Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

regung (excitement) bedürfen, um Spielraum dafür
zu gewinnen. Dann treten die edlern Kräfte hervor,
und die geringern sinken."

"Sie schätzen Geld und Vermögen sehr hoch, wie
Alle, die viel thun wollen, aber nur als Mittel, nicht
als Zweck. Geld an sich ist Ihnen gleichgültig, und
es ist wohl möglich, daß Sie nicht immer sehr haus-
hälterisch damit umgehen."

"Sie wollen in allen Dingen schnell und augen-
blicklich befriedigt seyn, wie mit dem Zauberstab; oft
stirbt der Wunsch eher, als die Erfüllung möglich ist.
Die Sinnlichkeit und das Wohlgefallen am Schönen
hat einen zu mächtigen Einfluß auf Sie, und da Sie
sich zum Gebieterischen, Herrschsüchtigen und Eitlem al-
lerdings neigen, so findet sich hier ein Foyer von Ei-
genschaften, die Sie sehr zu hüten haben, um nicht
in große Fehler zu verfallen, denn alle Eigenschaften
an sich sind gut, nur ihr Mißbrauch bringt Unheil
hervor. Selbst die so unrichtig von dem Vater un-
serer Wissenschaft bezeichneten Organe des Mord- und
Diebssinnes (jetzt richtiger Destruktionssinn und Er-
langungssinn benannt) sind nur Anzeichen von That-
kraft und Begehrlichkeit, die, mit Gutmüthigkeit, Ge-
wissens- und Vorsichtssinn verbunden, einen wohlbe-
gabten Schädel formiren, ohne diese intellektuellen
Eigenschaften aber leicht zu Verbrechen führen mögen."

Er sagte daher auch, daß bei Beurtheilung eines
Schädels es gar nicht auf die einzelnen Organe, son-
dern auf ihren Complex ankomme, indem sie sich gar
mannichfaltig gegenseitig modificirten, ja zum Theil

regung (excitement) bedürfen, um Spielraum dafür
zu gewinnen. Dann treten die edlern Kräfte hervor,
und die geringern ſinken.“

„Sie ſchätzen Geld und Vermögen ſehr hoch, wie
Alle, die viel thun wollen, aber nur als Mittel, nicht
als Zweck. Geld an ſich iſt Ihnen gleichgültig, und
es iſt wohl möglich, daß Sie nicht immer ſehr haus-
hälteriſch damit umgehen.“

„Sie wollen in allen Dingen ſchnell und augen-
blicklich befriedigt ſeyn, wie mit dem Zauberſtab; oft
ſtirbt der Wunſch eher, als die Erfüllung möglich iſt.
Die Sinnlichkeit und das Wohlgefallen am Schönen
hat einen zu mächtigen Einfluß auf Sie, und da Sie
ſich zum Gebieteriſchen, Herrſchſüchtigen und Eitlem al-
lerdings neigen, ſo findet ſich hier ein Foyer von Ei-
genſchaften, die Sie ſehr zu hüten haben, um nicht
in große Fehler zu verfallen, denn alle Eigenſchaften
an ſich ſind gut, nur ihr Mißbrauch bringt Unheil
hervor. Selbſt die ſo unrichtig von dem Vater un-
ſerer Wiſſenſchaft bezeichneten Organe des Mord- und
Diebsſinnes (jetzt richtiger Deſtruktionsſinn und Er-
langungsſinn benannt) ſind nur Anzeichen von That-
kraft und Begehrlichkeit, die, mit Gutmüthigkeit, Ge-
wiſſens- und Vorſichtsſinn verbunden, einen wohlbe-
gabten Schädel formiren, ohne dieſe intellektuellen
Eigenſchaften aber leicht zu Verbrechen führen mögen.“

Er ſagte daher auch, daß bei Beurtheilung eines
Schädels es gar nicht auf die einzelnen Organe, ſon-
dern auf ihren Complex ankomme, indem ſie ſich gar
mannichfaltig gegenſeitig modificirten, ja zum Theil

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0101" n="85"/>
regung (<hi rendition="#aq">excitement</hi>) bedürfen, um Spielraum dafür<lb/>
zu gewinnen. Dann treten die edlern Kräfte hervor,<lb/>
und die geringern &#x017F;inken.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie &#x017F;chätzen Geld und Vermögen &#x017F;ehr hoch, wie<lb/>
Alle, die viel thun wollen, aber nur als Mittel, nicht<lb/>
als Zweck. Geld an &#x017F;ich i&#x017F;t Ihnen gleichgültig, und<lb/>
es i&#x017F;t wohl möglich, daß Sie nicht immer &#x017F;ehr haus-<lb/>
hälteri&#x017F;ch damit umgehen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie wollen in allen Dingen &#x017F;chnell und augen-<lb/>
blicklich befriedigt &#x017F;eyn, wie mit dem Zauber&#x017F;tab; oft<lb/>
&#x017F;tirbt der Wun&#x017F;ch eher, als die Erfüllung möglich i&#x017F;t.<lb/>
Die Sinnlichkeit und das Wohlgefallen am Schönen<lb/>
hat einen zu mächtigen Einfluß auf Sie, und da Sie<lb/>
&#x017F;ich zum Gebieteri&#x017F;chen, Herr&#x017F;ch&#x017F;üchtigen und Eitlem al-<lb/>
lerdings neigen, &#x017F;o findet &#x017F;ich hier ein Foyer von Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften, die Sie &#x017F;ehr zu hüten haben, um nicht<lb/>
in große Fehler zu verfallen, denn alle Eigen&#x017F;chaften<lb/>
an &#x017F;ich &#x017F;ind gut, nur ihr Mißbrauch bringt Unheil<lb/>
hervor. Selb&#x017F;t die &#x017F;o unrichtig von dem Vater un-<lb/>
&#x017F;erer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft bezeichneten Organe des Mord- und<lb/>
Diebs&#x017F;innes (jetzt richtiger De&#x017F;truktions&#x017F;inn und Er-<lb/>
langungs&#x017F;inn benannt) &#x017F;ind nur Anzeichen von That-<lb/>
kraft und Begehrlichkeit, die, mit Gutmüthigkeit, Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ens- und Vor&#x017F;ichts&#x017F;inn verbunden, einen wohlbe-<lb/>
gabten Schädel formiren, ohne die&#x017F;e intellektuellen<lb/>
Eigen&#x017F;chaften aber leicht zu Verbrechen führen mögen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;agte daher auch, daß bei Beurtheilung eines<lb/>
Schädels es gar nicht auf die einzelnen Organe, &#x017F;on-<lb/>
dern auf ihren Complex ankomme, indem &#x017F;ie &#x017F;ich gar<lb/>
mannichfaltig gegen&#x017F;eitig modificirten, ja zum Theil<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0101] regung (excitement) bedürfen, um Spielraum dafür zu gewinnen. Dann treten die edlern Kräfte hervor, und die geringern ſinken.“ „Sie ſchätzen Geld und Vermögen ſehr hoch, wie Alle, die viel thun wollen, aber nur als Mittel, nicht als Zweck. Geld an ſich iſt Ihnen gleichgültig, und es iſt wohl möglich, daß Sie nicht immer ſehr haus- hälteriſch damit umgehen.“ „Sie wollen in allen Dingen ſchnell und augen- blicklich befriedigt ſeyn, wie mit dem Zauberſtab; oft ſtirbt der Wunſch eher, als die Erfüllung möglich iſt. Die Sinnlichkeit und das Wohlgefallen am Schönen hat einen zu mächtigen Einfluß auf Sie, und da Sie ſich zum Gebieteriſchen, Herrſchſüchtigen und Eitlem al- lerdings neigen, ſo findet ſich hier ein Foyer von Ei- genſchaften, die Sie ſehr zu hüten haben, um nicht in große Fehler zu verfallen, denn alle Eigenſchaften an ſich ſind gut, nur ihr Mißbrauch bringt Unheil hervor. Selbſt die ſo unrichtig von dem Vater un- ſerer Wiſſenſchaft bezeichneten Organe des Mord- und Diebsſinnes (jetzt richtiger Deſtruktionsſinn und Er- langungsſinn benannt) ſind nur Anzeichen von That- kraft und Begehrlichkeit, die, mit Gutmüthigkeit, Ge- wiſſens- und Vorſichtsſinn verbunden, einen wohlbe- gabten Schädel formiren, ohne dieſe intellektuellen Eigenſchaften aber leicht zu Verbrechen führen mögen.“ Er ſagte daher auch, daß bei Beurtheilung eines Schädels es gar nicht auf die einzelnen Organe, ſon- dern auf ihren Complex ankomme, indem ſie ſich gar mannichfaltig gegenſeitig modificirten, ja zum Theil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/101
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/101>, abgerufen am 22.12.2024.