Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Im Park steht ein Thurm, den man den Bourbon
Tower genannt hat, weil er mit einem Kranze von
Linden umgeben ist, die Ludwig XVIII. pflanzte, als
er sich so lange hier in der Nähe, in Hartwell, auf-
hielt. Obgleich neu, ist dieser Thurm doch schon wie-
der halb eingefallen. Ich wünsche, daß dies keine
üble Vorbedeutung für die Bourbons in Frankreich
abgeben möge, wo man selbst den weisen Charten-
geber nur: Louis l'inevitable und "deux fois neuf"
taufte.

Der Erwähnung werth ist auch ein Monument,
den großen Männern und Frauen Englands gewid-
met, mit recht passenden Inschriften, und den besten
Gemälden gut nachgeahmten Büsten.

Die Länge der Schloß-Facade beträgt 450 Fuß,
und eben so lang ist die ununterbrochene Enfilade
der Zimmer in der bel etage, zu der man, von der
Gartenseite, auf einer schönen Treppe hinansteigt.
Durch eine breite Bronzethüre tritt man hierauf in
einen ovalen Marmorsaal mit einer schönen Kuppel,
von welcher aus er allein beleuchtet ist. Ein Kreis
von 20 Säulen aus röthlichem Marmorstück umgiebt
ihn, und in den Nischen, welche diese bilden, stehen
zehn antike Statuen. Der Boden ist mit ächtem
Marmor ausgelegt, und ein goldnes Gitter in der
Mitte des Fußbodens befindlich, aus dem regelmäßige
Wärme ausströmt. Es würde zu lang werden, jedes
einzelne Zimmer zu beschreiben. Ich erwähne nur

Im Park ſteht ein Thurm, den man den Bourbon
Tower genannt hat, weil er mit einem Kranze von
Linden umgeben iſt, die Ludwig XVIII. pflanzte, als
er ſich ſo lange hier in der Nähe, in Hartwell, auf-
hielt. Obgleich neu, iſt dieſer Thurm doch ſchon wie-
der halb eingefallen. Ich wünſche, daß dies keine
üble Vorbedeutung für die Bourbons in Frankreich
abgeben möge, wo man ſelbſt den weiſen Charten-
geber nur: Louis l’inévitable und „deux fois neuf“
taufte.

Der Erwähnung werth iſt auch ein Monument,
den großen Männern und Frauen Englands gewid-
met, mit recht paſſenden Inſchriften, und den beſten
Gemälden gut nachgeahmten Büſten.

Die Länge der Schloß-Façade beträgt 450 Fuß,
und eben ſo lang iſt die ununterbrochene Enfilade
der Zimmer in der bel étage, zu der man, von der
Gartenſeite, auf einer ſchönen Treppe hinanſteigt.
Durch eine breite Bronzethüre tritt man hierauf in
einen ovalen Marmorſaal mit einer ſchönen Kuppel,
von welcher aus er allein beleuchtet iſt. Ein Kreis
von 20 Säulen aus röthlichem Marmorſtück umgiebt
ihn, und in den Niſchen, welche dieſe bilden, ſtehen
zehn antike Statuen. Der Boden iſt mit ächtem
Marmor ausgelegt, und ein goldnes Gitter in der
Mitte des Fußbodens befindlich, aus dem regelmäßige
Wärme ausſtrömt. Es würde zu lang werden, jedes
einzelne Zimmer zu beſchreiben. Ich erwähne nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0342" n="296"/>
          <p>Im Park &#x017F;teht ein Thurm, den man den Bourbon<lb/>
Tower genannt hat, weil er mit einem Kranze von<lb/>
Linden umgeben i&#x017F;t, die Ludwig <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> pflanzte, als<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;o lange hier in der Nähe, in Hartwell, auf-<lb/>
hielt. Obgleich neu, i&#x017F;t die&#x017F;er Thurm doch &#x017F;chon wie-<lb/>
der halb eingefallen. Ich wün&#x017F;che, daß dies keine<lb/>
üble Vorbedeutung für die Bourbons in Frankreich<lb/>
abgeben möge, wo man &#x017F;elb&#x017F;t den wei&#x017F;en Charten-<lb/>
geber nur: <hi rendition="#aq">Louis l&#x2019;inévitable</hi> und <hi rendition="#aq">&#x201E;deux fois neuf&#x201C;</hi><lb/>
taufte.</p><lb/>
          <p>Der Erwähnung werth i&#x017F;t auch ein Monument,<lb/>
den großen Männern und Frauen Englands gewid-<lb/>
met, mit recht pa&#x017F;&#x017F;enden In&#x017F;chriften, und den be&#x017F;ten<lb/>
Gemälden gut nachgeahmten Bü&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p>Die Länge der Schloß-Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>ade beträgt 450 Fuß,<lb/>
und eben &#x017F;o lang i&#x017F;t die ununterbrochene Enfilade<lb/>
der Zimmer in der <hi rendition="#aq">bel étage,</hi> zu der man, von der<lb/>
Garten&#x017F;eite, auf einer &#x017F;chönen Treppe hinan&#x017F;teigt.<lb/>
Durch eine breite Bronzethüre tritt man hierauf in<lb/>
einen ovalen Marmor&#x017F;aal mit einer &#x017F;chönen Kuppel,<lb/>
von welcher aus er allein beleuchtet i&#x017F;t. Ein Kreis<lb/>
von 20 Säulen aus röthlichem Marmor&#x017F;tück umgiebt<lb/>
ihn, und in den Ni&#x017F;chen, welche die&#x017F;e bilden, &#x017F;tehen<lb/>
zehn antike Statuen. Der Boden i&#x017F;t mit ächtem<lb/>
Marmor ausgelegt, und ein goldnes Gitter in der<lb/>
Mitte des Fußbodens befindlich, aus dem regelmäßige<lb/>
Wärme aus&#x017F;trömt. Es würde zu lang werden, jedes<lb/>
einzelne Zimmer zu be&#x017F;chreiben. Ich erwähne nur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0342] Im Park ſteht ein Thurm, den man den Bourbon Tower genannt hat, weil er mit einem Kranze von Linden umgeben iſt, die Ludwig XVIII. pflanzte, als er ſich ſo lange hier in der Nähe, in Hartwell, auf- hielt. Obgleich neu, iſt dieſer Thurm doch ſchon wie- der halb eingefallen. Ich wünſche, daß dies keine üble Vorbedeutung für die Bourbons in Frankreich abgeben möge, wo man ſelbſt den weiſen Charten- geber nur: Louis l’inévitable und „deux fois neuf“ taufte. Der Erwähnung werth iſt auch ein Monument, den großen Männern und Frauen Englands gewid- met, mit recht paſſenden Inſchriften, und den beſten Gemälden gut nachgeahmten Büſten. Die Länge der Schloß-Façade beträgt 450 Fuß, und eben ſo lang iſt die ununterbrochene Enfilade der Zimmer in der bel étage, zu der man, von der Gartenſeite, auf einer ſchönen Treppe hinanſteigt. Durch eine breite Bronzethüre tritt man hierauf in einen ovalen Marmorſaal mit einer ſchönen Kuppel, von welcher aus er allein beleuchtet iſt. Ein Kreis von 20 Säulen aus röthlichem Marmorſtück umgiebt ihn, und in den Niſchen, welche dieſe bilden, ſtehen zehn antike Statuen. Der Boden iſt mit ächtem Marmor ausgelegt, und ein goldnes Gitter in der Mitte des Fußbodens befindlich, aus dem regelmäßige Wärme ausſtrömt. Es würde zu lang werden, jedes einzelne Zimmer zu beſchreiben. Ich erwähne nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/342
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/342>, abgerufen am 22.11.2024.