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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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2) D. Luther bis 1525.
und selbst auf den Zustand von ganz Europa, als der
Fortgang der Bewegungen, die nun einmal über den
päbstlichen Ablaß in der Kirche entstanden waren.

Fast um eben die Zeit, als Luther zu Witten-II.
berg diesen Mißbrauch zu bestreiten angefangen
hatte, war auch Ulrich Zwingli zu Zürch dawider
aufgetreten, und noch um manchen Schritt weiter,
als Luther, gegangen, um noch mehrere damalige
Mißbräuche in der Kirche zu rügen. Luther selbst
hatte über eine andere gelehrte Streitigkeit, worin
er unabhängig von dem Streite mit Tetzel, schon
vorher mit einem Doctor Eck von Ingolstadt ge-
rathen war, mit diesem seinem Gegner nach des
Kaiser Maxens Tode noch einen gelehrten Kampf
in einer persönlich von beiden zu Leipzig gehaltenen
Disputation übernehmen müßen, wo doch schon
manches sich hinein verflocht, was in jene Strei-
tigkeit über den Ablaß Einfluß hatte, und inson-
derheit die Gränzen der päbstlichen Gewalt zur
nähern Prüfung stellte. Auch fuhr er fort, in
einer jedem faßlichen Schreibart in Teutscher Spra-
che über einzelne Stücke der Bibel, als insonder-
heit über den Brief an die Galater, zu schreiben,
und immer nur den eigentlichen Kern des Christen-
thums einem jeden ans Herz zu legen. Noch
bekam er vorzüglich an seinem Collegen, Philipp
Melanchthon, einen Gehülfen, der, was Luthers
Muth und Hitze betraf, von ganz entgegengesetz-
tem furchtsamen und gelinden Character war, aber
an Gelehrsamkeit und Scharfsinn ihn noch übertraf.
Wer aber auch sonst nur mit einiger Aufklärung und
Freyheit dachte, gab Luthern und denen, die mit ihm
gemeine Sache machten, in dem, was er noch zur Zeit
behauptet hatte, Recht.


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2) D. Luther bis 1525.
und ſelbſt auf den Zuſtand von ganz Europa, als der
Fortgang der Bewegungen, die nun einmal uͤber den
paͤbſtlichen Ablaß in der Kirche entſtanden waren.

Faſt um eben die Zeit, als Luther zu Witten-II.
berg dieſen Mißbrauch zu beſtreiten angefangen
hatte, war auch Ulrich Zwingli zu Zuͤrch dawider
aufgetreten, und noch um manchen Schritt weiter,
als Luther, gegangen, um noch mehrere damalige
Mißbraͤuche in der Kirche zu ruͤgen. Luther ſelbſt
hatte uͤber eine andere gelehrte Streitigkeit, worin
er unabhaͤngig von dem Streite mit Tetzel, ſchon
vorher mit einem Doctor Eck von Ingolſtadt ge-
rathen war, mit dieſem ſeinem Gegner nach des
Kaiſer Maxens Tode noch einen gelehrten Kampf
in einer perſoͤnlich von beiden zu Leipzig gehaltenen
Disputation uͤbernehmen muͤßen, wo doch ſchon
manches ſich hinein verflocht, was in jene Strei-
tigkeit uͤber den Ablaß Einfluß hatte, und inſon-
derheit die Graͤnzen der paͤbſtlichen Gewalt zur
naͤhern Pruͤfung ſtellte. Auch fuhr er fort, in
einer jedem faßlichen Schreibart in Teutſcher Spra-
che uͤber einzelne Stuͤcke der Bibel, als inſonder-
heit uͤber den Brief an die Galater, zu ſchreiben,
und immer nur den eigentlichen Kern des Chriſten-
thums einem jeden ans Herz zu legen. Noch
bekam er vorzuͤglich an ſeinem Collegen, Philipp
Melanchthon, einen Gehuͤlfen, der, was Luthers
Muth und Hitze betraf, von ganz entgegengeſetz-
tem furchtſamen und gelinden Character war, aber
an Gelehrſamkeit und Scharfſinn ihn noch uͤbertraf.
Wer aber auch ſonſt nur mit einiger Aufklaͤrung und
Freyheit dachte, gab Luthern und denen, die mit ihm
gemeine Sache machten, in dem, was er noch zur Zeit
behauptet hatte, Recht.


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[355/0389] 2) D. Luther bis 1525. und ſelbſt auf den Zuſtand von ganz Europa, als der Fortgang der Bewegungen, die nun einmal uͤber den paͤbſtlichen Ablaß in der Kirche entſtanden waren. Faſt um eben die Zeit, als Luther zu Witten- berg dieſen Mißbrauch zu beſtreiten angefangen hatte, war auch Ulrich Zwingli zu Zuͤrch dawider aufgetreten, und noch um manchen Schritt weiter, als Luther, gegangen, um noch mehrere damalige Mißbraͤuche in der Kirche zu ruͤgen. Luther ſelbſt hatte uͤber eine andere gelehrte Streitigkeit, worin er unabhaͤngig von dem Streite mit Tetzel, ſchon vorher mit einem Doctor Eck von Ingolſtadt ge- rathen war, mit dieſem ſeinem Gegner nach des Kaiſer Maxens Tode noch einen gelehrten Kampf in einer perſoͤnlich von beiden zu Leipzig gehaltenen Disputation uͤbernehmen muͤßen, wo doch ſchon manches ſich hinein verflocht, was in jene Strei- tigkeit uͤber den Ablaß Einfluß hatte, und inſon- derheit die Graͤnzen der paͤbſtlichen Gewalt zur naͤhern Pruͤfung ſtellte. Auch fuhr er fort, in einer jedem faßlichen Schreibart in Teutſcher Spra- che uͤber einzelne Stuͤcke der Bibel, als inſonder- heit uͤber den Brief an die Galater, zu ſchreiben, und immer nur den eigentlichen Kern des Chriſten- thums einem jeden ans Herz zu legen. Noch bekam er vorzuͤglich an ſeinem Collegen, Philipp Melanchthon, einen Gehuͤlfen, der, was Luthers Muth und Hitze betraf, von ganz entgegengeſetz- tem furchtſamen und gelinden Character war, aber an Gelehrſamkeit und Scharfſinn ihn noch uͤbertraf. Wer aber auch ſonſt nur mit einiger Aufklaͤrung und Freyheit dachte, gab Luthern und denen, die mit ihm gemeine Sache machten, in dem, was er noch zur Zeit behauptet hatte, Recht. II. Na- Z 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/389>, abgerufen am 22.11.2024.