet, daß immer wie- der Gutes aus dem Uebeln entſtehen muß, und das Böſe am Ende nur da iſt, damit das Gute es be- ſiegen, und ſich ſelbſt daran erkennen könne.
Man muß überall ſeine moraliſchen Anwendungen machen.
Ich aß bei einer vornehmen Lady, die mich den ganzen Tiſch über nur von Napoleon unterhielt, und mit engliſchem Extrem ſo von ihm eingenommen war, daß ſie ſogar die Hinrichtung des Duc d’Enghien
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0229"n="185"/>
nichts mehr für ihn, heißt das, aber noch viel für<lb/>
Sie, meine Herren. Er hatte ohne Zweifel einſt mehr<lb/>
Geld als Verſtand, jetzt eben ſo gewiß mehr Ver-<lb/>ſtand als Geld.“<hirendition="#aq">„Modesty and merit,“</hi> bemerkte<lb/>
er ſpäter, gehen nur in ſo fern mit einander, als<lb/>ſie beide mit einem <hirendition="#aq">m</hi> anfangen, und in ſolchem Tone<lb/>
und Wortſpielen fuhr er lange fort. „Was macht<lb/>
die Armen leben,“ſchloß er zuletzt, „giebt ihnen Ge-<lb/>ſundheit, Nahrung und Comfort? Großmuth thut<lb/>
es wenig, Eitelkeit faſt allein — nämlich nicht die<lb/>
der Armen, arme Teufel! ſondern die der Reichen.<lb/>
Deployiren Sie alſo dieſe lobenswerthe Eitelkeit,<lb/>
meine Herren, und kaufen Sie, was ihr fröhnen<lb/>
mag, Sie verdienen ſo, auch gegen Ihren Willen,<lb/>
Gottes Lohn daran.“</p><lb/><p>Ja wohl, dachte ich, daran haſt Du ganz Recht,<lb/>
alter Spaßmacher; denn ſo ſchön hat unſer guter<lb/>
Gott die Welt wirklich eingerichtet, daß immer wie-<lb/>
der Gutes aus dem Uebeln entſtehen muß, und das<lb/>
Böſe am Ende nur da iſt, damit das Gute es be-<lb/>ſiegen, und ſich ſelbſt daran erkennen könne.</p><lb/><p>Man muß überall ſeine moraliſchen Anwendungen<lb/>
machen.</p><lb/><p>Ich aß bei einer vornehmen Lady, die mich den<lb/>
ganzen Tiſch über nur von Napoleon unterhielt, und<lb/>
mit engliſchem Extrem ſo von ihm eingenommen war,<lb/>
daß ſie ſogar die Hinrichtung des <hirendition="#aq">Duc d’Enghien</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[185/0229]
nichts mehr für ihn, heißt das, aber noch viel für
Sie, meine Herren. Er hatte ohne Zweifel einſt mehr
Geld als Verſtand, jetzt eben ſo gewiß mehr Ver-
ſtand als Geld.“ „Modesty and merit,“ bemerkte
er ſpäter, gehen nur in ſo fern mit einander, als
ſie beide mit einem m anfangen, und in ſolchem Tone
und Wortſpielen fuhr er lange fort. „Was macht
die Armen leben,“ ſchloß er zuletzt, „giebt ihnen Ge-
ſundheit, Nahrung und Comfort? Großmuth thut
es wenig, Eitelkeit faſt allein — nämlich nicht die
der Armen, arme Teufel! ſondern die der Reichen.
Deployiren Sie alſo dieſe lobenswerthe Eitelkeit,
meine Herren, und kaufen Sie, was ihr fröhnen
mag, Sie verdienen ſo, auch gegen Ihren Willen,
Gottes Lohn daran.“
Ja wohl, dachte ich, daran haſt Du ganz Recht,
alter Spaßmacher; denn ſo ſchön hat unſer guter
Gott die Welt wirklich eingerichtet, daß immer wie-
der Gutes aus dem Uebeln entſtehen muß, und das
Böſe am Ende nur da iſt, damit das Gute es be-
ſiegen, und ſich ſelbſt daran erkennen könne.
Man muß überall ſeine moraliſchen Anwendungen
machen.
Ich aß bei einer vornehmen Lady, die mich den
ganzen Tiſch über nur von Napoleon unterhielt, und
mit engliſchem Extrem ſo von ihm eingenommen war,
daß ſie ſogar die Hinrichtung des Duc d’Enghien
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/229>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.