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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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9) Henrich der V. 1106-1125.
als diesen unter einander gebildet. So lange
Fürstenthümer unter mehreren Brüdern oder
Stammsvettern vertheilt zu werden pflegten, und
der Grafschaften so unzehlig viele waren, war
vors erste der Unterschied zwischen Fürsten und
Grafen und Herren bey weitem so groß nicht,
als er in der Folge geworden ist. Wenn die
Herzogthümer Baiern, Pommern, Mecklenburg,
u. s. w. oft unter vier, sechs und mehr Stämmen
vertheilet waren, und hingegen Hanau, Hohen-
lohe, Solms u. s. w. jedes nur einen Herrn hat-
te; so konnte der Abstand zwischen diesen und
jenen so groß nicht seyn. Oder wenn man das
Gewicht der Stände für ganz Teutschland in An-
schlag brachte, so konnte die übergroße Anzahl
Grafen gegen die weit mindere Anzahl Fürsten
leicht ein gewisses Gegengewicht halten. Aber
auch bey so gar vielen Theilen, worin ganz
Teutschland unter so vielen Fürsten und Grafen
zerstückelt war, konnte die kaiserliche Macht leicht
noch immer ein gewisses Uebergewicht behaupten,
das hingegen zusehends in eben dem Verhältnisse
abnehmen mußte, wie nach und nach mehrere
Länder einigen wenigeren Häusern zu Theil wur-
den, und diese durch das Recht der Erstgebuhrt
und andere Mittel sich noch mehr zu vergrößeren
wußten.

Von den Wendischen Ländern habe ichXIV.
schon oben bemerklich gemacht, daß es da mit
der Landesherrschaft ursprünglich eine ganz andere
Bewandtniß gehabt hat, als mit dem Ursprunge
der Landeshoheit der übrigen Fürsten des Teut-

schen

9) Henrich der V. 1106-1125.
als dieſen unter einander gebildet. So lange
Fuͤrſtenthuͤmer unter mehreren Bruͤdern oder
Stammsvettern vertheilt zu werden pflegten, und
der Grafſchaften ſo unzehlig viele waren, war
vors erſte der Unterſchied zwiſchen Fuͤrſten und
Grafen und Herren bey weitem ſo groß nicht,
als er in der Folge geworden iſt. Wenn die
Herzogthuͤmer Baiern, Pommern, Mecklenburg,
u. ſ. w. oft unter vier, ſechs und mehr Staͤmmen
vertheilet waren, und hingegen Hanau, Hohen-
lohe, Solms u. ſ. w. jedes nur einen Herrn hat-
te; ſo konnte der Abſtand zwiſchen dieſen und
jenen ſo groß nicht ſeyn. Oder wenn man das
Gewicht der Staͤnde fuͤr ganz Teutſchland in An-
ſchlag brachte, ſo konnte die uͤbergroße Anzahl
Grafen gegen die weit mindere Anzahl Fuͤrſten
leicht ein gewiſſes Gegengewicht halten. Aber
auch bey ſo gar vielen Theilen, worin ganz
Teutſchland unter ſo vielen Fuͤrſten und Grafen
zerſtuͤckelt war, konnte die kaiſerliche Macht leicht
noch immer ein gewiſſes Uebergewicht behaupten,
das hingegen zuſehends in eben dem Verhaͤltniſſe
abnehmen mußte, wie nach und nach mehrere
Laͤnder einigen wenigeren Haͤuſern zu Theil wur-
den, und dieſe durch das Recht der Erſtgebuhrt
und andere Mittel ſich noch mehr zu vergroͤßeren
wußten.

Von den Wendiſchen Laͤndern habe ichXIV.
ſchon oben bemerklich gemacht, daß es da mit
der Landesherrſchaft urſpruͤnglich eine ganz andere
Bewandtniß gehabt hat, als mit dem Urſprunge
der Landeshoheit der uͤbrigen Fuͤrſten des Teut-

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[175/0209] 9) Henrich der V. 1106-1125. als dieſen unter einander gebildet. So lange Fuͤrſtenthuͤmer unter mehreren Bruͤdern oder Stammsvettern vertheilt zu werden pflegten, und der Grafſchaften ſo unzehlig viele waren, war vors erſte der Unterſchied zwiſchen Fuͤrſten und Grafen und Herren bey weitem ſo groß nicht, als er in der Folge geworden iſt. Wenn die Herzogthuͤmer Baiern, Pommern, Mecklenburg, u. ſ. w. oft unter vier, ſechs und mehr Staͤmmen vertheilet waren, und hingegen Hanau, Hohen- lohe, Solms u. ſ. w. jedes nur einen Herrn hat- te; ſo konnte der Abſtand zwiſchen dieſen und jenen ſo groß nicht ſeyn. Oder wenn man das Gewicht der Staͤnde fuͤr ganz Teutſchland in An- ſchlag brachte, ſo konnte die uͤbergroße Anzahl Grafen gegen die weit mindere Anzahl Fuͤrſten leicht ein gewiſſes Gegengewicht halten. Aber auch bey ſo gar vielen Theilen, worin ganz Teutſchland unter ſo vielen Fuͤrſten und Grafen zerſtuͤckelt war, konnte die kaiſerliche Macht leicht noch immer ein gewiſſes Uebergewicht behaupten, das hingegen zuſehends in eben dem Verhaͤltniſſe abnehmen mußte, wie nach und nach mehrere Laͤnder einigen wenigeren Haͤuſern zu Theil wur- den, und dieſe durch das Recht der Erſtgebuhrt und andere Mittel ſich noch mehr zu vergroͤßeren wußten. Von den Wendiſchen Laͤndern habe ich ſchon oben bemerklich gemacht, daß es da mit der Landesherrſchaft urſpruͤnglich eine ganz andere Bewandtniß gehabt hat, als mit dem Urſprunge der Landeshoheit der uͤbrigen Fuͤrſten des Teut- ſchen XIV.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/209>, abgerufen am 25.11.2024.