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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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8) Henrich der V. 1106-1125.
tern so beträchtlich, daß nicht nur um Bisthümer
und andere Prälaturen, sondern auch um domherr-
liche Pfründen die edelsten Geschlechter von hohem
und niedern Adel sich bewarben. Wo es nur
irgend die Umstände und Zeitläufte begünstigten,
wurden bald Stiftsgesetze (Statute) zum ausschließ-
lichen Vortheile des Adels errichtet, daß niemand,
als wer eine gewisse Anzahl adelicher Ahnen be-
weisen könne, zu Domherrenstellen, geschweige gar
zur bischöflichen Würde zugelaßen werden sollte.
Auf solche Art vereinigte sich ein gewisses gemein-
schaftliches Interesse der Domcapitel und der Rit-
terschaft, um wo möglich den Bürgerstand sowohl
von aller activen als passiven Theilnehmung an
den Bischofswahlen auszuschließen. Dazu war
aber kein bequemeres Mittel, als dem jetzt ohne-
dem in das hierarchische System eingeflochtenen
Grundsatze nachzugehen, daß es überall unschick-
lich sey, weltliche Stimmen an Besetzung geist-
licher Stellen Theil nehmen zu laßen. Fügte
sichs nun etwa, wie der Fall nicht selten war,
daß bey einer Bischofswahl die Bürgerschaft einen
andern Competenten begünstigte, als der Clerus
und die Ritterschaft; so vereinigte diese sich lie-
ber mit der Geistlichkeit, oder opferte lieber ihre
bisherige Theilnehmung am ganzen Wahlrechte auf,
um nur auch den Bürgerstand desto eher und
sicherer ganz von allen Bischofswahlen zu entfernen.

So kamen also die Bischofswahlen, hier frü-VIII.
her, dort später, meist ausschließlich in die Hände
der Domherren; fast auf gleiche Art, wie die
Cardinäle nach und nach alleine zur Pabstwahl,
und die Churfürsten zur Kaiserwahl gelangten.

Auch

8) Henrich der V. 1106-1125.
tern ſo betraͤchtlich, daß nicht nur um Biſthuͤmer
und andere Praͤlaturen, ſondern auch um domherr-
liche Pfruͤnden die edelſten Geſchlechter von hohem
und niedern Adel ſich bewarben. Wo es nur
irgend die Umſtaͤnde und Zeitlaͤufte beguͤnſtigten,
wurden bald Stiftsgeſetze (Statute) zum ausſchließ-
lichen Vortheile des Adels errichtet, daß niemand,
als wer eine gewiſſe Anzahl adelicher Ahnen be-
weiſen koͤnne, zu Domherrenſtellen, geſchweige gar
zur biſchoͤflichen Wuͤrde zugelaßen werden ſollte.
Auf ſolche Art vereinigte ſich ein gewiſſes gemein-
ſchaftliches Intereſſe der Domcapitel und der Rit-
terſchaft, um wo moͤglich den Buͤrgerſtand ſowohl
von aller activen als paſſiven Theilnehmung an
den Biſchofswahlen auszuſchließen. Dazu war
aber kein bequemeres Mittel, als dem jetzt ohne-
dem in das hierarchiſche Syſtem eingeflochtenen
Grundſatze nachzugehen, daß es uͤberall unſchick-
lich ſey, weltliche Stimmen an Beſetzung geiſt-
licher Stellen Theil nehmen zu laßen. Fuͤgte
ſichs nun etwa, wie der Fall nicht ſelten war,
daß bey einer Biſchofswahl die Buͤrgerſchaft einen
andern Competenten beguͤnſtigte, als der Clerus
und die Ritterſchaft; ſo vereinigte dieſe ſich lie-
ber mit der Geiſtlichkeit, oder opferte lieber ihre
bisherige Theilnehmung am ganzen Wahlrechte auf,
um nur auch den Buͤrgerſtand deſto eher und
ſicherer ganz von allen Biſchofswahlen zu entfernen.

So kamen alſo die Biſchofswahlen, hier fruͤ-VIII.
her, dort ſpaͤter, meiſt ausſchließlich in die Haͤnde
der Domherren; faſt auf gleiche Art, wie die
Cardinaͤle nach und nach alleine zur Pabſtwahl,
und die Churfuͤrſten zur Kaiſerwahl gelangten.

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[157/0191] 8) Henrich der V. 1106-1125. tern ſo betraͤchtlich, daß nicht nur um Biſthuͤmer und andere Praͤlaturen, ſondern auch um domherr- liche Pfruͤnden die edelſten Geſchlechter von hohem und niedern Adel ſich bewarben. Wo es nur irgend die Umſtaͤnde und Zeitlaͤufte beguͤnſtigten, wurden bald Stiftsgeſetze (Statute) zum ausſchließ- lichen Vortheile des Adels errichtet, daß niemand, als wer eine gewiſſe Anzahl adelicher Ahnen be- weiſen koͤnne, zu Domherrenſtellen, geſchweige gar zur biſchoͤflichen Wuͤrde zugelaßen werden ſollte. Auf ſolche Art vereinigte ſich ein gewiſſes gemein- ſchaftliches Intereſſe der Domcapitel und der Rit- terſchaft, um wo moͤglich den Buͤrgerſtand ſowohl von aller activen als paſſiven Theilnehmung an den Biſchofswahlen auszuſchließen. Dazu war aber kein bequemeres Mittel, als dem jetzt ohne- dem in das hierarchiſche Syſtem eingeflochtenen Grundſatze nachzugehen, daß es uͤberall unſchick- lich ſey, weltliche Stimmen an Beſetzung geiſt- licher Stellen Theil nehmen zu laßen. Fuͤgte ſichs nun etwa, wie der Fall nicht ſelten war, daß bey einer Biſchofswahl die Buͤrgerſchaft einen andern Competenten beguͤnſtigte, als der Clerus und die Ritterſchaft; ſo vereinigte dieſe ſich lie- ber mit der Geiſtlichkeit, oder opferte lieber ihre bisherige Theilnehmung am ganzen Wahlrechte auf, um nur auch den Buͤrgerſtand deſto eher und ſicherer ganz von allen Biſchofswahlen zu entfernen. So kamen alſo die Biſchofswahlen, hier fruͤ- her, dort ſpaͤter, meiſt ausſchließlich in die Haͤnde der Domherren; faſt auf gleiche Art, wie die Cardinaͤle nach und nach alleine zur Pabſtwahl, und die Churfuͤrſten zur Kaiſerwahl gelangten. Auch VIII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/191>, abgerufen am 24.11.2024.