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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Goldene Bulle 1356.

Den Rang der Churfürsten unter einanderXIV.
nimmt die goldene Bulle in folgender Ordnung
als bekannt an: Mainz, Trier, Cölln, Böhmen,
Pfalz, Sachsen, Brandenburg. In eben dieser
Reihe sollen sie auch nach einander ihre Stimmen
ablegen, außer daß Mainz, nachdem es die übri-
gen Stimmen erst aufgefordert, die seinige zuletzt
geben soll; wie das auch noch heutiges Tages
üblich ist. Ueber die Plätze aber, wo bey Anwesen-
heit des Kaisers sich ein jeder setzen sollte, war ein
Streit unter den geistlichen Churfürsten, den die
goldene Bulle so beylegt, daß Churtrier allemal
dem Kaiser gegen über sitzen soll, von Mainz und
Cölln aber immer derjenige dem Kaiser zur Rech-
ten, in dessen Dioeces oder Erzcanzlers-Gebiete
der Kaiser sich eben aufhält, der andere zur Lin-
ken. Dann sollten ferner zur Rechten des Kaisers
Churböhmen und Churpfalz, zur Linken Chursach-
sen und Churbrandenburg sitzen. Von dieser Vor-
schrift rührt noch bis auf den heutigen Tag eine
zweyfache Einrichtung her, wie die Churfürsten
entweder nach der Reihe (secundum lineam) oder
nach beiden Seiten (secundum latera) ihren Sitz
nehmen. In Processionen geht immer unmittelbar
nach dem Kaiser Churböhmen, an beiden Seiten
des Kaisers Mainz und Cölln, unmittelbar vor ihm
Churtrier, und vor demselben die übrigen Chur-
fürsten Paarweise. Nur wenn die Insignien vor-
getragen werden, geht Churtrier ganz voran, und
unmittelbar vor dem Kaiser der Erzmarschall oder
Erbmarschall mit dem Schwerdte.

Die Dienstverrichtungen, wie sie bey feier-XV.
lichen kaiserlichen Hoflagern geschehen sollen, wer-

den,
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3) Goldene Bulle 1356.

Den Rang der Churfuͤrſten unter einanderXIV.
nimmt die goldene Bulle in folgender Ordnung
als bekannt an: Mainz, Trier, Coͤlln, Boͤhmen,
Pfalz, Sachſen, Brandenburg. In eben dieſer
Reihe ſollen ſie auch nach einander ihre Stimmen
ablegen, außer daß Mainz, nachdem es die uͤbri-
gen Stimmen erſt aufgefordert, die ſeinige zuletzt
geben ſoll; wie das auch noch heutiges Tages
uͤblich iſt. Ueber die Plaͤtze aber, wo bey Anweſen-
heit des Kaiſers ſich ein jeder ſetzen ſollte, war ein
Streit unter den geiſtlichen Churfuͤrſten, den die
goldene Bulle ſo beylegt, daß Churtrier allemal
dem Kaiſer gegen uͤber ſitzen ſoll, von Mainz und
Coͤlln aber immer derjenige dem Kaiſer zur Rech-
ten, in deſſen Dioeces oder Erzcanzlers-Gebiete
der Kaiſer ſich eben aufhaͤlt, der andere zur Lin-
ken. Dann ſollten ferner zur Rechten des Kaiſers
Churboͤhmen und Churpfalz, zur Linken Churſach-
ſen und Churbrandenburg ſitzen. Von dieſer Vor-
ſchrift ruͤhrt noch bis auf den heutigen Tag eine
zweyfache Einrichtung her, wie die Churfuͤrſten
entweder nach der Reihe (ſecundum lineam) oder
nach beiden Seiten (ſecundum latera) ihren Sitz
nehmen. In Proceſſionen geht immer unmittelbar
nach dem Kaiſer Churboͤhmen, an beiden Seiten
des Kaiſers Mainz und Coͤlln, unmittelbar vor ihm
Churtrier, und vor demſelben die uͤbrigen Chur-
fuͤrſten Paarweiſe. Nur wenn die Inſignien vor-
getragen werden, geht Churtrier ganz voran, und
unmittelbar vor dem Kaiſer der Erzmarſchall oder
Erbmarſchall mit dem Schwerdte.

Die Dienſtverrichtungen, wie ſie bey feier-XV.
lichen kaiſerlichen Hoflagern geſchehen ſollen, wer-

den,
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[249/0283] 3) Goldene Bulle 1356. Den Rang der Churfuͤrſten unter einander nimmt die goldene Bulle in folgender Ordnung als bekannt an: Mainz, Trier, Coͤlln, Boͤhmen, Pfalz, Sachſen, Brandenburg. In eben dieſer Reihe ſollen ſie auch nach einander ihre Stimmen ablegen, außer daß Mainz, nachdem es die uͤbri- gen Stimmen erſt aufgefordert, die ſeinige zuletzt geben ſoll; wie das auch noch heutiges Tages uͤblich iſt. Ueber die Plaͤtze aber, wo bey Anweſen- heit des Kaiſers ſich ein jeder ſetzen ſollte, war ein Streit unter den geiſtlichen Churfuͤrſten, den die goldene Bulle ſo beylegt, daß Churtrier allemal dem Kaiſer gegen uͤber ſitzen ſoll, von Mainz und Coͤlln aber immer derjenige dem Kaiſer zur Rech- ten, in deſſen Dioeces oder Erzcanzlers-Gebiete der Kaiſer ſich eben aufhaͤlt, der andere zur Lin- ken. Dann ſollten ferner zur Rechten des Kaiſers Churboͤhmen und Churpfalz, zur Linken Churſach- ſen und Churbrandenburg ſitzen. Von dieſer Vor- ſchrift ruͤhrt noch bis auf den heutigen Tag eine zweyfache Einrichtung her, wie die Churfuͤrſten entweder nach der Reihe (ſecundum lineam) oder nach beiden Seiten (ſecundum latera) ihren Sitz nehmen. In Proceſſionen geht immer unmittelbar nach dem Kaiſer Churboͤhmen, an beiden Seiten des Kaiſers Mainz und Coͤlln, unmittelbar vor ihm Churtrier, und vor demſelben die uͤbrigen Chur- fuͤrſten Paarweiſe. Nur wenn die Inſignien vor- getragen werden, geht Churtrier ganz voran, und unmittelbar vor dem Kaiſer der Erzmarſchall oder Erbmarſchall mit dem Schwerdte. XIV. Die Dienſtverrichtungen, wie ſie bey feier- lichen kaiſerlichen Hoflagern geſchehen ſollen, wer- den, XV. Q 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/283>, abgerufen am 20.05.2024.