Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

3) Otto der Große 936-974.
doch schon eine gewisse Crisis merklich, worin sich
das Verhältniß zwischen der Krone und den Her-
zogthümern jetzt fand.

Um die Herzoge nicht zu mächtig werden zuXXII.
laßen, ward deswegen um diese Zeit noch eine be-
sondere Veranstaltung in Gang gebracht, da man
ihnen so genannte Pfalzgrafen an die Seite setzte.
Unter diesem Namen verstand man nach der Caro-
linger Verfassung nur solche Personen, die bey Hofe
die Stelle eines Richters vertraten, und also unter
den Augen des Königs oder an dessen Stelle zu
Gerichte saßen. Jetzt wurden Pfalzgrafen in Pro-
vinzen angesetzt, zu deren Bestimmung man angab,
daß sie in Sachen solcher Partheyen, die von der
herzoglichen oder gräflichen Gewalt befreyet waren,
als königliche Landrichter das Recht handhaben,
oder auch in Abwesenheit der Herzoge deren Stelle
vertreten, und übrigens die königlichen Cammer-
güter verwalten sollten; Aber auch die Herzoge
wurden angewiesen, ohne ihre Beystimmung in
wichtigen Dingen nichts zu unternehmen. Solche
Pfalzgrafen finden sich seitdem in Lothringen, Sach-
sen, Schwaben und Baiern (w). Sie wurden
aber bald selbst so gut, wie die Herzoge, erblich,
und zuletzt in jedem Herzogthume mit der herzog-

lichen
(w) In Baiern ernannte Otto nach Arnulfs
des Bösen Tode (+ 937. Jun. 12.) dessen zweyten
Sohn Arnulf zum Pfalzgrafen, nicht nur als ober-
sten Landrichter, sondern auch als Oberaufseher
über die Cammergüter in Baiern, die er großen-
theils damals dem Herzog Berthold entzog, und
sich zueignete. Diese Pfalzgrafen in Baiern haben
hernach fortgewährt bis 1249. Lori Gesch. von
Baiern S. 264.

3) Otto der Große 936-974.
doch ſchon eine gewiſſe Criſis merklich, worin ſich
das Verhaͤltniß zwiſchen der Krone und den Her-
zogthuͤmern jetzt fand.

Um die Herzoge nicht zu maͤchtig werden zuXXII.
laßen, ward deswegen um dieſe Zeit noch eine be-
ſondere Veranſtaltung in Gang gebracht, da man
ihnen ſo genannte Pfalzgrafen an die Seite ſetzte.
Unter dieſem Namen verſtand man nach der Caro-
linger Verfaſſung nur ſolche Perſonen, die bey Hofe
die Stelle eines Richters vertraten, und alſo unter
den Augen des Koͤnigs oder an deſſen Stelle zu
Gerichte ſaßen. Jetzt wurden Pfalzgrafen in Pro-
vinzen angeſetzt, zu deren Beſtimmung man angab,
daß ſie in Sachen ſolcher Partheyen, die von der
herzoglichen oder graͤflichen Gewalt befreyet waren,
als koͤnigliche Landrichter das Recht handhaben,
oder auch in Abweſenheit der Herzoge deren Stelle
vertreten, und uͤbrigens die koͤniglichen Cammer-
guͤter verwalten ſollten; Aber auch die Herzoge
wurden angewieſen, ohne ihre Beyſtimmung in
wichtigen Dingen nichts zu unternehmen. Solche
Pfalzgrafen finden ſich ſeitdem in Lothringen, Sach-
ſen, Schwaben und Baiern (w). Sie wurden
aber bald ſelbſt ſo gut, wie die Herzoge, erblich,
und zuletzt in jedem Herzogthume mit der herzog-

lichen
(w) In Baiern ernannte Otto nach Arnulfs
des Boͤſen Tode († 937. Jun. 12.) deſſen zweyten
Sohn Arnulf zum Pfalzgrafen, nicht nur als ober-
ſten Landrichter, ſondern auch als Oberaufſeher
uͤber die Cammerguͤter in Baiern, die er großen-
theils damals dem Herzog Berthold entzog, und
ſich zueignete. Dieſe Pfalzgrafen in Baiern haben
hernach fortgewaͤhrt bis 1249. Lori Geſch. von
Baiern S. 264.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">3) Otto der Große 936-974.</hi></fw><lb/>
doch &#x017F;chon eine gewi&#x017F;&#x017F;e Cri&#x017F;is merklich, worin &#x017F;ich<lb/>
das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen der Krone und den Her-<lb/>
zogthu&#x0364;mern jetzt fand.</p><lb/>
          <p>Um die Herzoge nicht zu ma&#x0364;chtig werden zu<note place="right"><hi rendition="#aq">XXII.</hi></note><lb/>
laßen, ward deswegen um die&#x017F;e Zeit noch eine be-<lb/>
&#x017F;ondere Veran&#x017F;taltung in Gang gebracht, da man<lb/>
ihnen &#x017F;o genannte <hi rendition="#fr">Pfalzgrafen</hi> an die Seite &#x017F;etzte.<lb/>
Unter die&#x017F;em Namen ver&#x017F;tand man nach der Caro-<lb/>
linger Verfa&#x017F;&#x017F;ung nur &#x017F;olche Per&#x017F;onen, die bey Hofe<lb/>
die Stelle eines Richters vertraten, und al&#x017F;o unter<lb/>
den Augen des Ko&#x0364;nigs oder an de&#x017F;&#x017F;en Stelle zu<lb/>
Gerichte &#x017F;aßen. Jetzt wurden Pfalzgrafen in Pro-<lb/>
vinzen ange&#x017F;etzt, zu deren Be&#x017F;timmung man angab,<lb/>
daß &#x017F;ie in Sachen &#x017F;olcher Partheyen, die von der<lb/>
herzoglichen oder gra&#x0364;flichen Gewalt befreyet waren,<lb/>
als ko&#x0364;nigliche Landrichter das Recht handhaben,<lb/>
oder auch in Abwe&#x017F;enheit der Herzoge deren Stelle<lb/>
vertreten, und u&#x0364;brigens die ko&#x0364;niglichen Cammer-<lb/>
gu&#x0364;ter verwalten &#x017F;ollten; Aber auch die Herzoge<lb/>
wurden angewie&#x017F;en, ohne ihre Bey&#x017F;timmung in<lb/>
wichtigen Dingen nichts zu unternehmen. Solche<lb/>
Pfalzgrafen finden &#x017F;ich &#x017F;eitdem in Lothringen, Sach-<lb/>
&#x017F;en, Schwaben und Baiern <note place="foot" n="(w)">In Baiern ernannte Otto nach Arnulfs<lb/>
des Bo&#x0364;&#x017F;en Tode (&#x2020; 937. Jun. 12.) de&#x017F;&#x017F;en zweyten<lb/>
Sohn Arnulf zum Pfalzgrafen, nicht nur als ober-<lb/>
&#x017F;ten Landrichter, &#x017F;ondern auch als Oberauf&#x017F;eher<lb/>
u&#x0364;ber die Cammergu&#x0364;ter in Baiern, die er großen-<lb/>
theils damals dem Herzog Berthold entzog, und<lb/>
&#x017F;ich zueignete. Die&#x017F;e Pfalzgrafen in Baiern haben<lb/>
hernach fortgewa&#x0364;hrt bis 1249. <hi rendition="#fr">Lori</hi> Ge&#x017F;ch. von<lb/>
Baiern S. 264.</note>. Sie wurden<lb/>
aber bald &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o gut, wie die Herzoge, erblich,<lb/>
und zuletzt in jedem Herzogthume mit der herzog-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0159] 3) Otto der Große 936-974. doch ſchon eine gewiſſe Criſis merklich, worin ſich das Verhaͤltniß zwiſchen der Krone und den Her- zogthuͤmern jetzt fand. Um die Herzoge nicht zu maͤchtig werden zu laßen, ward deswegen um dieſe Zeit noch eine be- ſondere Veranſtaltung in Gang gebracht, da man ihnen ſo genannte Pfalzgrafen an die Seite ſetzte. Unter dieſem Namen verſtand man nach der Caro- linger Verfaſſung nur ſolche Perſonen, die bey Hofe die Stelle eines Richters vertraten, und alſo unter den Augen des Koͤnigs oder an deſſen Stelle zu Gerichte ſaßen. Jetzt wurden Pfalzgrafen in Pro- vinzen angeſetzt, zu deren Beſtimmung man angab, daß ſie in Sachen ſolcher Partheyen, die von der herzoglichen oder graͤflichen Gewalt befreyet waren, als koͤnigliche Landrichter das Recht handhaben, oder auch in Abweſenheit der Herzoge deren Stelle vertreten, und uͤbrigens die koͤniglichen Cammer- guͤter verwalten ſollten; Aber auch die Herzoge wurden angewieſen, ohne ihre Beyſtimmung in wichtigen Dingen nichts zu unternehmen. Solche Pfalzgrafen finden ſich ſeitdem in Lothringen, Sach- ſen, Schwaben und Baiern (w). Sie wurden aber bald ſelbſt ſo gut, wie die Herzoge, erblich, und zuletzt in jedem Herzogthume mit der herzog- lichen XXII. (w) In Baiern ernannte Otto nach Arnulfs des Boͤſen Tode († 937. Jun. 12.) deſſen zweyten Sohn Arnulf zum Pfalzgrafen, nicht nur als ober- ſten Landrichter, ſondern auch als Oberaufſeher uͤber die Cammerguͤter in Baiern, die er großen- theils damals dem Herzog Berthold entzog, und ſich zueignete. Dieſe Pfalzgrafen in Baiern haben hernach fortgewaͤhrt bis 1249. Lori Geſch. von Baiern S. 264.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/159
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/159>, abgerufen am 23.11.2024.