Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.9) Henrich der V. 1106-1125. was vorher nur in Lothringen und in den heuti-gen Niederlanden üblich gewesen war, daß gräf- lichen Geschlechtern ihr Erbrecht nicht mehr bestrit- ten werden konnte. Es kam zwar nicht dahin, daß man ganze Gaue gerade zu in erbliche Ge- schlechtsgüter verwandelt hätte. Aber ein jeder Graf hatte ordentlicher Weise so, wie ein jeder Dynast, seinen Wohnsitz in einem Schlosse, das vielleicht von ihm oder seinen Vorfahren erbauet war, und dessen Zugehöre nicht bloß aus ursprüng- lichen Lehngütern bestanden, die eigentlich von der Krone den Befehlshabern zur Benutzung an statt ihrer Besoldung angewiesen waren, sondern auch großentheils aus eigenthümlichen Geschlechtsgütern, die sich jetzt schwer von jenen absondern ließen. So mochte leicht ein oder zweymal die Befehls- habung eines Gaues von Vater auf Sohn gehen; das drittemal ließ sich das Gegentheil schon schwe- rer durchsetzen; endlich ward es zum Herkommen, den Sohn eines Grafen in Wiederbesetzung des ihm anvertrauten Gaues nicht zu übergehen. So war die Erblichkeit der gräflichen Häuser gemacht. Davon war eine natürliche Folge, daß manIV. der L 3
9) Henrich der V. 1106-1125. was vorher nur in Lothringen und in den heuti-gen Niederlanden uͤblich geweſen war, daß graͤf- lichen Geſchlechtern ihr Erbrecht nicht mehr beſtrit- ten werden konnte. Es kam zwar nicht dahin, daß man ganze Gaue gerade zu in erbliche Ge- ſchlechtsguͤter verwandelt haͤtte. Aber ein jeder Graf hatte ordentlicher Weiſe ſo, wie ein jeder Dynaſt, ſeinen Wohnſitz in einem Schloſſe, das vielleicht von ihm oder ſeinen Vorfahren erbauet war, und deſſen Zugehoͤre nicht bloß aus urſpruͤng- lichen Lehnguͤtern beſtanden, die eigentlich von der Krone den Befehlshabern zur Benutzung an ſtatt ihrer Beſoldung angewieſen waren, ſondern auch großentheils aus eigenthuͤmlichen Geſchlechtsguͤtern, die ſich jetzt ſchwer von jenen abſondern ließen. So mochte leicht ein oder zweymal die Befehls- habung eines Gaues von Vater auf Sohn gehen; das drittemal ließ ſich das Gegentheil ſchon ſchwe- rer durchſetzen; endlich ward es zum Herkommen, den Sohn eines Grafen in Wiederbeſetzung des ihm anvertrauten Gaues nicht zu uͤbergehen. So war die Erblichkeit der graͤflichen Haͤuſer gemacht. Davon war eine natuͤrliche Folge, daß manIV. der L 3
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9) Henrich der V. 1106-1125.
was vorher nur in Lothringen und in den heuti-
gen Niederlanden uͤblich geweſen war, daß graͤf-
lichen Geſchlechtern ihr Erbrecht nicht mehr beſtrit-
ten werden konnte. Es kam zwar nicht dahin,
daß man ganze Gaue gerade zu in erbliche Ge-
ſchlechtsguͤter verwandelt haͤtte. Aber ein jeder
Graf hatte ordentlicher Weiſe ſo, wie ein jeder
Dynaſt, ſeinen Wohnſitz in einem Schloſſe, das
vielleicht von ihm oder ſeinen Vorfahren erbauet
war, und deſſen Zugehoͤre nicht bloß aus urſpruͤng-
lichen Lehnguͤtern beſtanden, die eigentlich von der
Krone den Befehlshabern zur Benutzung an ſtatt
ihrer Beſoldung angewieſen waren, ſondern auch
großentheils aus eigenthuͤmlichen Geſchlechtsguͤtern,
die ſich jetzt ſchwer von jenen abſondern ließen.
So mochte leicht ein oder zweymal die Befehls-
habung eines Gaues von Vater auf Sohn gehen;
das drittemal ließ ſich das Gegentheil ſchon ſchwe-
rer durchſetzen; endlich ward es zum Herkommen,
den Sohn eines Grafen in Wiederbeſetzung des
ihm anvertrauten Gaues nicht zu uͤbergehen. So
war die Erblichkeit der graͤflichen Haͤuſer gemacht.
Davon war eine natuͤrliche Folge, daß man
nicht mehr die Gaue nach ihren Namen, und die
ihnen vorgeſetzten Grafen nur perſoͤnlich mit ihren
Taufnamen Henrich, Wilhelm, Conrad u. ſ. w.
nannte. Sondern nun nannte man die Grafen,
wie die Dynaſten, nach den Schloͤſſern, worin ſie
ihren Wohnſitz hatten, z. B. Grafen von Wittgen-
ſtein, von Stollberg, von Tecklenburg u. ſ. w. Und
von eben dieſen Schloͤſſern bekamen die dazu ge-
hoͤrigen Gebiete als Dynaſtien oder Grafſchaften
ihre Namen; die ſich deswegen gemeiniglich mit
der
IV.
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