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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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2) Henrich der I. 919-936.
Indüstrie. Nur diejenigen, die ihre Wohnsitze
nach alter Manier auf dem Lande behielten, such-
ten bald einen Vorzug darin, daß sie auch nach
althergebrachter Lebensart ihrer Vorfahren aus
Jagd und Krieg ihr Hauptgeschäfft machten, und
kein ander Gewerbe als mit den Producten ihrer
eignen Ländereyen und Viehzucht trieben. Dazu
kam noch, daß Hof- und Lehnsdienste nur von ih-
nen, nicht von Einwohnern der Städte geleistet
wurden, und daß endlich auch in Stiftern und
bey Turnieren so gar Ahnenbeweise sowohl von
mütterlicher als väterlicher Seite erfordert wurden.
So wird es begreiflich, wie nach etlichen Jahr-
hunderten der Freye auf dem Lande, dem sonst
seine Freyheit und Gebuhrt keinen Vorzug vor
gleichfalls freygebohrnen Einwohnern der Städte
gab, sich als einen vom städtischen Bürger verschie-
denen Stand ansah, und dagegen dem Herren-
stande, als dem bisherigen wahren Teutschen Adel,
sich zu nähern suchte; obgleich dieser Herrenstand
als nunmehriger hoher Adel von jenem Stande
der Freyen, der jetzt den so genannten niedern Adel
ausmacht, immer wesentlich unterschieden blieb.
Auf der andern Seite blieb jedoch der Bürger in
der Stadt, vermöge seiner entweder ursprünglich
von seinen Voreltern ererbten, oder selbst durch
das Bürgerrecht erlangten Freyheit, vom Bauern,
der entweder noch leibeigen war, oder doch noch
unter Fronen und Abgaben seufzte, eben so we-
sentlich unterschieden. Daher demnächst die vierer-
ley Stände, des hohen Adels, der Fürsten, Gra-
fen und Herren, des niedern Adels derer, die ehe-
dem keinen weitern Vorzug als die bloße Frey-

heit

2) Henrich der I. 919-936.
Induͤſtrie. Nur diejenigen, die ihre Wohnſitze
nach alter Manier auf dem Lande behielten, ſuch-
ten bald einen Vorzug darin, daß ſie auch nach
althergebrachter Lebensart ihrer Vorfahren aus
Jagd und Krieg ihr Hauptgeſchaͤfft machten, und
kein ander Gewerbe als mit den Producten ihrer
eignen Laͤndereyen und Viehzucht trieben. Dazu
kam noch, daß Hof- und Lehnsdienſte nur von ih-
nen, nicht von Einwohnern der Staͤdte geleiſtet
wurden, und daß endlich auch in Stiftern und
bey Turnieren ſo gar Ahnenbeweiſe ſowohl von
muͤtterlicher als vaͤterlicher Seite erfordert wurden.
So wird es begreiflich, wie nach etlichen Jahr-
hunderten der Freye auf dem Lande, dem ſonſt
ſeine Freyheit und Gebuhrt keinen Vorzug vor
gleichfalls freygebohrnen Einwohnern der Staͤdte
gab, ſich als einen vom ſtaͤdtiſchen Buͤrger verſchie-
denen Stand anſah, und dagegen dem Herren-
ſtande, als dem bisherigen wahren Teutſchen Adel,
ſich zu naͤhern ſuchte; obgleich dieſer Herrenſtand
als nunmehriger hoher Adel von jenem Stande
der Freyen, der jetzt den ſo genannten niedern Adel
ausmacht, immer weſentlich unterſchieden blieb.
Auf der andern Seite blieb jedoch der Buͤrger in
der Stadt, vermoͤge ſeiner entweder urſpruͤnglich
von ſeinen Voreltern ererbten, oder ſelbſt durch
das Buͤrgerrecht erlangten Freyheit, vom Bauern,
der entweder noch leibeigen war, oder doch noch
unter Fronen und Abgaben ſeufzte, eben ſo we-
ſentlich unterſchieden. Daher demnaͤchſt die vierer-
ley Staͤnde, des hohen Adels, der Fuͤrſten, Gra-
fen und Herren, des niedern Adels derer, die ehe-
dem keinen weitern Vorzug als die bloße Frey-

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[109/0143] 2) Henrich der I. 919-936. Induͤſtrie. Nur diejenigen, die ihre Wohnſitze nach alter Manier auf dem Lande behielten, ſuch- ten bald einen Vorzug darin, daß ſie auch nach althergebrachter Lebensart ihrer Vorfahren aus Jagd und Krieg ihr Hauptgeſchaͤfft machten, und kein ander Gewerbe als mit den Producten ihrer eignen Laͤndereyen und Viehzucht trieben. Dazu kam noch, daß Hof- und Lehnsdienſte nur von ih- nen, nicht von Einwohnern der Staͤdte geleiſtet wurden, und daß endlich auch in Stiftern und bey Turnieren ſo gar Ahnenbeweiſe ſowohl von muͤtterlicher als vaͤterlicher Seite erfordert wurden. So wird es begreiflich, wie nach etlichen Jahr- hunderten der Freye auf dem Lande, dem ſonſt ſeine Freyheit und Gebuhrt keinen Vorzug vor gleichfalls freygebohrnen Einwohnern der Staͤdte gab, ſich als einen vom ſtaͤdtiſchen Buͤrger verſchie- denen Stand anſah, und dagegen dem Herren- ſtande, als dem bisherigen wahren Teutſchen Adel, ſich zu naͤhern ſuchte; obgleich dieſer Herrenſtand als nunmehriger hoher Adel von jenem Stande der Freyen, der jetzt den ſo genannten niedern Adel ausmacht, immer weſentlich unterſchieden blieb. Auf der andern Seite blieb jedoch der Buͤrger in der Stadt, vermoͤge ſeiner entweder urſpruͤnglich von ſeinen Voreltern ererbten, oder ſelbſt durch das Buͤrgerrecht erlangten Freyheit, vom Bauern, der entweder noch leibeigen war, oder doch noch unter Fronen und Abgaben ſeufzte, eben ſo we- ſentlich unterſchieden. Daher demnaͤchſt die vierer- ley Staͤnde, des hohen Adels, der Fuͤrſten, Gra- fen und Herren, des niedern Adels derer, die ehe- dem keinen weitern Vorzug als die bloße Frey- heit

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/143>, abgerufen am 28.11.2024.