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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
Macht noch Zweifel erreget oder etwas in Weg
gelegt werden sollte. Sie giengen deswegen von
einer allgemeinen Reichsversammlung, die Ludewig
dieser Umstände wegen zu Frankfurt veranstaltet
hatte, noch erst bey Seite nach Rense, und schlos-
sen hier (1338. Jul. 15.) die so genannte Chur-
verein,
die seitdem bis auf den heutigen Tag eine
wichtige Grundfeste der churfürstlichen Vorrechte
geblieben ist. Sie erkannten, daß mit dem Betra-
gen des päbstlichen Stuhles und der Krone Frank-
reich in Ansehung des Kaiser Ludewigs sowohl das
ganze Reich, als insonderheit das churfürstliche
Collegium, jenes an seiner Unabhängigkeit, dieses
an seiner Wahlfreyheit, angegriffen sey. Sie ver-
einigten sich deswegen, zu Vertheidigung ihrer
churfürstlichen Rechte bey jeder Gelegenheit gemeine
Sache zu machen, und nach aller ihrer Macht
einander beyzustehen. Auch befestigten sie den
Hauptgrund ihrer collegialischen Verfassung damit,
daß sie sich ausdrücklich vereinbarten, die Mehr-
heit der Stimmen unter ihnen gelten zu laßen.
(Diese Churverein ist seitdem von Zeit zu Zeit er-
neuert, und verschiedentlich erweitert worden; in-
sonderheit noch zuletzt 1559., von welchem Jahre
sie noch jetzt zum Grunde gelegt wird, wie sie
noch 1745. und 1764. von allen und jeden Chur-
fürsten beschworen worden ist.)


V.

An der ersten Churverein nahm nur der Kö-
nig in Böhmen keinen Antheil, weil derselbe
damals selbst mit dem Kaiser Ludewig zerfallen,
und vielmehr mit der Krone Frankreich in eigner
Verbindung war. Es waren also nur die sechs
Churfürsten Mainz, Trier, Cölln, Pfalz, Sach-

sen,

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
Macht noch Zweifel erreget oder etwas in Weg
gelegt werden ſollte. Sie giengen deswegen von
einer allgemeinen Reichsverſammlung, die Ludewig
dieſer Umſtaͤnde wegen zu Frankfurt veranſtaltet
hatte, noch erſt bey Seite nach Renſe, und ſchloſ-
ſen hier (1338. Jul. 15.) die ſo genannte Chur-
verein,
die ſeitdem bis auf den heutigen Tag eine
wichtige Grundfeſte der churfuͤrſtlichen Vorrechte
geblieben iſt. Sie erkannten, daß mit dem Betra-
gen des paͤbſtlichen Stuhles und der Krone Frank-
reich in Anſehung des Kaiſer Ludewigs ſowohl das
ganze Reich, als inſonderheit das churfuͤrſtliche
Collegium, jenes an ſeiner Unabhaͤngigkeit, dieſes
an ſeiner Wahlfreyheit, angegriffen ſey. Sie ver-
einigten ſich deswegen, zu Vertheidigung ihrer
churfuͤrſtlichen Rechte bey jeder Gelegenheit gemeine
Sache zu machen, und nach aller ihrer Macht
einander beyzuſtehen. Auch befeſtigten ſie den
Hauptgrund ihrer collegialiſchen Verfaſſung damit,
daß ſie ſich ausdruͤcklich vereinbarten, die Mehr-
heit der Stimmen unter ihnen gelten zu laßen.
(Dieſe Churverein iſt ſeitdem von Zeit zu Zeit er-
neuert, und verſchiedentlich erweitert worden; in-
ſonderheit noch zuletzt 1559., von welchem Jahre
ſie noch jetzt zum Grunde gelegt wird, wie ſie
noch 1745. und 1764. von allen und jeden Chur-
fuͤrſten beſchworen worden iſt.)


V.

An der erſten Churverein nahm nur der Koͤ-
nig in Boͤhmen keinen Antheil, weil derſelbe
damals ſelbſt mit dem Kaiſer Ludewig zerfallen,
und vielmehr mit der Krone Frankreich in eigner
Verbindung war. Es waren alſo nur die ſechs
Churfuͤrſten Mainz, Trier, Coͤlln, Pfalz, Sach-

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[234/0268] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. Macht noch Zweifel erreget oder etwas in Weg gelegt werden ſollte. Sie giengen deswegen von einer allgemeinen Reichsverſammlung, die Ludewig dieſer Umſtaͤnde wegen zu Frankfurt veranſtaltet hatte, noch erſt bey Seite nach Renſe, und ſchloſ- ſen hier (1338. Jul. 15.) die ſo genannte Chur- verein, die ſeitdem bis auf den heutigen Tag eine wichtige Grundfeſte der churfuͤrſtlichen Vorrechte geblieben iſt. Sie erkannten, daß mit dem Betra- gen des paͤbſtlichen Stuhles und der Krone Frank- reich in Anſehung des Kaiſer Ludewigs ſowohl das ganze Reich, als inſonderheit das churfuͤrſtliche Collegium, jenes an ſeiner Unabhaͤngigkeit, dieſes an ſeiner Wahlfreyheit, angegriffen ſey. Sie ver- einigten ſich deswegen, zu Vertheidigung ihrer churfuͤrſtlichen Rechte bey jeder Gelegenheit gemeine Sache zu machen, und nach aller ihrer Macht einander beyzuſtehen. Auch befeſtigten ſie den Hauptgrund ihrer collegialiſchen Verfaſſung damit, daß ſie ſich ausdruͤcklich vereinbarten, die Mehr- heit der Stimmen unter ihnen gelten zu laßen. (Dieſe Churverein iſt ſeitdem von Zeit zu Zeit er- neuert, und verſchiedentlich erweitert worden; in- ſonderheit noch zuletzt 1559., von welchem Jahre ſie noch jetzt zum Grunde gelegt wird, wie ſie noch 1745. und 1764. von allen und jeden Chur- fuͤrſten beſchworen worden iſt.) An der erſten Churverein nahm nur der Koͤ- nig in Boͤhmen keinen Antheil, weil derſelbe damals ſelbſt mit dem Kaiſer Ludewig zerfallen, und vielmehr mit der Krone Frankreich in eigner Verbindung war. Es waren alſo nur die ſechs Churfuͤrſten Mainz, Trier, Coͤlln, Pfalz, Sach- ſen,

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/268>, abgerufen am 22.11.2024.