Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
1) Landfriede, Cammergericht etc.

Die Berechnung hierüber ist jetzt so eingerich-IX.
tet, daß alle Jahre ein gedrucktes Verzeichniß,
was ein jeder Reichsstand bezahlet hat oder noch
rückständig ist, nebst einer Berechnung der Aus-
gabe, an den Reichstag eingeschickt wird. Da-
mals glaubte man aber, daß die Berechnung nicht
wohl anders als an dem Orte des Cammergerichts
selbst geschehen könnte. Man besann sich auch,
daß es bey einem Gerichte, das an Ort und Stelle
keine Oberen hatte, an Mängeln und Gebrechen
nicht fehlen dürfte, wegen deren es nicht übel seyn
möchte, wenn von Zeit zu Zeit von Kaiser und
Reichs wegen Männer hingeschickt würden, um
darüber Einsehen thun zu können. Man beschloß
also schon im Jahre 1507., daß alle Jahre eine
Commission von Kaiser und Reich sich am Cammer-
gerichte einfinden sollte, um sowohl vorgefallene
Gebrechen und Nothdurft des Gerichts zu verhören
und nach Befinden darüber zu verfügen, als Rech-
nung zu empfangen. Das war der erste An-
fang der Visitation des Cammergerichts, die seit-
dem noch manche Bestimmungen erhalten hat, und
noch immer ein wichtiger Gegenstand der Teutschen
Reichsverfassung ist.

Was bey Errichtung des Cammergerichts undX.
Landfriedens einem jeden, der darüber nachdenkt,
am meisten auffallen muß, ist dieses, daß man so
wenig dabey bedacht war, zur Hülfsvollstreckung
dessen, was am Cammergerichte erkannt werden,
oder zu Unterstützung des Landfriedens erforderlich
seyn möchte, die nöthigen zweckmäßigen Anstalten
zu treffen. An das, was jetzt deshalb durch die
Kreisverfassung ausgerichtet wird, und was schon

mehr-
U 5
1) Landfriede, Cammergericht ꝛc.

Die Berechnung hieruͤber iſt jetzt ſo eingerich-IX.
tet, daß alle Jahre ein gedrucktes Verzeichniß,
was ein jeder Reichsſtand bezahlet hat oder noch
ruͤckſtaͤndig iſt, nebſt einer Berechnung der Aus-
gabe, an den Reichstag eingeſchickt wird. Da-
mals glaubte man aber, daß die Berechnung nicht
wohl anders als an dem Orte des Cammergerichts
ſelbſt geſchehen koͤnnte. Man beſann ſich auch,
daß es bey einem Gerichte, das an Ort und Stelle
keine Oberen hatte, an Maͤngeln und Gebrechen
nicht fehlen duͤrfte, wegen deren es nicht uͤbel ſeyn
moͤchte, wenn von Zeit zu Zeit von Kaiſer und
Reichs wegen Maͤnner hingeſchickt wuͤrden, um
daruͤber Einſehen thun zu koͤnnen. Man beſchloß
alſo ſchon im Jahre 1507., daß alle Jahre eine
Commiſſion von Kaiſer und Reich ſich am Cammer-
gerichte einfinden ſollte, um ſowohl vorgefallene
Gebrechen und Nothdurft des Gerichts zu verhoͤren
und nach Befinden daruͤber zu verfuͤgen, als Rech-
nung zu empfangen. Das war der erſte An-
fang der Viſitation des Cammergerichts, die ſeit-
dem noch manche Beſtimmungen erhalten hat, und
noch immer ein wichtiger Gegenſtand der Teutſchen
Reichsverfaſſung iſt.

Was bey Errichtung des Cammergerichts undX.
Landfriedens einem jeden, der daruͤber nachdenkt,
am meiſten auffallen muß, iſt dieſes, daß man ſo
wenig dabey bedacht war, zur Huͤlfsvollſtreckung
deſſen, was am Cammergerichte erkannt werden,
oder zu Unterſtuͤtzung des Landfriedens erforderlich
ſeyn moͤchte, die noͤthigen zweckmaͤßigen Anſtalten
zu treffen. An das, was jetzt deshalb durch die
Kreisverfaſſung ausgerichtet wird, und was ſchon

mehr-
U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0347" n="313"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">1) Landfriede, Cammergericht &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
          <p>Die Berechnung hieru&#x0364;ber i&#x017F;t jetzt &#x017F;o eingerich-<note place="right"><hi rendition="#aq">IX.</hi></note><lb/>
tet, daß alle Jahre ein gedrucktes Verzeichniß,<lb/>
was ein jeder Reichs&#x017F;tand bezahlet hat oder noch<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndig i&#x017F;t, neb&#x017F;t einer Berechnung der Aus-<lb/>
gabe, an den Reichstag einge&#x017F;chickt wird. Da-<lb/>
mals glaubte man aber, daß die Berechnung nicht<lb/>
wohl anders als an dem Orte des Cammergerichts<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnte. Man be&#x017F;ann &#x017F;ich auch,<lb/>
daß es bey einem Gerichte, das an Ort und Stelle<lb/>
keine Oberen hatte, an Ma&#x0364;ngeln und Gebrechen<lb/>
nicht fehlen du&#x0364;rfte, wegen deren es nicht u&#x0364;bel &#x017F;eyn<lb/>
mo&#x0364;chte, wenn von Zeit zu Zeit von Kai&#x017F;er und<lb/>
Reichs wegen Ma&#x0364;nner hinge&#x017F;chickt wu&#x0364;rden, um<lb/>
daru&#x0364;ber Ein&#x017F;ehen thun zu ko&#x0364;nnen. Man be&#x017F;chloß<lb/>
al&#x017F;o &#x017F;chon im Jahre 1507., daß alle Jahre eine<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;ion von Kai&#x017F;er und Reich &#x017F;ich am Cammer-<lb/>
gerichte einfinden &#x017F;ollte, um &#x017F;owohl vorgefallene<lb/>
Gebrechen und Nothdurft des Gerichts zu verho&#x0364;ren<lb/>
und nach Befinden daru&#x0364;ber zu verfu&#x0364;gen, als Rech-<lb/>
nung zu empfangen. Das war der er&#x017F;te An-<lb/>
fang der <hi rendition="#fr">Vi&#x017F;itation</hi> des Cammergerichts, die &#x017F;eit-<lb/>
dem noch manche Be&#x017F;timmungen erhalten hat, und<lb/>
noch immer ein wichtiger Gegen&#x017F;tand der Teut&#x017F;chen<lb/>
Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Was bey Errichtung des Cammergerichts und<note place="right"><hi rendition="#aq">X.</hi></note><lb/>
Landfriedens einem jeden, der daru&#x0364;ber nachdenkt,<lb/>
am mei&#x017F;ten auffallen muß, i&#x017F;t die&#x017F;es, daß man &#x017F;o<lb/>
wenig dabey bedacht war, zur <hi rendition="#fr">Hu&#x0364;lfsvoll&#x017F;treckung</hi><lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, was am Cammergerichte erkannt werden,<lb/>
oder zu Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung des Landfriedens erforderlich<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;chte, die no&#x0364;thigen zweckma&#x0364;ßigen An&#x017F;talten<lb/>
zu treffen. An das, was jetzt deshalb durch die<lb/>
Kreisverfa&#x017F;&#x017F;ung ausgerichtet wird, und was &#x017F;chon<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mehr-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0347] 1) Landfriede, Cammergericht ꝛc. Die Berechnung hieruͤber iſt jetzt ſo eingerich- tet, daß alle Jahre ein gedrucktes Verzeichniß, was ein jeder Reichsſtand bezahlet hat oder noch ruͤckſtaͤndig iſt, nebſt einer Berechnung der Aus- gabe, an den Reichstag eingeſchickt wird. Da- mals glaubte man aber, daß die Berechnung nicht wohl anders als an dem Orte des Cammergerichts ſelbſt geſchehen koͤnnte. Man beſann ſich auch, daß es bey einem Gerichte, das an Ort und Stelle keine Oberen hatte, an Maͤngeln und Gebrechen nicht fehlen duͤrfte, wegen deren es nicht uͤbel ſeyn moͤchte, wenn von Zeit zu Zeit von Kaiſer und Reichs wegen Maͤnner hingeſchickt wuͤrden, um daruͤber Einſehen thun zu koͤnnen. Man beſchloß alſo ſchon im Jahre 1507., daß alle Jahre eine Commiſſion von Kaiſer und Reich ſich am Cammer- gerichte einfinden ſollte, um ſowohl vorgefallene Gebrechen und Nothdurft des Gerichts zu verhoͤren und nach Befinden daruͤber zu verfuͤgen, als Rech- nung zu empfangen. Das war der erſte An- fang der Viſitation des Cammergerichts, die ſeit- dem noch manche Beſtimmungen erhalten hat, und noch immer ein wichtiger Gegenſtand der Teutſchen Reichsverfaſſung iſt. IX. Was bey Errichtung des Cammergerichts und Landfriedens einem jeden, der daruͤber nachdenkt, am meiſten auffallen muß, iſt dieſes, daß man ſo wenig dabey bedacht war, zur Huͤlfsvollſtreckung deſſen, was am Cammergerichte erkannt werden, oder zu Unterſtuͤtzung des Landfriedens erforderlich ſeyn moͤchte, die noͤthigen zweckmaͤßigen Anſtalten zu treffen. An das, was jetzt deshalb durch die Kreisverfaſſung ausgerichtet wird, und was ſchon mehr- X. U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/347
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/347>, abgerufen am 22.11.2024.