Ein- und Ausgängen dieses Riesenbaues führt. Rück- wärts schauend, siehst Du an den beiden schwarzen Thürmen empor, von denen der älteste, Guy's Thurm genannt, ganz frei von Gebüsch in drohender Maje- stät, fest wie aus Erz gegossen dasteht, der andre von Beauchamp erbaut, halb durch eine, wohl Jahrhun- derte zählende, Kiefer und eine herrliche Kastanie ver- deckt wird. Breitblättriger Epheu, und wilder Wein rankt, bald den Thurm umschlingend, bald seine höchsten Spitzen ersteigend, an den Mauern hinan. Links neben Dir zieht sich weit der bewohnte Theil des Schlosses und die Capelle hin, mit vielen hohen Fenstern geziert, von verschiedener Größe und Ge- stalt, während die ihm gegenüber liegende Seite des großen Vierecks, fast ganz ohne Fenster, nur mäch- tige crenelirte Steinmassen darbietet, die einige Ler- chenbäume von colossaler Höhe und baumartige Ar- butus-Sträucher, welche hier im langen Schutze wunderbar hoch gewachsen sind, malerisch unterbre- chen. Vor Dir jedoch erwartet Dich, wenn Du jetzt den Blick nach der Höhe erhebst, von allem das er- habenste Schauspiel. Denn auf dieser vierten Seite steigt aus einem niedrigen bebuschten Kessel, den der Hof hier bildet, und mit dem sich auch die Gebäude eine geraume Strecke senken, das Terrain von neuem, in Form eines jonischen Berges steil empor, an dem die gezackten Mauern des Schlosses mit hinan klim- men. Dieser Berg, der Keep, ist bis oben dicht be- wachsen mit Gesträuch, das jedoch nur den Fuß der Thürme und Mauern bedeckt. Dahinter aber ragen,
Ein- und Ausgängen dieſes Rieſenbaues führt. Rück- wärts ſchauend, ſiehſt Du an den beiden ſchwarzen Thürmen empor, von denen der älteſte, Guy’s Thurm genannt, ganz frei von Gebüſch in drohender Maje- ſtät, feſt wie aus Erz gegoſſen daſteht, der andre von Beauchamp erbaut, halb durch eine, wohl Jahrhun- derte zählende, Kiefer und eine herrliche Kaſtanie ver- deckt wird. Breitblättriger Epheu, und wilder Wein rankt, bald den Thurm umſchlingend, bald ſeine höchſten Spitzen erſteigend, an den Mauern hinan. Links neben Dir zieht ſich weit der bewohnte Theil des Schloſſes und die Capelle hin, mit vielen hohen Fenſtern geziert, von verſchiedener Größe und Ge- ſtalt, während die ihm gegenüber liegende Seite des großen Vierecks, faſt ganz ohne Fenſter, nur mäch- tige crenelirte Steinmaſſen darbietet, die einige Ler- chenbäume von coloſſaler Höhe und baumartige Ar- butus-Sträucher, welche hier im langen Schutze wunderbar hoch gewachſen ſind, maleriſch unterbre- chen. Vor Dir jedoch erwartet Dich, wenn Du jetzt den Blick nach der Höhe erhebſt, von allem das er- habenſte Schauſpiel. Denn auf dieſer vierten Seite ſteigt aus einem niedrigen bebuſchten Keſſel, den der Hof hier bildet, und mit dem ſich auch die Gebäude eine geraume Strecke ſenken, das Terrain von neuem, in Form eines joniſchen Berges ſteil empor, an dem die gezackten Mauern des Schloſſes mit hinan klim- men. Dieſer Berg, der Keep, iſt bis oben dicht be- wachſen mit Geſträuch, das jedoch nur den Fuß der Thürme und Mauern bedeckt. Dahinter aber ragen,
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Ein- und Ausgängen dieſes Rieſenbaues führt. Rück-
wärts ſchauend, ſiehſt Du an den beiden ſchwarzen
Thürmen empor, von denen der älteſte, Guy’s Thurm
genannt, ganz frei von Gebüſch in drohender Maje-
ſtät, feſt wie aus Erz gegoſſen daſteht, der andre
von Beauchamp erbaut, halb durch eine, wohl Jahrhun-
derte zählende, Kiefer und eine herrliche Kaſtanie ver-
deckt wird. Breitblättriger Epheu, und wilder Wein
rankt, bald den Thurm umſchlingend, bald ſeine
höchſten Spitzen erſteigend, an den Mauern hinan.
Links neben Dir zieht ſich weit der bewohnte Theil
des Schloſſes und die Capelle hin, mit vielen hohen
Fenſtern geziert, von verſchiedener Größe und Ge-
ſtalt, während die ihm gegenüber liegende Seite des
großen Vierecks, faſt ganz ohne Fenſter, nur mäch-
tige crenelirte Steinmaſſen darbietet, die einige Ler-
chenbäume von coloſſaler Höhe und baumartige Ar-
butus-Sträucher, welche hier im langen Schutze
wunderbar hoch gewachſen ſind, maleriſch unterbre-
chen. Vor Dir jedoch erwartet Dich, wenn Du jetzt
den Blick nach der Höhe erhebſt, von allem das er-
habenſte Schauſpiel. Denn auf dieſer vierten Seite
ſteigt aus einem niedrigen bebuſchten Keſſel, den der
Hof hier bildet, und mit dem ſich auch die Gebäude
eine geraume Strecke ſenken, das Terrain von neuem,
in Form eines joniſchen Berges ſteil empor, an dem
die gezackten Mauern des Schloſſes mit hinan klim-
men. Dieſer Berg, der Keep, iſt bis oben dicht be-
wachſen mit Geſträuch, das jedoch nur den Fuß der
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/270>, abgerufen am 26.11.2024.
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