den immer häufiger einträgliche Cammergüter und Rechte verpfändet oder sonst veräußert; so, daß am Ende, so zahlreich und ergiebig sie vorher ge- wesen waren, schon im XIV. Jahrhunderte wenig mehr davon übrig blieb.
III.
Davon zeigte sich bald eine Wirkung, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, und immer wesentlicher geworden ist. An statt daß sonst ein Kaiser von seinen Cammergütern und Einkünften überflüssig zu leben hatte, und, wenn er vorher Herzog gewesen war, nach seiner Thronbesteigung das Herzogthum meist abzugeben pflegte, so wa- ren jetzt schon die Umstände so, daß man nicht wohl einen Kaiser wehlen konnte, der nicht eigne Erblande hatte, um aus selbigen zu ersetzen, was die Kaiserwürde zu ihrer eignen Unterhaltung nicht mehr hinlänglich abwarf.
IV.
So war es auch ganz natürlich, daß die ehe- malige Wandelbarkeit des kaiserlichen Hoflagers unvermerkt aufhörte, da der Kaiser nicht mehr über- all solche Cammergüter fand, wie ehedem ganz Teutschland voll davon gewesen war. Schon bey Ludewig von Baiern ward es merklich, daß er sich großentheils in München aufhielt, und noch mehr bey Carl dem IV., daß man Prag als seine eigent- liche Residenz ansehen konnte; wie seitdem immer seltener die Kaiser die Residenz, die ein jeder nun in seinem Erblande hatte, verließ, um etwa einer Reichsversammlung oder einem Reichsfeldzuge bey- zuwohnen. Ganz natürlich war es aber auch, daß unter solchen Umständen einem Kaiser meist seine Erblande noch näher am Herzen lagen, als die
Regie-
III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
den immer haͤufiger eintraͤgliche Cammerguͤter und Rechte verpfaͤndet oder ſonſt veraͤußert; ſo, daß am Ende, ſo zahlreich und ergiebig ſie vorher ge- weſen waren, ſchon im XIV. Jahrhunderte wenig mehr davon uͤbrig blieb.
III.
Davon zeigte ſich bald eine Wirkung, die ſich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, und immer weſentlicher geworden iſt. An ſtatt daß ſonſt ein Kaiſer von ſeinen Cammerguͤtern und Einkuͤnften uͤberfluͤſſig zu leben hatte, und, wenn er vorher Herzog geweſen war, nach ſeiner Thronbeſteigung das Herzogthum meiſt abzugeben pflegte, ſo wa- ren jetzt ſchon die Umſtaͤnde ſo, daß man nicht wohl einen Kaiſer wehlen konnte, der nicht eigne Erblande hatte, um aus ſelbigen zu erſetzen, was die Kaiſerwuͤrde zu ihrer eignen Unterhaltung nicht mehr hinlaͤnglich abwarf.
IV.
So war es auch ganz natuͤrlich, daß die ehe- malige Wandelbarkeit des kaiſerlichen Hoflagers unvermerkt aufhoͤrte, da der Kaiſer nicht mehr uͤber- all ſolche Cammerguͤter fand, wie ehedem ganz Teutſchland voll davon geweſen war. Schon bey Ludewig von Baiern ward es merklich, daß er ſich großentheils in Muͤnchen aufhielt, und noch mehr bey Carl dem IV., daß man Prag als ſeine eigent- liche Reſidenz anſehen konnte; wie ſeitdem immer ſeltener die Kaiſer die Reſidenz, die ein jeder nun in ſeinem Erblande hatte, verließ, um etwa einer Reichsverſammlung oder einem Reichsfeldzuge bey- zuwohnen. Ganz natuͤrlich war es aber auch, daß unter ſolchen Umſtaͤnden einem Kaiſer meiſt ſeine Erblande noch naͤher am Herzen lagen, als die
Regie-
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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
den immer haͤufiger eintraͤgliche Cammerguͤter und
Rechte verpfaͤndet oder ſonſt veraͤußert; ſo, daß
am Ende, ſo zahlreich und ergiebig ſie vorher ge-
weſen waren, ſchon im XIV. Jahrhunderte wenig
mehr davon uͤbrig blieb.
Davon zeigte ſich bald eine Wirkung, die ſich
bis auf den heutigen Tag erhalten hat, und immer
weſentlicher geworden iſt. An ſtatt daß ſonſt ein
Kaiſer von ſeinen Cammerguͤtern und Einkuͤnften
uͤberfluͤſſig zu leben hatte, und, wenn er vorher
Herzog geweſen war, nach ſeiner Thronbeſteigung
das Herzogthum meiſt abzugeben pflegte, ſo wa-
ren jetzt ſchon die Umſtaͤnde ſo, daß man nicht
wohl einen Kaiſer wehlen konnte, der nicht eigne
Erblande hatte, um aus ſelbigen zu erſetzen, was
die Kaiſerwuͤrde zu ihrer eignen Unterhaltung nicht
mehr hinlaͤnglich abwarf.
So war es auch ganz natuͤrlich, daß die ehe-
malige Wandelbarkeit des kaiſerlichen Hoflagers
unvermerkt aufhoͤrte, da der Kaiſer nicht mehr uͤber-
all ſolche Cammerguͤter fand, wie ehedem ganz
Teutſchland voll davon geweſen war. Schon bey
Ludewig von Baiern ward es merklich, daß er ſich
großentheils in Muͤnchen aufhielt, und noch mehr
bey Carl dem IV., daß man Prag als ſeine eigent-
liche Reſidenz anſehen konnte; wie ſeitdem immer
ſeltener die Kaiſer die Reſidenz, die ein jeder nun
in ſeinem Erblande hatte, verließ, um etwa einer
Reichsverſammlung oder einem Reichsfeldzuge bey-
zuwohnen. Ganz natuͤrlich war es aber auch, daß
unter ſolchen Umſtaͤnden einem Kaiſer meiſt ſeine
Erblande noch naͤher am Herzen lagen, als die
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/298>, abgerufen am 22.11.2024.
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