eine stellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorstel- lung von ihr recht entsprachen, dagegen diese ihren bekannten Charakter vollständig ausspricht, und dabei von der anziehendsten Schönheit ist, ächt französisch, lebhaft wie Quecksilber, eine Kühnheit, die allerdings an Frechheit streift, aber doch zu edel und zu wesent- lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein- druck zurück zu lassen. Die andere, eine sanfte, hei- tere und wollüstige Schönheit, war unterschrieben Francoise d'Orleans de Valois -- als Eingeweihte in die französische Genealogie und Memoiren, wirst Du wissen, wer dies ist. Je l'ignore. Jede dieser Tassen kostete 1000 Franken.
Bei schönem Mondschein fuhren wir den Abend noch bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt schreibe.
Uxbridge, den 12ten.
Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu seyn. Während dem Umspannen schreibe ich Dir flüch- tig nur ein paar Worte. Wir sahen früh Lord Ca- ringtons Park, zu Deinem Trost gesagt, vor der Hand wenigstens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts Besonderes dar, das Schloß ist abermals im belieb- ten Neu-Gothisch, aber, da es einfacher gebaut ist, und weniger Prätension macht, erscheint es auch we- niger affektirt. Es ist nur aus rohen Bruchsteinen
eine ſtellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorſtel- lung von ihr recht entſprachen, dagegen dieſe ihren bekannten Charakter vollſtändig ausſpricht, und dabei von der anziehendſten Schönheit iſt, ächt franzöſiſch, lebhaft wie Queckſilber, eine Kühnheit, die allerdings an Frechheit ſtreift, aber doch zu edel und zu weſent- lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein- druck zurück zu laſſen. Die andere, eine ſanfte, hei- tere und wollüſtige Schönheit, war unterſchrieben Francoiſe d’Orleans de Valois — als Eingeweihte in die franzöſiſche Genealogie und Memoiren, wirſt Du wiſſen, wer dies iſt. Je l’ignore. Jede dieſer Taſſen koſtete 1000 Franken.
Bei ſchönem Mondſchein fuhren wir den Abend noch bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt ſchreibe.
Uxbridge, den 12ten.
Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu ſeyn. Während dem Umſpannen ſchreibe ich Dir flüch- tig nur ein paar Worte. Wir ſahen früh Lord Ca- ringtons Park, zu Deinem Troſt geſagt, vor der Hand wenigſtens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts Beſonderes dar, das Schloß iſt abermals im belieb- ten Neu-Gothiſch, aber, da es einfacher gebaut iſt, und weniger Prätenſion macht, erſcheint es auch we- niger affektirt. Es iſt nur aus rohen Bruchſteinen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0348"n="302"/>
eine ſtellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher<lb/>
bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorſtel-<lb/>
lung von ihr recht entſprachen, dagegen dieſe ihren<lb/>
bekannten Charakter vollſtändig ausſpricht, und dabei<lb/>
von der anziehendſten Schönheit iſt, ächt franzöſiſch,<lb/>
lebhaft wie Queckſilber, eine Kühnheit, die allerdings<lb/>
an Frechheit ſtreift, aber doch zu edel und zu weſent-<lb/>
lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein-<lb/>
druck zurück zu laſſen. Die andere, eine ſanfte, hei-<lb/>
tere und wollüſtige Schönheit, war unterſchrieben<lb/>
Francoiſe d’Orleans de Valois — als Eingeweihte in<lb/>
die franzöſiſche Genealogie und Memoiren, wirſt <hirendition="#g">Du</hi><lb/>
wiſſen, wer dies iſt. <hirendition="#aq">Je l’ignore.</hi> Jede dieſer Taſſen<lb/>
koſtete 1000 Franken.</p><lb/><p>Bei ſchönem Mondſchein fuhren wir den Abend noch<lb/>
bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt ſchreibe.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Uxbridge, den 12ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu<lb/>ſeyn. Während dem Umſpannen ſchreibe ich Dir flüch-<lb/>
tig nur ein paar Worte. Wir ſahen früh Lord Ca-<lb/>
ringtons Park, zu Deinem Troſt geſagt, vor der Hand<lb/>
wenigſtens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts<lb/>
Beſonderes dar, das Schloß iſt abermals im belieb-<lb/>
ten Neu-Gothiſch, aber, da es einfacher gebaut iſt,<lb/>
und weniger Prätenſion macht, erſcheint es auch we-<lb/>
niger affektirt. Es iſt nur aus rohen Bruchſteinen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[302/0348]
eine ſtellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher
bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorſtel-
lung von ihr recht entſprachen, dagegen dieſe ihren
bekannten Charakter vollſtändig ausſpricht, und dabei
von der anziehendſten Schönheit iſt, ächt franzöſiſch,
lebhaft wie Queckſilber, eine Kühnheit, die allerdings
an Frechheit ſtreift, aber doch zu edel und zu weſent-
lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein-
druck zurück zu laſſen. Die andere, eine ſanfte, hei-
tere und wollüſtige Schönheit, war unterſchrieben
Francoiſe d’Orleans de Valois — als Eingeweihte in
die franzöſiſche Genealogie und Memoiren, wirſt Du
wiſſen, wer dies iſt. Je l’ignore. Jede dieſer Taſſen
koſtete 1000 Franken.
Bei ſchönem Mondſchein fuhren wir den Abend noch
bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt ſchreibe.
Uxbridge, den 12ten.
Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu
ſeyn. Während dem Umſpannen ſchreibe ich Dir flüch-
tig nur ein paar Worte. Wir ſahen früh Lord Ca-
ringtons Park, zu Deinem Troſt geſagt, vor der Hand
wenigſtens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts
Beſonderes dar, das Schloß iſt abermals im belieb-
ten Neu-Gothiſch, aber, da es einfacher gebaut iſt,
und weniger Prätenſion macht, erſcheint es auch we-
niger affektirt. Es iſt nur aus rohen Bruchſteinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/348>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.