Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber einen weiten Wiesenplan, von Eichen beschat-
tet und von waidenden Heerden bedeckt, wanderten
wir auf sehr nassem Boden (denn es hatte leider die
ganze Nacht geregnet und geschneit) den Kupferfelsen
zu. Diese erheben sich über einen hohen Abhang alter
Buchen, wie eine darüber hängende Mauer, und sind
oben wieder mit schwarzem Nadelholz gekrönt, was
einen herrlichen Anblick gewährt. In dieser natürli-
chen Mauer befindet sich die erste Hauptparthie des
Parks, die Grotte genannt, zu welcher man durch
einen dunkeln in den Felsen gehauenen, bedeckten Weg
von mehr als hundert Fuß Länge gelangt, nachdem
man vorher eine geraume Zeit im Walde mühsam im
Zickzack bergan gestiegen. Die Grotte besteht aus meh-
reren Höhlen, mit allerlei Steinen und Metallerzen
inkrustirt, in welchen einige angebrachte Oeffnungen,
die mit bunten, brillantartig geschliffenen, kleinen
Glasscheiben ausgesetzt sind, in der Dunkelheit täu-
schend Aladinschen Edelsteinen gleichen. Eine alte Frau,
welche wenigstens 50 Jahre zählte, war unsre Füh-
rerin, und erregte vielfach unsre Verwunderung durch
ihre Ausdauer im Marschiren, und der Gewandtheit,
mit der sie die Felsen in Pantoffeln auf und ab klet-
terte, denn die unregelmäßigen, abschüssigen und spie-
gelglatten Felsenstufen waren zuweilen recht schwierig
zu passiren, so daß der gute R., der obenein eiserne
Absätze an seinen Stiefeln hatte, oft nur mit der
größten Anstrengung und bittern Klagen über die un-
gemeine Beschwerlichkeit: Felsen auf glatten Eisen
hinabzuklettern, den sichern Boden wieder erreichte.

17*

Ueber einen weiten Wieſenplan, von Eichen beſchat-
tet und von waidenden Heerden bedeckt, wanderten
wir auf ſehr naſſem Boden (denn es hatte leider die
ganze Nacht geregnet und geſchneit) den Kupferfelſen
zu. Dieſe erheben ſich über einen hohen Abhang alter
Buchen, wie eine darüber hängende Mauer, und ſind
oben wieder mit ſchwarzem Nadelholz gekrönt, was
einen herrlichen Anblick gewährt. In dieſer natürli-
chen Mauer befindet ſich die erſte Hauptparthie des
Parks, die Grotte genannt, zu welcher man durch
einen dunkeln in den Felſen gehauenen, bedeckten Weg
von mehr als hundert Fuß Länge gelangt, nachdem
man vorher eine geraume Zeit im Walde mühſam im
Zickzack bergan geſtiegen. Die Grotte beſteht aus meh-
reren Höhlen, mit allerlei Steinen und Metallerzen
inkruſtirt, in welchen einige angebrachte Oeffnungen,
die mit bunten, brillantartig geſchliffenen, kleinen
Glasſcheiben ausgeſetzt ſind, in der Dunkelheit täu-
ſchend Aladinſchen Edelſteinen gleichen. Eine alte Frau,
welche wenigſtens 50 Jahre zählte, war unſre Füh-
rerin, und erregte vielfach unſre Verwunderung durch
ihre Ausdauer im Marſchiren, und der Gewandtheit,
mit der ſie die Felſen in Pantoffeln auf und ab klet-
terte, denn die unregelmäßigen, abſchüſſigen und ſpie-
gelglatten Felſenſtufen waren zuweilen recht ſchwierig
zu paſſiren, ſo daß der gute R., der obenein eiſerne
Abſätze an ſeinen Stiefeln hatte, oft nur mit der
größten Anſtrengung und bittern Klagen über die un-
gemeine Beſchwerlichkeit: Felſen auf glatten Eiſen
hinabzuklettern, den ſichern Boden wieder erreichte.

17*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0305" n="259"/>
          <p>Ueber einen weiten Wie&#x017F;enplan, von Eichen be&#x017F;chat-<lb/>
tet und von waidenden Heerden bedeckt, wanderten<lb/>
wir auf &#x017F;ehr na&#x017F;&#x017F;em Boden (denn es hatte leider die<lb/>
ganze Nacht geregnet und ge&#x017F;chneit) den Kupferfel&#x017F;en<lb/>
zu. Die&#x017F;e erheben &#x017F;ich über einen hohen Abhang alter<lb/>
Buchen, wie eine darüber hängende Mauer, und &#x017F;ind<lb/>
oben wieder mit &#x017F;chwarzem Nadelholz gekrönt, was<lb/>
einen herrlichen Anblick gewährt. In die&#x017F;er natürli-<lb/>
chen Mauer befindet &#x017F;ich die er&#x017F;te Hauptparthie des<lb/>
Parks, die Grotte genannt, zu welcher man durch<lb/>
einen dunkeln in den Fel&#x017F;en gehauenen, bedeckten Weg<lb/>
von mehr als hundert Fuß Länge gelangt, nachdem<lb/>
man vorher eine geraume Zeit im Walde müh&#x017F;am im<lb/>
Zickzack bergan ge&#x017F;tiegen. Die Grotte be&#x017F;teht aus meh-<lb/>
reren Höhlen, mit allerlei Steinen und Metallerzen<lb/>
inkru&#x017F;tirt, in welchen einige angebrachte Oeffnungen,<lb/>
die mit bunten, brillantartig ge&#x017F;chliffenen, kleinen<lb/>
Glas&#x017F;cheiben ausge&#x017F;etzt &#x017F;ind, in der Dunkelheit täu-<lb/>
&#x017F;chend Aladin&#x017F;chen Edel&#x017F;teinen gleichen. Eine alte Frau,<lb/>
welche wenig&#x017F;tens 50 Jahre zählte, war un&#x017F;re Füh-<lb/>
rerin, und erregte vielfach un&#x017F;re Verwunderung durch<lb/>
ihre Ausdauer im Mar&#x017F;chiren, und der Gewandtheit,<lb/>
mit der &#x017F;ie die Fel&#x017F;en in Pantoffeln auf und ab klet-<lb/>
terte, denn die unregelmäßigen, ab&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;igen und &#x017F;pie-<lb/>
gelglatten Fel&#x017F;en&#x017F;tufen waren zuweilen recht &#x017F;chwierig<lb/>
zu pa&#x017F;&#x017F;iren, &#x017F;o daß der gute R., der obenein ei&#x017F;erne<lb/>
Ab&#x017F;ätze <hi rendition="#g">an</hi> &#x017F;einen Stiefeln hatte, oft nur mit der<lb/>
größten An&#x017F;trengung und bittern Klagen über die un-<lb/>
gemeine Be&#x017F;chwerlichkeit: Fel&#x017F;en auf glatten Ei&#x017F;en<lb/>
hinabzuklettern, den &#x017F;ichern Boden wieder erreichte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">17*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0305] Ueber einen weiten Wieſenplan, von Eichen beſchat- tet und von waidenden Heerden bedeckt, wanderten wir auf ſehr naſſem Boden (denn es hatte leider die ganze Nacht geregnet und geſchneit) den Kupferfelſen zu. Dieſe erheben ſich über einen hohen Abhang alter Buchen, wie eine darüber hängende Mauer, und ſind oben wieder mit ſchwarzem Nadelholz gekrönt, was einen herrlichen Anblick gewährt. In dieſer natürli- chen Mauer befindet ſich die erſte Hauptparthie des Parks, die Grotte genannt, zu welcher man durch einen dunkeln in den Felſen gehauenen, bedeckten Weg von mehr als hundert Fuß Länge gelangt, nachdem man vorher eine geraume Zeit im Walde mühſam im Zickzack bergan geſtiegen. Die Grotte beſteht aus meh- reren Höhlen, mit allerlei Steinen und Metallerzen inkruſtirt, in welchen einige angebrachte Oeffnungen, die mit bunten, brillantartig geſchliffenen, kleinen Glasſcheiben ausgeſetzt ſind, in der Dunkelheit täu- ſchend Aladinſchen Edelſteinen gleichen. Eine alte Frau, welche wenigſtens 50 Jahre zählte, war unſre Füh- rerin, und erregte vielfach unſre Verwunderung durch ihre Ausdauer im Marſchiren, und der Gewandtheit, mit der ſie die Felſen in Pantoffeln auf und ab klet- terte, denn die unregelmäßigen, abſchüſſigen und ſpie- gelglatten Felſenſtufen waren zuweilen recht ſchwierig zu paſſiren, ſo daß der gute R., der obenein eiſerne Abſätze an ſeinen Stiefeln hatte, oft nur mit der größten Anſtrengung und bittern Klagen über die un- gemeine Beſchwerlichkeit: Felſen auf glatten Eiſen hinabzuklettern, den ſichern Boden wieder erreichte. 17*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/305
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/305>, abgerufen am 22.11.2024.