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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
gängig im Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen,
und demnächst ferner in der Dialectik, Rhetorik,
Geometrie und Astronomie unterrichtet werden soll-
te. Selbst die Teursche Sprache hat Carln in
so weit ihre erste Aufnahme zu danken, als er
zuerst diese Sprache in Regeln fassen, und schreib-
bar machen ließ; wie er dann auch selbst den Win-
den und Monathen Teutsche Namen beylegte, wo-
von jene in den Benennungen Ostwind, Westwind,
Südwind, Nordwind, oder Südost, Südwest,
Nordost, Nordwest u. s. w. selbst in mehreren Eu-
ropäischen Sprachen sich bis auf den heutigen Tag
erhalten haben.


XXIX.

Ich übergehe, was Carl über Gegenstände der
Landespolizey und Landwirthschaft verordnet, inglei-
chen was er der Handlung für Aufnahme zu ver-
schaffen, und wie er die Zölle und das Münzwe-
sen einzurichten gesucht hat. Das einzige muß ich
aber noch bemerklich machen, wie er auch in An-
sehung der Religion und Kirche die Rechte der
Majestät noch zu wahren gewußt, wie davon in-
sonderheit eine Kirchenversammlung, die er 794.
zu Franksurt am Main unter seinen Augen halten
laßen, zur Probe dienen kann. Unter andern wurde
da verschiedenes, was den Dienst der Heiligen be-
trifft, ganz gegen den damals zu Rom herrschenden
Sinn verfüget; obgleich sonst Carl von einer Samm-
lung von Kirchenschlüssen, die ihm der Pabst Hadrian
der I. zu Rom überreicht hatte, manches in seine
Capitularien einfließen laßen. Soviel ist allemal
gewiß, daß Carl alle Bischöfe und Erzbischöfe sei-
nes Reichs, unter letzteren nur den zu Rom als
den ersten im Range, als seine geistliche Beam-

ten

I. Alte Zeiten bis 888.
gaͤngig im Leſen, Schreiben, Rechnen, Singen,
und demnaͤchſt ferner in der Dialectik, Rhetorik,
Geometrie und Aſtronomie unterrichtet werden ſoll-
te. Selbſt die Teurſche Sprache hat Carln in
ſo weit ihre erſte Aufnahme zu danken, als er
zuerſt dieſe Sprache in Regeln faſſen, und ſchreib-
bar machen ließ; wie er dann auch ſelbſt den Win-
den und Monathen Teutſche Namen beylegte, wo-
von jene in den Benennungen Oſtwind, Weſtwind,
Suͤdwind, Nordwind, oder Suͤdoſt, Suͤdweſt,
Nordoſt, Nordweſt u. ſ. w. ſelbſt in mehreren Eu-
ropaͤiſchen Sprachen ſich bis auf den heutigen Tag
erhalten haben.


XXIX.

Ich uͤbergehe, was Carl uͤber Gegenſtaͤnde der
Landespolizey und Landwirthſchaft verordnet, inglei-
chen was er der Handlung fuͤr Aufnahme zu ver-
ſchaffen, und wie er die Zoͤlle und das Muͤnzwe-
ſen einzurichten geſucht hat. Das einzige muß ich
aber noch bemerklich machen, wie er auch in An-
ſehung der Religion und Kirche die Rechte der
Majeſtaͤt noch zu wahren gewußt, wie davon in-
ſonderheit eine Kirchenverſammlung, die er 794.
zu Frankſurt am Main unter ſeinen Augen halten
laßen, zur Probe dienen kann. Unter andern wurde
da verſchiedenes, was den Dienſt der Heiligen be-
trifft, ganz gegen den damals zu Rom herrſchenden
Sinn verfuͤget; obgleich ſonſt Carl von einer Samm-
lung von Kirchenſchluͤſſen, die ihm der Pabſt Hadrian
der I. zu Rom uͤberreicht hatte, manches in ſeine
Capitularien einfließen laßen. Soviel iſt allemal
gewiß, daß Carl alle Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe ſei-
nes Reichs, unter letzteren nur den zu Rom als
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[72/0106] I. Alte Zeiten bis 888. gaͤngig im Leſen, Schreiben, Rechnen, Singen, und demnaͤchſt ferner in der Dialectik, Rhetorik, Geometrie und Aſtronomie unterrichtet werden ſoll- te. Selbſt die Teurſche Sprache hat Carln in ſo weit ihre erſte Aufnahme zu danken, als er zuerſt dieſe Sprache in Regeln faſſen, und ſchreib- bar machen ließ; wie er dann auch ſelbſt den Win- den und Monathen Teutſche Namen beylegte, wo- von jene in den Benennungen Oſtwind, Weſtwind, Suͤdwind, Nordwind, oder Suͤdoſt, Suͤdweſt, Nordoſt, Nordweſt u. ſ. w. ſelbſt in mehreren Eu- ropaͤiſchen Sprachen ſich bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Ich uͤbergehe, was Carl uͤber Gegenſtaͤnde der Landespolizey und Landwirthſchaft verordnet, inglei- chen was er der Handlung fuͤr Aufnahme zu ver- ſchaffen, und wie er die Zoͤlle und das Muͤnzwe- ſen einzurichten geſucht hat. Das einzige muß ich aber noch bemerklich machen, wie er auch in An- ſehung der Religion und Kirche die Rechte der Majeſtaͤt noch zu wahren gewußt, wie davon in- ſonderheit eine Kirchenverſammlung, die er 794. zu Frankſurt am Main unter ſeinen Augen halten laßen, zur Probe dienen kann. Unter andern wurde da verſchiedenes, was den Dienſt der Heiligen be- trifft, ganz gegen den damals zu Rom herrſchenden Sinn verfuͤget; obgleich ſonſt Carl von einer Samm- lung von Kirchenſchluͤſſen, die ihm der Pabſt Hadrian der I. zu Rom uͤberreicht hatte, manches in ſeine Capitularien einfließen laßen. Soviel iſt allemal gewiß, daß Carl alle Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe ſei- nes Reichs, unter letzteren nur den zu Rom als den erſten im Range, als ſeine geiſtliche Beam- ten

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/106>, abgerufen am 25.11.2024.