Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

1) Landfriede, Cammergericht etc.
Ritterschaft genommen werden, zur anderen Hälfte
sollten es der Rechten gewürdigte (beider Rechte
Doctoren oder Licentiaten) seyn. So schien schon
das Cammergericht die Einrichtung zu bekommen,
die noch jetzt bey vielen Gerichten ist, daß zwey
Bänke, die adeliche und gelehrte Bank, von ein-
ander unterschieden sind. Hier hat man sich aber
im Erfolge begnügen müßen, wenn nur ein jeder
Assessor entweder von gutem Adel, oder Doctor ist.
In beiden Fällen werden doch von einem jeden
gleiche Studien erfordert, insonderheit die nöthigen
Kenntnisse des Römischen Rechts, und aller übri-
gen in Teutschland geltenden gemeinen Rechte.

Bey der ersten Errichtung des CammergerichtsVII.
machte es nicht geringe Schwierigkeit, eine Anzahl
Männer, die hierzu tüchtig waren, und sich dazu
verstehen mochten, zu finden. Man kiesete sie gleich
damals auf dem Reichstage, konnte aber an statt
sechzehn, worauf man die Anzahl in der Cammer-
gerichtsordnung bestimmt hatte, nur zehn zusam-
menbringen. Bald hernach wurde die ganze An-
zahl den Churfürsten, den kaiserlichen Erblanden
und den übrigen in sechs Kreise vertheilten Stän-
den zur Präsentation zugetheilt, um auf gleiche
Art, wie bey Präsentationen zu Pfründen und
geistlichen Stellen, Männer zu diesem Posten vor-
zuschlagen. Durch dieses Mittel konnte man hoffen,
Männer aus allen Gegenden des Teutschen Reichs
zu bekommen, die der verschiedenen Rechte kundig
seyn würden, deren Mannigfaltigkeit in Teutsch-
land beynahe so groß, als die Zahl der besonderen
Staaten ist, woraus das Teutsche Reich bestehet,
über die doch das Cammergericht zur höchsten In-

stanz
U 4

1) Landfriede, Cammergericht ꝛc.
Ritterſchaft genommen werden, zur anderen Haͤlfte
ſollten es der Rechten gewuͤrdigte (beider Rechte
Doctoren oder Licentiaten) ſeyn. So ſchien ſchon
das Cammergericht die Einrichtung zu bekommen,
die noch jetzt bey vielen Gerichten iſt, daß zwey
Baͤnke, die adeliche und gelehrte Bank, von ein-
ander unterſchieden ſind. Hier hat man ſich aber
im Erfolge begnuͤgen muͤßen, wenn nur ein jeder
Aſſeſſor entweder von gutem Adel, oder Doctor iſt.
In beiden Faͤllen werden doch von einem jeden
gleiche Studien erfordert, inſonderheit die noͤthigen
Kenntniſſe des Roͤmiſchen Rechts, und aller uͤbri-
gen in Teutſchland geltenden gemeinen Rechte.

Bey der erſten Errichtung des CammergerichtsVII.
machte es nicht geringe Schwierigkeit, eine Anzahl
Maͤnner, die hierzu tuͤchtig waren, und ſich dazu
verſtehen mochten, zu finden. Man kieſete ſie gleich
damals auf dem Reichstage, konnte aber an ſtatt
ſechzehn, worauf man die Anzahl in der Cammer-
gerichtsordnung beſtimmt hatte, nur zehn zuſam-
menbringen. Bald hernach wurde die ganze An-
zahl den Churfuͤrſten, den kaiſerlichen Erblanden
und den uͤbrigen in ſechs Kreiſe vertheilten Staͤn-
den zur Praͤſentation zugetheilt, um auf gleiche
Art, wie bey Praͤſentationen zu Pfruͤnden und
geiſtlichen Stellen, Maͤnner zu dieſem Poſten vor-
zuſchlagen. Durch dieſes Mittel konnte man hoffen,
Maͤnner aus allen Gegenden des Teutſchen Reichs
zu bekommen, die der verſchiedenen Rechte kundig
ſeyn wuͤrden, deren Mannigfaltigkeit in Teutſch-
land beynahe ſo groß, als die Zahl der beſonderen
Staaten iſt, woraus das Teutſche Reich beſtehet,
uͤber die doch das Cammergericht zur hoͤchſten In-

ſtanz
U 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0345" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1) Landfriede, Cammergericht &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Ritter&#x017F;chaft genommen werden, zur anderen Ha&#x0364;lfte<lb/>
&#x017F;ollten es der Rechten gewu&#x0364;rdigte (beider Rechte<lb/>
Doctoren oder Licentiaten) &#x017F;eyn. So &#x017F;chien &#x017F;chon<lb/>
das Cammergericht die Einrichtung zu bekommen,<lb/>
die noch jetzt bey vielen Gerichten i&#x017F;t, daß zwey<lb/>
Ba&#x0364;nke, die adeliche und gelehrte Bank, von ein-<lb/>
ander unter&#x017F;chieden &#x017F;ind. Hier hat man &#x017F;ich aber<lb/>
im Erfolge begnu&#x0364;gen mu&#x0364;ßen, wenn nur ein jeder<lb/>
A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;or entweder von gutem Adel, oder Doctor i&#x017F;t.<lb/>
In beiden Fa&#x0364;llen werden doch von einem jeden<lb/>
gleiche Studien erfordert, in&#x017F;onderheit die no&#x0364;thigen<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechts, und aller u&#x0364;bri-<lb/>
gen in Teut&#x017F;chland geltenden gemeinen Rechte.</p><lb/>
          <p>Bey der er&#x017F;ten Errichtung des Cammergerichts<note place="right"><hi rendition="#aq">VII.</hi></note><lb/>
machte es nicht geringe Schwierigkeit, eine Anzahl<lb/>
Ma&#x0364;nner, die hierzu tu&#x0364;chtig waren, und &#x017F;ich dazu<lb/>
ver&#x017F;tehen mochten, zu finden. Man kie&#x017F;ete &#x017F;ie gleich<lb/>
damals auf dem Reichstage, konnte aber an &#x017F;tatt<lb/>
&#x017F;echzehn, worauf man die Anzahl in der Cammer-<lb/>
gerichtsordnung be&#x017F;timmt hatte, nur zehn zu&#x017F;am-<lb/>
menbringen. Bald hernach wurde die ganze An-<lb/>
zahl den Churfu&#x0364;r&#x017F;ten, den kai&#x017F;erlichen Erblanden<lb/>
und den u&#x0364;brigen in &#x017F;echs Krei&#x017F;e vertheilten Sta&#x0364;n-<lb/>
den zur <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;entation</hi> zugetheilt, um auf gleiche<lb/>
Art, wie bey Pra&#x0364;&#x017F;entationen zu Pfru&#x0364;nden und<lb/>
gei&#x017F;tlichen Stellen, Ma&#x0364;nner zu die&#x017F;em Po&#x017F;ten vor-<lb/>
zu&#x017F;chlagen. Durch die&#x017F;es Mittel konnte man hoffen,<lb/>
Ma&#x0364;nner aus allen Gegenden des Teut&#x017F;chen Reichs<lb/>
zu bekommen, die der ver&#x017F;chiedenen Rechte kundig<lb/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rden, deren Mannigfaltigkeit in Teut&#x017F;ch-<lb/>
land beynahe &#x017F;o groß, als die Zahl der be&#x017F;onderen<lb/>
Staaten i&#x017F;t, woraus das Teut&#x017F;che Reich be&#x017F;tehet,<lb/>
u&#x0364;ber die doch das Cammergericht zur ho&#x0364;ch&#x017F;ten In-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tanz</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0345] 1) Landfriede, Cammergericht ꝛc. Ritterſchaft genommen werden, zur anderen Haͤlfte ſollten es der Rechten gewuͤrdigte (beider Rechte Doctoren oder Licentiaten) ſeyn. So ſchien ſchon das Cammergericht die Einrichtung zu bekommen, die noch jetzt bey vielen Gerichten iſt, daß zwey Baͤnke, die adeliche und gelehrte Bank, von ein- ander unterſchieden ſind. Hier hat man ſich aber im Erfolge begnuͤgen muͤßen, wenn nur ein jeder Aſſeſſor entweder von gutem Adel, oder Doctor iſt. In beiden Faͤllen werden doch von einem jeden gleiche Studien erfordert, inſonderheit die noͤthigen Kenntniſſe des Roͤmiſchen Rechts, und aller uͤbri- gen in Teutſchland geltenden gemeinen Rechte. Bey der erſten Errichtung des Cammergerichts machte es nicht geringe Schwierigkeit, eine Anzahl Maͤnner, die hierzu tuͤchtig waren, und ſich dazu verſtehen mochten, zu finden. Man kieſete ſie gleich damals auf dem Reichstage, konnte aber an ſtatt ſechzehn, worauf man die Anzahl in der Cammer- gerichtsordnung beſtimmt hatte, nur zehn zuſam- menbringen. Bald hernach wurde die ganze An- zahl den Churfuͤrſten, den kaiſerlichen Erblanden und den uͤbrigen in ſechs Kreiſe vertheilten Staͤn- den zur Praͤſentation zugetheilt, um auf gleiche Art, wie bey Praͤſentationen zu Pfruͤnden und geiſtlichen Stellen, Maͤnner zu dieſem Poſten vor- zuſchlagen. Durch dieſes Mittel konnte man hoffen, Maͤnner aus allen Gegenden des Teutſchen Reichs zu bekommen, die der verſchiedenen Rechte kundig ſeyn wuͤrden, deren Mannigfaltigkeit in Teutſch- land beynahe ſo groß, als die Zahl der beſonderen Staaten iſt, woraus das Teutſche Reich beſtehet, uͤber die doch das Cammergericht zur hoͤchſten In- ſtanz VII. U 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/345
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/345>, abgerufen am 22.11.2024.