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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Carolinger im Verfall 814-888.
zum Könige in Baiern (k); und drey Jahre her-
nach, da noch zwey Söhne, Pipin und Ludewig,
hinzugekommen waren, ließ der fromme Ludewig
eine feierliche Reichsversammlung zusammenberu-
fen, mit deren Zuziehung er unter vielerley Um-
ständen von dreytägigen Fasten und Gebeten eine
Verordnung bekannt machte, wie nach seinem Tode
seine jüngere Söhne Pipin und Ludewig ihm als
Könige in Aquitanien und Baiern folgen, jedoch
Lotharen, dem er die Kaiserwürde und alles übrige
zudachte, als Erstgebohrnem in gewisser Absicht
untergeordnet seyn sollten.

Ueber diese Theilung bekam Ludewig gleichIII.
damals Verdruß mit seinem Neven Bernhard in
Italien, der darüber seines Gesichts und Lebens
beraubt wurde. Aber noch ungleich größer war
der Verdruß, den Ludewig ferner erlebte, als er
nach Absterben seiner ersten Gemahlinn sich mit
Judith vom berühmten Welfischen Geschlechte das
zweytemal vermählte, und zum Vortheile eines mit
derselben erzeugten Sohnes, Carls des Kahlen,
in der Folge mehrmalige neue Theilungen machte.
Hierüber ward die ganze übrige Lebenszeit Lude-
wigs des Frommen nur ein Gewebe von innerli-
chen Cabalen und mehrmalen aufs äußerste getrie-
benen Irrungen bald zwischen Vater und Söhnen,
bald zwischen diesen unter einander. Der Kai-
ser gerieth etlichemal in Gefangenschaft seiner

Söh-
(k) "Von dieser Zeit an kommen in Bairischen
Urkunden die Unterschriften vor: anno II. Ludoui-
ci Imp. et anno I., ex quo rex Hlodarius Baioaria
feliciter intrauit;
oder: Hlothario dominante
rege Baiuariorum I.;
oder: anno I. Hlotharii re-
gis in Baioaria.
" Lori Gesch. v. Baiern S. 140.

7) Carolinger im Verfall 814-888.
zum Koͤnige in Baiern (k); und drey Jahre her-
nach, da noch zwey Soͤhne, Pipin und Ludewig,
hinzugekommen waren, ließ der fromme Ludewig
eine feierliche Reichsverſammlung zuſammenberu-
fen, mit deren Zuziehung er unter vielerley Um-
ſtaͤnden von dreytaͤgigen Faſten und Gebeten eine
Verordnung bekannt machte, wie nach ſeinem Tode
ſeine juͤngere Soͤhne Pipin und Ludewig ihm als
Koͤnige in Aquitanien und Baiern folgen, jedoch
Lotharen, dem er die Kaiſerwuͤrde und alles uͤbrige
zudachte, als Erſtgebohrnem in gewiſſer Abſicht
untergeordnet ſeyn ſollten.

Ueber dieſe Theilung bekam Ludewig gleichIII.
damals Verdruß mit ſeinem Neven Bernhard in
Italien, der daruͤber ſeines Geſichts und Lebens
beraubt wurde. Aber noch ungleich groͤßer war
der Verdruß, den Ludewig ferner erlebte, als er
nach Abſterben ſeiner erſten Gemahlinn ſich mit
Judith vom beruͤhmten Welfiſchen Geſchlechte das
zweytemal vermaͤhlte, und zum Vortheile eines mit
derſelben erzeugten Sohnes, Carls des Kahlen,
in der Folge mehrmalige neue Theilungen machte.
Hieruͤber ward die ganze uͤbrige Lebenszeit Lude-
wigs des Frommen nur ein Gewebe von innerli-
chen Cabalen und mehrmalen aufs aͤußerſte getrie-
benen Irrungen bald zwiſchen Vater und Soͤhnen,
bald zwiſchen dieſen unter einander. Der Kai-
ſer gerieth etlichemal in Gefangenſchaft ſeiner

Soͤh-
(k) ”Von dieſer Zeit an kommen in Bairiſchen
Urkunden die Unterſchriften vor: anno II. Ludoui-
ci Imp. et anno I., ex quo rex Hlodarius Baioaria
feliciter intrauit;
oder: Hlothario dominante
rege Baiuariorum I.;
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gis in Baioaria.
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[77/0111] 7) Carolinger im Verfall 814-888. zum Koͤnige in Baiern (k); und drey Jahre her- nach, da noch zwey Soͤhne, Pipin und Ludewig, hinzugekommen waren, ließ der fromme Ludewig eine feierliche Reichsverſammlung zuſammenberu- fen, mit deren Zuziehung er unter vielerley Um- ſtaͤnden von dreytaͤgigen Faſten und Gebeten eine Verordnung bekannt machte, wie nach ſeinem Tode ſeine juͤngere Soͤhne Pipin und Ludewig ihm als Koͤnige in Aquitanien und Baiern folgen, jedoch Lotharen, dem er die Kaiſerwuͤrde und alles uͤbrige zudachte, als Erſtgebohrnem in gewiſſer Abſicht untergeordnet ſeyn ſollten. Ueber dieſe Theilung bekam Ludewig gleich damals Verdruß mit ſeinem Neven Bernhard in Italien, der daruͤber ſeines Geſichts und Lebens beraubt wurde. Aber noch ungleich groͤßer war der Verdruß, den Ludewig ferner erlebte, als er nach Abſterben ſeiner erſten Gemahlinn ſich mit Judith vom beruͤhmten Welfiſchen Geſchlechte das zweytemal vermaͤhlte, und zum Vortheile eines mit derſelben erzeugten Sohnes, Carls des Kahlen, in der Folge mehrmalige neue Theilungen machte. Hieruͤber ward die ganze uͤbrige Lebenszeit Lude- wigs des Frommen nur ein Gewebe von innerli- chen Cabalen und mehrmalen aufs aͤußerſte getrie- benen Irrungen bald zwiſchen Vater und Soͤhnen, bald zwiſchen dieſen unter einander. Der Kai- ſer gerieth etlichemal in Gefangenſchaft ſeiner Soͤh- III. (k) ”Von dieſer Zeit an kommen in Bairiſchen Urkunden die Unterſchriften vor: anno II. Ludoui- ci Imp. et anno I., ex quo rex Hlodarius Baioaria feliciter intrauit; oder: Hlothario dominante rege Baiuariorum I.; oder: anno I. Hlotharii re- gis in Baioaria.” Lori Geſch. v. Baiern S. 140.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/111>, abgerufen am 25.11.2024.