Die Hauptabsicht, die Carl der IV. bey Er-II. richtung dieses Grundgesetzes hatte, gieng unstrei- tig dahin, daß er die Anstände, die sich bisher in Ansehung der Churstimmen geäußert hatten, wie er sie bey seiner eignen Wahl noch erfahren hatte, zu heben suchte, um für die Zukunft die Kaiser- wahl, und alles, was damit in Verbindung stand, auf festern Fuß zu setzen. Alle bisherige Strei- tigkeiten mußten deswegen entschieden werden; und fürs künftige galt es darum, gewisse bestimmte Grundsätze für beständig festzusetzen. In beiden Rücksichten wurde für bekannt angenommen, daß nicht mehr und nicht weniger als sieben Chur- fürsten seyn könnten; daher in der goldenen Bulle die Anspielung auf die heilige Siebenzahl der sieben Säulen und sieben Leuchter nicht ver- gessen wurde. Auch nahm man für bekannt an, daß unter diesen sieben Churfürsten drey geistliche und vier weltliche zu verstehen wären.
Wegen der geistlichen Churfürsten war garIII. kein Zweifel, daß nur die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Cölln auf diese Ehre Anspruch machen könnten; denen insgesammt zugleich der Vorsitz vor den weltlichen Churfürsten zugestanden wurde. Unter den weltlichen behielt der König in Böh- men (so damals Carl der IV. selbst war,) vor allen übrigen den ersten Platz. Außer dem, was in der goldenen Bulle davon vorkam, mußte Chur- mainz sowohl über die Böhmische Churstimme, als über das damit verknüpfte Erzschenkenamt, jedoch so, daß der jedesmalige König von würklicher Aus- übung des Dienstes befreyet sey, noch eine besondere Urkunde ausstellen (g).
Die
(g)Gvdenvscod. diplom. tom. 3. p. 411.
3) Goldene Bulle 1356.
Die Hauptabſicht, die Carl der IV. bey Er-II. richtung dieſes Grundgeſetzes hatte, gieng unſtrei- tig dahin, daß er die Anſtaͤnde, die ſich bisher in Anſehung der Churſtimmen geaͤußert hatten, wie er ſie bey ſeiner eignen Wahl noch erfahren hatte, zu heben ſuchte, um fuͤr die Zukunft die Kaiſer- wahl, und alles, was damit in Verbindung ſtand, auf feſtern Fuß zu ſetzen. Alle bisherige Strei- tigkeiten mußten deswegen entſchieden werden; und fuͤrs kuͤnftige galt es darum, gewiſſe beſtimmte Grundſaͤtze fuͤr beſtaͤndig feſtzuſetzen. In beiden Ruͤckſichten wurde fuͤr bekannt angenommen, daß nicht mehr und nicht weniger als ſieben Chur- fuͤrſten ſeyn koͤnnten; daher in der goldenen Bulle die Anſpielung auf die heilige Siebenzahl der ſieben Saͤulen und ſieben Leuchter nicht ver- geſſen wurde. Auch nahm man fuͤr bekannt an, daß unter dieſen ſieben Churfuͤrſten drey geiſtliche und vier weltliche zu verſtehen waͤren.
Wegen der geiſtlichen Churfuͤrſten war garIII. kein Zweifel, daß nur die Erzbiſchoͤfe von Mainz, Trier und Coͤlln auf dieſe Ehre Anſpruch machen koͤnnten; denen insgeſammt zugleich der Vorſitz vor den weltlichen Churfuͤrſten zugeſtanden wurde. Unter den weltlichen behielt der Koͤnig in Boͤh- men (ſo damals Carl der IV. ſelbſt war,) vor allen uͤbrigen den erſten Platz. Außer dem, was in der goldenen Bulle davon vorkam, mußte Chur- mainz ſowohl uͤber die Boͤhmiſche Churſtimme, als uͤber das damit verknuͤpfte Erzſchenkenamt, jedoch ſo, daß der jedesmalige Koͤnig von wuͤrklicher Aus- uͤbung des Dienſtes befreyet ſey, noch eine beſondere Urkunde ausſtellen (g).
Die
(g)Gvdenvscod. diplom. tom. 3. p. 411.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0273"n="239"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">3) Goldene Bulle 1356.</hi></fw><lb/><p>Die Hauptabſicht, die Carl der <hirendition="#aq">IV.</hi> bey Er-<noteplace="right"><hirendition="#aq">II.</hi></note><lb/>
richtung dieſes Grundgeſetzes hatte, gieng unſtrei-<lb/>
tig dahin, daß er die Anſtaͤnde, die ſich bisher<lb/>
in Anſehung der Churſtimmen geaͤußert hatten, wie<lb/>
er ſie bey ſeiner eignen Wahl noch erfahren hatte,<lb/>
zu heben ſuchte, um fuͤr die Zukunft die Kaiſer-<lb/>
wahl, und alles, was damit in Verbindung ſtand,<lb/>
auf feſtern Fuß zu ſetzen. Alle bisherige Strei-<lb/>
tigkeiten mußten deswegen entſchieden werden; und<lb/>
fuͤrs kuͤnftige galt es darum, gewiſſe beſtimmte<lb/>
Grundſaͤtze fuͤr beſtaͤndig feſtzuſetzen. In beiden<lb/>
Ruͤckſichten wurde fuͤr bekannt angenommen, daß<lb/>
nicht mehr und nicht weniger als <hirendition="#fr">ſieben Chur-<lb/>
fuͤrſten</hi>ſeyn koͤnnten; daher in der goldenen<lb/>
Bulle die Anſpielung auf die heilige Siebenzahl<lb/>
der ſieben Saͤulen und ſieben Leuchter nicht ver-<lb/>
geſſen wurde. Auch nahm man fuͤr bekannt an,<lb/>
daß unter dieſen ſieben Churfuͤrſten drey geiſtliche<lb/>
und vier weltliche zu verſtehen waͤren.</p><lb/><p>Wegen der <hirendition="#fr">geiſtlichen Churfuͤrſten</hi> war gar<noteplace="right"><hirendition="#aq">III.</hi></note><lb/>
kein Zweifel, daß nur die Erzbiſchoͤfe von Mainz,<lb/>
Trier und Coͤlln auf dieſe Ehre Anſpruch machen<lb/>
koͤnnten; denen insgeſammt zugleich der Vorſitz<lb/>
vor den weltlichen Churfuͤrſten zugeſtanden wurde.<lb/>
Unter den <hirendition="#fr">weltlichen</hi> behielt der Koͤnig in <hirendition="#fr">Boͤh-<lb/>
men</hi> (ſo damals Carl der <hirendition="#aq">IV.</hi>ſelbſt war,) vor<lb/>
allen uͤbrigen den erſten Platz. Außer dem, was<lb/>
in der goldenen Bulle davon vorkam, mußte Chur-<lb/>
mainz ſowohl uͤber die Boͤhmiſche Churſtimme, als<lb/>
uͤber das damit verknuͤpfte Erzſchenkenamt, jedoch<lb/>ſo, daß der jedesmalige Koͤnig von wuͤrklicher Aus-<lb/>
uͤbung des Dienſtes befreyet ſey, noch eine beſondere<lb/>
Urkunde ausſtellen <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">Gvdenvs</hi></hi><hirendition="#i">cod. diplom.</hi> tom. 3. p.</hi> 411.</note>.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[239/0273]
3) Goldene Bulle 1356.
Die Hauptabſicht, die Carl der IV. bey Er-
richtung dieſes Grundgeſetzes hatte, gieng unſtrei-
tig dahin, daß er die Anſtaͤnde, die ſich bisher
in Anſehung der Churſtimmen geaͤußert hatten, wie
er ſie bey ſeiner eignen Wahl noch erfahren hatte,
zu heben ſuchte, um fuͤr die Zukunft die Kaiſer-
wahl, und alles, was damit in Verbindung ſtand,
auf feſtern Fuß zu ſetzen. Alle bisherige Strei-
tigkeiten mußten deswegen entſchieden werden; und
fuͤrs kuͤnftige galt es darum, gewiſſe beſtimmte
Grundſaͤtze fuͤr beſtaͤndig feſtzuſetzen. In beiden
Ruͤckſichten wurde fuͤr bekannt angenommen, daß
nicht mehr und nicht weniger als ſieben Chur-
fuͤrſten ſeyn koͤnnten; daher in der goldenen
Bulle die Anſpielung auf die heilige Siebenzahl
der ſieben Saͤulen und ſieben Leuchter nicht ver-
geſſen wurde. Auch nahm man fuͤr bekannt an,
daß unter dieſen ſieben Churfuͤrſten drey geiſtliche
und vier weltliche zu verſtehen waͤren.
II.
Wegen der geiſtlichen Churfuͤrſten war gar
kein Zweifel, daß nur die Erzbiſchoͤfe von Mainz,
Trier und Coͤlln auf dieſe Ehre Anſpruch machen
koͤnnten; denen insgeſammt zugleich der Vorſitz
vor den weltlichen Churfuͤrſten zugeſtanden wurde.
Unter den weltlichen behielt der Koͤnig in Boͤh-
men (ſo damals Carl der IV. ſelbſt war,) vor
allen uͤbrigen den erſten Platz. Außer dem, was
in der goldenen Bulle davon vorkam, mußte Chur-
mainz ſowohl uͤber die Boͤhmiſche Churſtimme, als
uͤber das damit verknuͤpfte Erzſchenkenamt, jedoch
ſo, daß der jedesmalige Koͤnig von wuͤrklicher Aus-
uͤbung des Dienſtes befreyet ſey, noch eine beſondere
Urkunde ausſtellen (g).
III.
Die
(g) Gvdenvs cod. diplom. tom. 3. p. 411.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/273>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.