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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
lichen Familie selbst vereiniget. Nur die Lothrin-
gischen oder so genannten Rheinischen Pfalzgrafen
haben sich in besonderen Geschlechtern oder Linien
erhalten, wovon eines unserer ersten Häuser noch
jetzt den Namen führet, obgleich die ursprüngliche
Realität der Pfalzgrafschaft längst in Vergessenheit
gerathen ist. Nur Würde und Rang haben sich
in so weit erhalten, daß der pfalzgräfliche Titel,
wie ihn das einzige Haus Pfalz noch jetzt führet,
dem herzoglichen Titel gleich geschätzt, und also über
den bloß gräflichen Titel weit erhaben gehalten wird.



XXIII.

So sehr übrigens alles dieses dahin überein-
stimmend wirken konnte, daß das Hauptwerk von
der Carolinger Staatsverfassung noch aufrecht er-
halten, oder wo es in Abnahme gekommen war,
wo möglich hergestellt werden möchte; so begreif-
lich wird es, wie sehr diese Zwecke natürlicher Weise
verfehlt werden mußten, so bald in der Folge die
Mittel, die man dazu veranstaltet hatte, selbst aus
der Art schlugen; wie ich nicht nur von den Pfalz-
grafen eben erwehnt habe, sondern bald Gelegen-
heit haben werde noch weiter bemerklich zu machen,
wie der Einfluß des Hofes in Ansehung der Bisthü-
mer und Erzbisthümer nachher ganz eine entgegen-
gesetzte Wendung bekommen hat.


XXIV.

Das größte Unglück war, daß mit dem Ver-
falle der Schulanstalten, wie sie Carl der Große
nur zu machen angefangen hatte, die ganze Nation
in die äußerste Unwissenheit zurückfiel. Worüber
das Faustrecht immer tiefere Wurzeln schlug, und
unerhörte Sitten allen Wohlstand verdunkelten.

Selbst

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
lichen Familie ſelbſt vereiniget. Nur die Lothrin-
giſchen oder ſo genannten Rheiniſchen Pfalzgrafen
haben ſich in beſonderen Geſchlechtern oder Linien
erhalten, wovon eines unſerer erſten Haͤuſer noch
jetzt den Namen fuͤhret, obgleich die urſpruͤngliche
Realitaͤt der Pfalzgrafſchaft laͤngſt in Vergeſſenheit
gerathen iſt. Nur Wuͤrde und Rang haben ſich
in ſo weit erhalten, daß der pfalzgraͤfliche Titel,
wie ihn das einzige Haus Pfalz noch jetzt fuͤhret,
dem herzoglichen Titel gleich geſchaͤtzt, und alſo uͤber
den bloß graͤflichen Titel weit erhaben gehalten wird.



XXIII.

So ſehr uͤbrigens alles dieſes dahin uͤberein-
ſtimmend wirken konnte, daß das Hauptwerk von
der Carolinger Staatsverfaſſung noch aufrecht er-
halten, oder wo es in Abnahme gekommen war,
wo moͤglich hergeſtellt werden moͤchte; ſo begreif-
lich wird es, wie ſehr dieſe Zwecke natuͤrlicher Weiſe
verfehlt werden mußten, ſo bald in der Folge die
Mittel, die man dazu veranſtaltet hatte, ſelbſt aus
der Art ſchlugen; wie ich nicht nur von den Pfalz-
grafen eben erwehnt habe, ſondern bald Gelegen-
heit haben werde noch weiter bemerklich zu machen,
wie der Einfluß des Hofes in Anſehung der Biſthuͤ-
mer und Erzbiſthuͤmer nachher ganz eine entgegen-
geſetzte Wendung bekommen hat.


XXIV.

Das groͤßte Ungluͤck war, daß mit dem Ver-
falle der Schulanſtalten, wie ſie Carl der Große
nur zu machen angefangen hatte, die ganze Nation
in die aͤußerſte Unwiſſenheit zuruͤckfiel. Woruͤber
das Fauſtrecht immer tiefere Wurzeln ſchlug, und
unerhoͤrte Sitten allen Wohlſtand verdunkelten.

Selbſt
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[126/0160] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. lichen Familie ſelbſt vereiniget. Nur die Lothrin- giſchen oder ſo genannten Rheiniſchen Pfalzgrafen haben ſich in beſonderen Geſchlechtern oder Linien erhalten, wovon eines unſerer erſten Haͤuſer noch jetzt den Namen fuͤhret, obgleich die urſpruͤngliche Realitaͤt der Pfalzgrafſchaft laͤngſt in Vergeſſenheit gerathen iſt. Nur Wuͤrde und Rang haben ſich in ſo weit erhalten, daß der pfalzgraͤfliche Titel, wie ihn das einzige Haus Pfalz noch jetzt fuͤhret, dem herzoglichen Titel gleich geſchaͤtzt, und alſo uͤber den bloß graͤflichen Titel weit erhaben gehalten wird. So ſehr uͤbrigens alles dieſes dahin uͤberein- ſtimmend wirken konnte, daß das Hauptwerk von der Carolinger Staatsverfaſſung noch aufrecht er- halten, oder wo es in Abnahme gekommen war, wo moͤglich hergeſtellt werden moͤchte; ſo begreif- lich wird es, wie ſehr dieſe Zwecke natuͤrlicher Weiſe verfehlt werden mußten, ſo bald in der Folge die Mittel, die man dazu veranſtaltet hatte, ſelbſt aus der Art ſchlugen; wie ich nicht nur von den Pfalz- grafen eben erwehnt habe, ſondern bald Gelegen- heit haben werde noch weiter bemerklich zu machen, wie der Einfluß des Hofes in Anſehung der Biſthuͤ- mer und Erzbiſthuͤmer nachher ganz eine entgegen- geſetzte Wendung bekommen hat. Das groͤßte Ungluͤck war, daß mit dem Ver- falle der Schulanſtalten, wie ſie Carl der Große nur zu machen angefangen hatte, die ganze Nation in die aͤußerſte Unwiſſenheit zuruͤckfiel. Woruͤber das Fauſtrecht immer tiefere Wurzeln ſchlug, und unerhoͤrte Sitten allen Wohlſtand verdunkelten. Selbſt

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/160>, abgerufen am 23.11.2024.