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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Henrich der IV. 1056-1106.
hundert Jahren über sechs Millionen Menschen,
wovon nur wenige zurückgekommen, sich dahin
sprengen laßen.

Wenn man hierüber weiter nachdenkt, und tie-XII.
fer auf die Quellen zurückgehet, die solche Folgen
sowohl für die Teutsche als anderer Europäischen
Völker Verfassung hervorbringen können; so war
der erste Grundsatz, wovon man ausgieng, daß
es hier nicht um einen Krieg zu thun sey, der um
Zwistigkeiten dieser oder jener Völker oder um An-
sprüche auf diese oder jene Länder, als bloß welt-
liche und zeitliche Angelegenheiten mehrerer oder
weniger Menschen geführet werden sollte, sondern
um einen Krieg, worin selbst Gottes und Christi
eigene Sache zu verfechten sey, der also unmittel-
bar geistliche Gegenstände und ewige Belohnungen
zur Absicht habe. Daraus zog man den Folgesatz,
daß, wenn die Theilnehmung an diesem heiligen
und für Gottes Sache zu führenden Kriege mit
irgend bloß menschlichen Verbindlichkeiten und Ver-
hältnissen in Collision käme, allenfalls Gott mehr
als Menschen zu gehorchen sey; daß also weder
Obrigkeit, noch Lehnherrschaft, noch Leibeigenschaft,
noch irgend ein Stand oder Gelübde, noch Ver-
hältniß zwischen Herren und Unterthanen, Eltern
und Kindern, Mann und Frau, Gläubiger und
Schuldner, jemanden davon zurückzuhalten mit
Recht vermögend sey.

Dann hieß es ferner, ein solcher Krieg seyXIII.
nicht unter Befehlshabung irgend einer weltlichen
Macht, sondern nur nach Vorschrift des Statt-
halters Christi, unter dessen oberster Aufsicht zu

füh-
K 3

7) Henrich der IV. 1056-1106.
hundert Jahren uͤber ſechs Millionen Menſchen,
wovon nur wenige zuruͤckgekommen, ſich dahin
ſprengen laßen.

Wenn man hieruͤber weiter nachdenkt, und tie-XII.
fer auf die Quellen zuruͤckgehet, die ſolche Folgen
ſowohl fuͤr die Teutſche als anderer Europaͤiſchen
Voͤlker Verfaſſung hervorbringen koͤnnen; ſo war
der erſte Grundſatz, wovon man ausgieng, daß
es hier nicht um einen Krieg zu thun ſey, der um
Zwiſtigkeiten dieſer oder jener Voͤlker oder um An-
ſpruͤche auf dieſe oder jene Laͤnder, als bloß welt-
liche und zeitliche Angelegenheiten mehrerer oder
weniger Menſchen gefuͤhret werden ſollte, ſondern
um einen Krieg, worin ſelbſt Gottes und Chriſti
eigene Sache zu verfechten ſey, der alſo unmittel-
bar geiſtliche Gegenſtaͤnde und ewige Belohnungen
zur Abſicht habe. Daraus zog man den Folgeſatz,
daß, wenn die Theilnehmung an dieſem heiligen
und fuͤr Gottes Sache zu fuͤhrenden Kriege mit
irgend bloß menſchlichen Verbindlichkeiten und Ver-
haͤltniſſen in Colliſion kaͤme, allenfalls Gott mehr
als Menſchen zu gehorchen ſey; daß alſo weder
Obrigkeit, noch Lehnherrſchaft, noch Leibeigenſchaft,
noch irgend ein Stand oder Geluͤbde, noch Ver-
haͤltniß zwiſchen Herren und Unterthanen, Eltern
und Kindern, Mann und Frau, Glaͤubiger und
Schuldner, jemanden davon zuruͤckzuhalten mit
Recht vermoͤgend ſey.

Dann hieß es ferner, ein ſolcher Krieg ſeyXIII.
nicht unter Befehlshabung irgend einer weltlichen
Macht, ſondern nur nach Vorſchrift des Statt-
halters Chriſti, unter deſſen oberſter Aufſicht zu

fuͤh-
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[149/0183] 7) Henrich der IV. 1056-1106. hundert Jahren uͤber ſechs Millionen Menſchen, wovon nur wenige zuruͤckgekommen, ſich dahin ſprengen laßen. Wenn man hieruͤber weiter nachdenkt, und tie- fer auf die Quellen zuruͤckgehet, die ſolche Folgen ſowohl fuͤr die Teutſche als anderer Europaͤiſchen Voͤlker Verfaſſung hervorbringen koͤnnen; ſo war der erſte Grundſatz, wovon man ausgieng, daß es hier nicht um einen Krieg zu thun ſey, der um Zwiſtigkeiten dieſer oder jener Voͤlker oder um An- ſpruͤche auf dieſe oder jene Laͤnder, als bloß welt- liche und zeitliche Angelegenheiten mehrerer oder weniger Menſchen gefuͤhret werden ſollte, ſondern um einen Krieg, worin ſelbſt Gottes und Chriſti eigene Sache zu verfechten ſey, der alſo unmittel- bar geiſtliche Gegenſtaͤnde und ewige Belohnungen zur Abſicht habe. Daraus zog man den Folgeſatz, daß, wenn die Theilnehmung an dieſem heiligen und fuͤr Gottes Sache zu fuͤhrenden Kriege mit irgend bloß menſchlichen Verbindlichkeiten und Ver- haͤltniſſen in Colliſion kaͤme, allenfalls Gott mehr als Menſchen zu gehorchen ſey; daß alſo weder Obrigkeit, noch Lehnherrſchaft, noch Leibeigenſchaft, noch irgend ein Stand oder Geluͤbde, noch Ver- haͤltniß zwiſchen Herren und Unterthanen, Eltern und Kindern, Mann und Frau, Glaͤubiger und Schuldner, jemanden davon zuruͤckzuhalten mit Recht vermoͤgend ſey. XII. Dann hieß es ferner, ein ſolcher Krieg ſey nicht unter Befehlshabung irgend einer weltlichen Macht, ſondern nur nach Vorſchrift des Statt- halters Chriſti, unter deſſen oberſter Aufſicht zu fuͤh- XIII. K 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/183>, abgerufen am 23.11.2024.