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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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2) D. Luther bis 1525.
Verhöre gezogen werden sollte. So ungern das
auch der Pabst sehen mochte, und so auffallend
es vielen vorkam, daß einer, der schon zu Rom
als Ketzer verdammt war, auf einer weltlichen
Reichsversammlung noch von neuem Gehör finden
sollte; so blieb es doch dabey, ohne daß es die
päbstlichen Botschafter rückgängig machen konnten.
Der Erfolg war inzwischen widrig gnug, da man
auch zu Worms Luthern nur zumuthen wollte,
seine bisherige Behauptungen zu wiederrufen, und
da, weil Luther sich nicht dazu verstand, am 26.
May 1521. ein kaiserliches Edict ergieng, wo-
durch derselbe in die Acht erklärt, und jedermann
sowohl ihn aufzunehmen, als seine Schriften zu
lesen und zu verbreiten verboten wurde.

Jedoch ein sicheres Geleit, das Luther von CarlVIII.
dem V. erhalten hatte, ward diesmal besser, als
ehedem das vom Kaiser Sigismund für den guten
Huß, in Ehren gehalten. Luther ward noch mit
eben dem Geleite, wie er nach Worms eingeho-
let war, von dorten wieder entlaßen, unterweges
aber auf geheime Veranstaltung des Churfürsten
von Sachsen aufgehoben und nach Wartburg bey
Eisenach geführet, wo er bis ins folgende Jahr
verborgen blieb, und seine Zeit vortrefflich anzu-
wenden wußte. Wie hätte er sie besser anwenden
können, als daß er hier an seiner Teutschen Ueber-
setzung der Bibel
arbeitete, wovon das neue
Testament zuerst im Sept. 1522., und im Decem-
ber eben des Jahrs schon in der zweyten Auflage
im Druck erschien. (Die Bücher des alten Te-
staments folgten hernach in den Jahren 1523-
1532. erst stückweise, bis endlich 1534. das erste-

mal
Z 4

2) D. Luther bis 1525.
Verhoͤre gezogen werden ſollte. So ungern das
auch der Pabſt ſehen mochte, und ſo auffallend
es vielen vorkam, daß einer, der ſchon zu Rom
als Ketzer verdammt war, auf einer weltlichen
Reichsverſammlung noch von neuem Gehoͤr finden
ſollte; ſo blieb es doch dabey, ohne daß es die
paͤbſtlichen Botſchafter ruͤckgaͤngig machen konnten.
Der Erfolg war inzwiſchen widrig gnug, da man
auch zu Worms Luthern nur zumuthen wollte,
ſeine bisherige Behauptungen zu wiederrufen, und
da, weil Luther ſich nicht dazu verſtand, am 26.
May 1521. ein kaiſerliches Edict ergieng, wo-
durch derſelbe in die Acht erklaͤrt, und jedermann
ſowohl ihn aufzunehmen, als ſeine Schriften zu
leſen und zu verbreiten verboten wurde.

Jedoch ein ſicheres Geleit, das Luther von CarlVIII.
dem V. erhalten hatte, ward diesmal beſſer, als
ehedem das vom Kaiſer Sigismund fuͤr den guten
Huß, in Ehren gehalten. Luther ward noch mit
eben dem Geleite, wie er nach Worms eingeho-
let war, von dorten wieder entlaßen, unterweges
aber auf geheime Veranſtaltung des Churfuͤrſten
von Sachſen aufgehoben und nach Wartburg bey
Eiſenach gefuͤhret, wo er bis ins folgende Jahr
verborgen blieb, und ſeine Zeit vortrefflich anzu-
wenden wußte. Wie haͤtte er ſie beſſer anwenden
koͤnnen, als daß er hier an ſeiner Teutſchen Ueber-
ſetzung der Bibel
arbeitete, wovon das neue
Teſtament zuerſt im Sept. 1522., und im Decem-
ber eben des Jahrs ſchon in der zweyten Auflage
im Druck erſchien. (Die Buͤcher des alten Te-
ſtaments folgten hernach in den Jahren 1523-
1532. erſt ſtuͤckweiſe, bis endlich 1534. das erſte-

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[359/0393] 2) D. Luther bis 1525. Verhoͤre gezogen werden ſollte. So ungern das auch der Pabſt ſehen mochte, und ſo auffallend es vielen vorkam, daß einer, der ſchon zu Rom als Ketzer verdammt war, auf einer weltlichen Reichsverſammlung noch von neuem Gehoͤr finden ſollte; ſo blieb es doch dabey, ohne daß es die paͤbſtlichen Botſchafter ruͤckgaͤngig machen konnten. Der Erfolg war inzwiſchen widrig gnug, da man auch zu Worms Luthern nur zumuthen wollte, ſeine bisherige Behauptungen zu wiederrufen, und da, weil Luther ſich nicht dazu verſtand, am 26. May 1521. ein kaiſerliches Edict ergieng, wo- durch derſelbe in die Acht erklaͤrt, und jedermann ſowohl ihn aufzunehmen, als ſeine Schriften zu leſen und zu verbreiten verboten wurde. Jedoch ein ſicheres Geleit, das Luther von Carl dem V. erhalten hatte, ward diesmal beſſer, als ehedem das vom Kaiſer Sigismund fuͤr den guten Huß, in Ehren gehalten. Luther ward noch mit eben dem Geleite, wie er nach Worms eingeho- let war, von dorten wieder entlaßen, unterweges aber auf geheime Veranſtaltung des Churfuͤrſten von Sachſen aufgehoben und nach Wartburg bey Eiſenach gefuͤhret, wo er bis ins folgende Jahr verborgen blieb, und ſeine Zeit vortrefflich anzu- wenden wußte. Wie haͤtte er ſie beſſer anwenden koͤnnen, als daß er hier an ſeiner Teutſchen Ueber- ſetzung der Bibel arbeitete, wovon das neue Teſtament zuerſt im Sept. 1522., und im Decem- ber eben des Jahrs ſchon in der zweyten Auflage im Druck erſchien. (Die Buͤcher des alten Te- ſtaments folgten hernach in den Jahren 1523- 1532. erſt ſtuͤckweiſe, bis endlich 1534. das erſte- mal VIII. Z 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/393>, abgerufen am 22.11.2024.