Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. Erziehung war, läßt sich daraus abnehmen, daßOtto selbst erst nach dem Tode seiner ersten Ge- mahlinn etwas Latein, und also lesen und schrei- ben lernte (denn man schrieb damals nichts als in dieser Sprache.) Alle Ausfertigungen gescha- hen unter Aufsicht eines Erzbischofs, der eben bey Hofe war, oder in dessen Dioeces die Sache ein- schlug. So vertrat damals noch nicht allein der Erzbischof von Mainz die Stelle eines Erzcanzlers, sondern eben die Stelle bekleideten auch die Erz- bischöfe von Trier, Cölln, Salzburg, wenn sie eben bey Hofe waren, oder wenn Geschäffte aus ihren Gegenden vorkamen. Es hat aber nicht lange mehr gewährt, daß dem Erzstifte Mainz alleine die Erzcanzlerstelle in Teutschen Sachen zu Theil geworden. XVII. Auf der andern Seite fiengen Herzoge und schof
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. Erziehung war, laͤßt ſich daraus abnehmen, daßOtto ſelbſt erſt nach dem Tode ſeiner erſten Ge- mahlinn etwas Latein, und alſo leſen und ſchrei- ben lernte (denn man ſchrieb damals nichts als in dieſer Sprache.) Alle Ausfertigungen geſcha- hen unter Aufſicht eines Erzbiſchofs, der eben bey Hofe war, oder in deſſen Dioeces die Sache ein- ſchlug. So vertrat damals noch nicht allein der Erzbiſchof von Mainz die Stelle eines Erzcanzlers, ſondern eben die Stelle bekleideten auch die Erz- biſchoͤfe von Trier, Coͤlln, Salzburg, wenn ſie eben bey Hofe waren, oder wenn Geſchaͤffte aus ihren Gegenden vorkamen. Es hat aber nicht lange mehr gewaͤhrt, daß dem Erzſtifte Mainz alleine die Erzcanzlerſtelle in Teutſchen Sachen zu Theil geworden. XVII. Auf der andern Seite fiengen Herzoge und ſchof
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0156" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Mittlere Zeiten <hi rendition="#aq">a</hi>) 888-1235.</hi></fw><lb/> Erziehung war, laͤßt ſich daraus abnehmen, daß<lb/> Otto ſelbſt erſt nach dem Tode ſeiner erſten Ge-<lb/> mahlinn etwas Latein, und alſo leſen und ſchrei-<lb/> ben lernte (denn man ſchrieb damals nichts als<lb/> in dieſer Sprache.) Alle Ausfertigungen geſcha-<lb/> hen unter Aufſicht eines Erzbiſchofs, der eben bey<lb/> Hofe war, oder in deſſen Dioeces die Sache ein-<lb/> ſchlug. So vertrat damals noch nicht allein der<lb/> Erzbiſchof von Mainz die Stelle eines Erzcanzlers,<lb/> ſondern eben die Stelle bekleideten auch die Erz-<lb/> biſchoͤfe von Trier, Coͤlln, Salzburg, wenn ſie<lb/> eben bey Hofe waren, oder wenn Geſchaͤffte aus<lb/> ihren Gegenden vorkamen. Es hat aber nicht<lb/> lange mehr gewaͤhrt, daß dem Erzſtifte Mainz<lb/> alleine die Erzcanzlerſtelle in Teutſchen Sachen zu<lb/> Theil geworden.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">XVII.</hi> </note> <p>Auf der andern Seite fiengen Herzoge und<lb/> Grafen an ſich in ihren Gebieten mehr heraus-<lb/> zunehmen, als die Eigenſchaft bloßer Befehlsha-<lb/> ber, wie ſie nach der Carolinger-Fraͤnkiſchen Staats-<lb/> verfaſſung ſeyn ſollte, ihnen zu geſtatten ſchien; in-<lb/> ſonderheit begann es ſchon merklich zu werden, daß<lb/> ſie damit umgiengen ihre Stellen erblich zu machen,<lb/> und Kronguͤter, die ſie nur zur Benutzung haben<lb/> ſollten, mit ihrem Eigenthume zu vermengen. In<lb/> dieſer Ruͤckſicht konnten die Biſchoͤfe und Erzbi-<lb/> ſchoͤfe uͤberall von der Krone zu einem guten Gleich-<lb/> gewichte gebraucht werden; auch fuͤhlten das die<lb/> Herzoge bald ſo, daß ſie die Biſchoͤfe ihrer Ge-<lb/> genden gleichſam wie Spionen des Hofes anſahen.<lb/> Dieſe hingegen kamen ſchon ſo empor, daß man<lb/> zu Einſchraͤnkung ihres Uebermuthes noͤthig fand<lb/> zu verordnen, daß bey Kirchenviſitationen ein Bi-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſchof</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0156]
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Erziehung war, laͤßt ſich daraus abnehmen, daß
Otto ſelbſt erſt nach dem Tode ſeiner erſten Ge-
mahlinn etwas Latein, und alſo leſen und ſchrei-
ben lernte (denn man ſchrieb damals nichts als
in dieſer Sprache.) Alle Ausfertigungen geſcha-
hen unter Aufſicht eines Erzbiſchofs, der eben bey
Hofe war, oder in deſſen Dioeces die Sache ein-
ſchlug. So vertrat damals noch nicht allein der
Erzbiſchof von Mainz die Stelle eines Erzcanzlers,
ſondern eben die Stelle bekleideten auch die Erz-
biſchoͤfe von Trier, Coͤlln, Salzburg, wenn ſie
eben bey Hofe waren, oder wenn Geſchaͤffte aus
ihren Gegenden vorkamen. Es hat aber nicht
lange mehr gewaͤhrt, daß dem Erzſtifte Mainz
alleine die Erzcanzlerſtelle in Teutſchen Sachen zu
Theil geworden.
Auf der andern Seite fiengen Herzoge und
Grafen an ſich in ihren Gebieten mehr heraus-
zunehmen, als die Eigenſchaft bloßer Befehlsha-
ber, wie ſie nach der Carolinger-Fraͤnkiſchen Staats-
verfaſſung ſeyn ſollte, ihnen zu geſtatten ſchien; in-
ſonderheit begann es ſchon merklich zu werden, daß
ſie damit umgiengen ihre Stellen erblich zu machen,
und Kronguͤter, die ſie nur zur Benutzung haben
ſollten, mit ihrem Eigenthume zu vermengen. In
dieſer Ruͤckſicht konnten die Biſchoͤfe und Erzbi-
ſchoͤfe uͤberall von der Krone zu einem guten Gleich-
gewichte gebraucht werden; auch fuͤhlten das die
Herzoge bald ſo, daß ſie die Biſchoͤfe ihrer Ge-
genden gleichſam wie Spionen des Hofes anſahen.
Dieſe hingegen kamen ſchon ſo empor, daß man
zu Einſchraͤnkung ihres Uebermuthes noͤthig fand
zu verordnen, daß bey Kirchenviſitationen ein Bi-
ſchof
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |