und blieben seitdem unter dem gemeinsamen Na- men des Burgundischen oder Arelatischen Reichs beysammen, bis erst 1033. nach Abgang dieses Welfisch-Burgundischen Mannsstamms das ganze Königreich mit der Teutschen Krone vereiniget wurde.
XXIV.
Beide Fränkische Reiche erlitten nach Abgang Ludewigs des Teutschen und Carls des Kahlen in kurzer Zeit nach einander vielerley Todesfälle, wel- che große Veränderungen nach sich zogen. In Teutschland hinterließ Ludewig der Teutsche (+ 876.) drey Söhne, Carlmann, Ludewig den jüngern, und Carl den Dicken, die sich in Baiern, Sach- sen und Schwaben theilten; von denen aber der letztere die beiden erstern überlebte, ohne daß diese rechtmäßige männliche Nachkommenschaft hinter- ließen. In Frankreich folgte Carl dem Kahlen (+ 877.) sein Sohn Ludewig der Stammler (+ 879.). Nach dessen Tode ereignete sich aber ein großer Anstand wegen der Söhne, die aus zweyerley Ehen von ihm vorhanden waren. Seine erste Gemah- linn Ansgard hatte Ludewig der Stammler wider Willen seines Vaters, Carls des Kahlen, genom- men, aber auf dessen Verlangen sie endlich ver- stoßen, und sich anderweit mit Adelheid vermählet. Dieser versagte der Pabst die Krönung, weil jene Ansgard noch lebte, die er nicht für rechtmäßig geschieden anerkannte. Nun waren von der Ans- gard zwey Söhne, Ludewig und Carlmann; und Adelheid gebahr erst nach ihres Gemahls Tode Carl den Einfältigen. War jene Ehe rechtmäßig geschieden, so gebührte diesem die Thronfolge. War hingegen die Ehescheidung nicht rechtmäßig, so
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I. Alte Zeiten bis 888.
und blieben ſeitdem unter dem gemeinſamen Na- men des Burgundiſchen oder Arelatiſchen Reichs beyſammen, bis erſt 1033. nach Abgang dieſes Welfiſch-Burgundiſchen Mannsſtamms das ganze Koͤnigreich mit der Teutſchen Krone vereiniget wurde.
XXIV.
Beide Fraͤnkiſche Reiche erlitten nach Abgang Ludewigs des Teutſchen und Carls des Kahlen in kurzer Zeit nach einander vielerley Todesfaͤlle, wel- che große Veraͤnderungen nach ſich zogen. In Teutſchland hinterließ Ludewig der Teutſche († 876.) drey Soͤhne, Carlmann, Ludewig den juͤngern, und Carl den Dicken, die ſich in Baiern, Sach- ſen und Schwaben theilten; von denen aber der letztere die beiden erſtern uͤberlebte, ohne daß dieſe rechtmaͤßige maͤnnliche Nachkommenſchaft hinter- ließen. In Frankreich folgte Carl dem Kahlen († 877.) ſein Sohn Ludewig der Stammler († 879.). Nach deſſen Tode ereignete ſich aber ein großer Anſtand wegen der Soͤhne, die aus zweyerley Ehen von ihm vorhanden waren. Seine erſte Gemah- linn Ansgard hatte Ludewig der Stammler wider Willen ſeines Vaters, Carls des Kahlen, genom- men, aber auf deſſen Verlangen ſie endlich ver- ſtoßen, und ſich anderweit mit Adelheid vermaͤhlet. Dieſer verſagte der Pabſt die Kroͤnung, weil jene Ansgard noch lebte, die er nicht fuͤr rechtmaͤßig geſchieden anerkannte. Nun waren von der Ans- gard zwey Soͤhne, Ludewig und Carlmann; und Adelheid gebahr erſt nach ihres Gemahls Tode Carl den Einfaͤltigen. War jene Ehe rechtmaͤßig geſchieden, ſo gebuͤhrte dieſem die Thronfolge. War hingegen die Eheſcheidung nicht rechtmaͤßig, ſo
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I. Alte Zeiten bis 888.
und blieben ſeitdem unter dem gemeinſamen Na-
men des Burgundiſchen oder Arelatiſchen Reichs
beyſammen, bis erſt 1033. nach Abgang dieſes
Welfiſch-Burgundiſchen Mannsſtamms das ganze
Koͤnigreich mit der Teutſchen Krone vereiniget
wurde.
Beide Fraͤnkiſche Reiche erlitten nach Abgang
Ludewigs des Teutſchen und Carls des Kahlen in
kurzer Zeit nach einander vielerley Todesfaͤlle, wel-
che große Veraͤnderungen nach ſich zogen. In
Teutſchland hinterließ Ludewig der Teutſche († 876.)
drey Soͤhne, Carlmann, Ludewig den juͤngern,
und Carl den Dicken, die ſich in Baiern, Sach-
ſen und Schwaben theilten; von denen aber der
letztere die beiden erſtern uͤberlebte, ohne daß dieſe
rechtmaͤßige maͤnnliche Nachkommenſchaft hinter-
ließen. In Frankreich folgte Carl dem Kahlen
(† 877.) ſein Sohn Ludewig der Stammler († 879.).
Nach deſſen Tode ereignete ſich aber ein großer
Anſtand wegen der Soͤhne, die aus zweyerley Ehen
von ihm vorhanden waren. Seine erſte Gemah-
linn Ansgard hatte Ludewig der Stammler wider
Willen ſeines Vaters, Carls des Kahlen, genom-
men, aber auf deſſen Verlangen ſie endlich ver-
ſtoßen, und ſich anderweit mit Adelheid vermaͤhlet.
Dieſer verſagte der Pabſt die Kroͤnung, weil jene
Ansgard noch lebte, die er nicht fuͤr rechtmaͤßig
geſchieden anerkannte. Nun waren von der Ans-
gard zwey Soͤhne, Ludewig und Carlmann; und
Adelheid gebahr erſt nach ihres Gemahls Tode
Carl den Einfaͤltigen. War jene Ehe rechtmaͤßig
geſchieden, ſo gebuͤhrte dieſem die Thronfolge. War
hingegen die Eheſcheidung nicht rechtmaͤßig, ſo
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/130>, abgerufen am 27.11.2024.
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