alten Ruinen der "rothen Burg", ein prachtvolles An- denken aus den Zeiten Wilhelm des Eroberers. Nun denke Dir noch, daß diese ganze romantische Berg- gruppe, die sich, ganz für sich allein bestehend, aus der Ebne erhebt, fast in regelmäßigem Kreise von den silberhellen Wellen des Hawk-Flusses umströmt wird, und dieser so natürlich eingeschlossene Raum eben der Park von Hawkstone ist, ein auch in der Umgegend so anerkannt reizender Ort, daß die jungen Ehepaare aus den nahen Städten Liverpool und Shrewsbury seit lange die Gewohnheit haben, wenn ihre Trauung in die schöne Jahreszeit fällt, die ersten Wochen des neuen süßen Glücks in Hawkstone zuzubringen. Viel- leicht ist dies die Ursache, daß dieser Park, ganz wi- der die englische Sitte, mehr dem Publikum als sei- nem Besitzer gewidmet ist, der gar nicht hier wohnt, ja dessen Haus verfallen und unansehnlich in einem Winkel des Parks, gleich einem hors d'oeuvre, ver- borgen liegt. Dagegen ist ein schöner Gasthof darin erbaut, der besagte Ehepaare, so wie Liebende aller Art, nebst andern Naturfreunden, mit den ausge- suchtesten Betten und solider Stärkung durch Speise und Trank versorgt. Hier schlugen auch wir unser Lager auf, und begannen, nach einem guten Frühstück a la fourchette, den langen Weg zu Fuß -- denn wegen des schwierigen Terrains kann der Park nicht befahren werden. Die kletternde Promenade, die im Winter sogar nicht ganz ohne Gefahr ist, dauerte vier Stunden.
alten Ruinen der „rothen Burg“, ein prachtvolles An- denken aus den Zeiten Wilhelm des Eroberers. Nun denke Dir noch, daß dieſe ganze romantiſche Berg- gruppe, die ſich, ganz für ſich allein beſtehend, aus der Ebne erhebt, faſt in regelmäßigem Kreiſe von den ſilberhellen Wellen des Hawk-Fluſſes umſtrömt wird, und dieſer ſo natürlich eingeſchloſſene Raum eben der Park von Hawkstone iſt, ein auch in der Umgegend ſo anerkannt reizender Ort, daß die jungen Ehepaare aus den nahen Städten Liverpool und Shrewsbury ſeit lange die Gewohnheit haben, wenn ihre Trauung in die ſchöne Jahreszeit fällt, die erſten Wochen des neuen ſüßen Glücks in Hawkstone zuzubringen. Viel- leicht iſt dies die Urſache, daß dieſer Park, ganz wi- der die engliſche Sitte, mehr dem Publikum als ſei- nem Beſitzer gewidmet iſt, der gar nicht hier wohnt, ja deſſen Haus verfallen und unanſehnlich in einem Winkel des Parks, gleich einem hors d’oeuvre, ver- borgen liegt. Dagegen iſt ein ſchöner Gaſthof darin erbaut, der beſagte Ehepaare, ſo wie Liebende aller Art, nebſt andern Naturfreunden, mit den ausge- ſuchteſten Betten und ſolider Stärkung durch Speiſe und Trank verſorgt. Hier ſchlugen auch wir unſer Lager auf, und begannen, nach einem guten Frühſtück à la fourchette, den langen Weg zu Fuß — denn wegen des ſchwierigen Terrains kann der Park nicht befahren werden. Die kletternde Promenade, die im Winter ſogar nicht ganz ohne Gefahr iſt, dauerte vier Stunden.
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alten Ruinen der „rothen Burg“, ein prachtvolles An-
denken aus den Zeiten Wilhelm des Eroberers. Nun
denke Dir noch, daß dieſe ganze romantiſche Berg-
gruppe, die ſich, ganz für ſich allein beſtehend, aus
der Ebne erhebt, faſt in regelmäßigem Kreiſe von den
ſilberhellen Wellen des Hawk-Fluſſes umſtrömt wird,
und dieſer ſo natürlich eingeſchloſſene Raum eben der
Park von Hawkstone iſt, ein auch in der Umgegend
ſo anerkannt reizender Ort, daß die jungen Ehepaare
aus den nahen Städten Liverpool und Shrewsbury
ſeit lange die Gewohnheit haben, wenn ihre Trauung
in die ſchöne Jahreszeit fällt, die erſten Wochen des
neuen ſüßen Glücks in Hawkstone zuzubringen. Viel-
leicht iſt dies die Urſache, daß dieſer Park, ganz wi-
der die engliſche Sitte, mehr dem Publikum als ſei-
nem Beſitzer gewidmet iſt, der gar nicht hier wohnt,
ja deſſen Haus verfallen und unanſehnlich in einem
Winkel des Parks, gleich einem hors d’oeuvre, ver-
borgen liegt. Dagegen iſt ein ſchöner Gaſthof darin
erbaut, der beſagte Ehepaare, ſo wie Liebende aller
Art, nebſt andern Naturfreunden, mit den ausge-
ſuchteſten Betten und ſolider Stärkung durch Speiſe
und Trank verſorgt. Hier ſchlugen auch wir unſer
Lager auf, und begannen, nach einem guten Frühſtück
à la fourchette, den langen Weg zu Fuß — denn
wegen des ſchwierigen Terrains kann der Park nicht
befahren werden. Die kletternde Promenade, die im
Winter ſogar nicht ganz ohne Gefahr iſt, dauerte
vier Stunden.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/304>, abgerufen am 22.11.2024.
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