Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

rührten mich tief -- denn ach! sie wird ja auch bald,
gleich allen andern, enttäuscht werden. --

Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls sehr
schön, aber zu viel Dressur dabei; einige strotzten von
Juwelen und Kostbarkeiten, aber keine kam der klei-
nen F ... gleich, deren Anmuth in den Augen der
häßlichen, egoistischen Männer vollständig seyn würde,
wenn sie nicht leider auch mit Armuth gepaart
wäre.



Bei Mistriß F ......., einer sehr würdigen und lie-
benswürdigen Frau, früher, wie man versichert, dem
Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re-
gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach-
tet, d'un excellent ton et sans pretention -- hörte
ich gestern Abend einige interessante Details über
Lord Liverpools Catastrophe. Ein Mann, der eine
Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die
halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man
einen Aderlaß versäumt! Sein Vorgänger aber (Lord
Castlereagh) aus demselben Grunde ein Selbstmör-
der! -- Es ist doch gar etwas zu Gebrechliches um
den menschlichen Geist!

Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten
Sher.; Beide geistreich und ausgezeichnet hübsch, die
älteste bold wie ihr Vater, welches allerdings für

25*

rührten mich tief — denn ach! ſie wird ja auch bald,
gleich allen andern, enttäuſcht werden. —

Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls ſehr
ſchön, aber zu viel Dreſſur dabei; einige ſtrotzten von
Juwelen und Koſtbarkeiten, aber keine kam der klei-
nen F … gleich, deren Anmuth in den Augen der
häßlichen, egoiſtiſchen Männer vollſtändig ſeyn würde,
wenn ſie nicht leider auch mit Armuth gepaart
wäre.



Bei Miſtriß F ......., einer ſehr würdigen und lie-
benswürdigen Frau, früher, wie man verſichert, dem
Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re-
gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach-
tet, d’un excellent ton et sans prétention — hörte
ich geſtern Abend einige intereſſante Details über
Lord Liverpools Cataſtrophe. Ein Mann, der eine
Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die
halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man
einen Aderlaß verſäumt! Sein Vorgänger aber (Lord
Caſtlereagh) aus demſelben Grunde ein Selbſtmör-
der! — Es iſt doch gar etwas zu Gebrechliches um
den menſchlichen Geiſt!

Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten
Sher.; Beide geiſtreich und ausgezeichnet hübſch, die
älteſte bold wie ihr Vater, welches allerdings für

25*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0433" n="287[387]"/>
rührten mich tief &#x2014; denn ach! &#x017F;ie wird ja auch bald,<lb/>
gleich allen andern, enttäu&#x017F;cht werden. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chön, aber zu viel Dre&#x017F;&#x017F;ur dabei; einige &#x017F;trotzten von<lb/>
Juwelen und Ko&#x017F;tbarkeiten, aber keine kam der klei-<lb/>
nen F &#x2026; gleich, deren <hi rendition="#g">Anmuth</hi> in den Augen der<lb/>
häßlichen, egoi&#x017F;ti&#x017F;chen Männer voll&#x017F;tändig &#x017F;eyn würde,<lb/>
wenn &#x017F;ie nicht leider auch mit <hi rendition="#g">Armuth</hi> gepaart<lb/>
wäre.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 24&#x017F;ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Bei Mi&#x017F;triß F ......., einer &#x017F;ehr würdigen und lie-<lb/>
benswürdigen Frau, früher, wie man ver&#x017F;ichert, dem<lb/>
Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re-<lb/>
gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach-<lb/>
tet, <hi rendition="#aq">d&#x2019;un excellent ton et sans prétention</hi> &#x2014; hörte<lb/>
ich ge&#x017F;tern Abend einige intere&#x017F;&#x017F;ante Details über<lb/>
Lord Liverpools Cata&#x017F;trophe. Ein Mann, der eine<lb/>
Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die<lb/>
halbe Welt regierte, wird ein <hi rendition="#aq">Imbecille,</hi> weil man<lb/>
einen Aderlaß ver&#x017F;äumt! Sein Vorgänger aber (Lord<lb/>
Ca&#x017F;tlereagh) aus dem&#x017F;elben Grunde ein Selb&#x017F;tmör-<lb/>
der! &#x2014; Es i&#x017F;t doch gar etwas zu Gebrechliches um<lb/>
den men&#x017F;chlichen <hi rendition="#g">Gei&#x017F;t</hi>!</p><lb/>
          <p>Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten<lb/>
Sher.; Beide gei&#x017F;treich und ausgezeichnet hüb&#x017F;ch, die<lb/>
älte&#x017F;te <hi rendition="#aq">bold</hi> wie ihr Vater, welches allerdings für<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">25*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287[387]/0433] rührten mich tief — denn ach! ſie wird ja auch bald, gleich allen andern, enttäuſcht werden. — Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls ſehr ſchön, aber zu viel Dreſſur dabei; einige ſtrotzten von Juwelen und Koſtbarkeiten, aber keine kam der klei- nen F … gleich, deren Anmuth in den Augen der häßlichen, egoiſtiſchen Männer vollſtändig ſeyn würde, wenn ſie nicht leider auch mit Armuth gepaart wäre. Den 24ſten. Bei Miſtriß F ......., einer ſehr würdigen und lie- benswürdigen Frau, früher, wie man verſichert, dem Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re- gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach- tet, d’un excellent ton et sans prétention — hörte ich geſtern Abend einige intereſſante Details über Lord Liverpools Cataſtrophe. Ein Mann, der eine Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man einen Aderlaß verſäumt! Sein Vorgänger aber (Lord Caſtlereagh) aus demſelben Grunde ein Selbſtmör- der! — Es iſt doch gar etwas zu Gebrechliches um den menſchlichen Geiſt! Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten Sher.; Beide geiſtreich und ausgezeichnet hübſch, die älteſte bold wie ihr Vater, welches allerdings für 25*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/433
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 287[387]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/433>, abgerufen am 24.11.2024.