Richtschnur ihres Glaubens annahmen, als worin nur das wahre Kennzeichen der Einheit der Reli- gion zu suchen war.
Für mehrere Gemeinden eines Landes oder einerXI. Stadt war es freylich angenehm und von man- chem Nutzen, wenn auch im öffentlichen Gottes- dienste eine gewisse Gleichförmigkeit eingeführt wer- den konnte, z. B. einerley Gesangbuch, einerley liturgische Formeln, u. s. w. Sobald es aber dar- um galt, mehrere Länder oder gar alle evangelische Staaten darunter einerley Vorschriften zu unter- werfen; so ließ sich mit gutem Grunde annehmen, daß der Vortheil einer solchen allgemeinen Gleich- förmigkeit leicht Gefahr laufen möchte von den Nachtheilen überwogen zu werden, welche von einer jeden Art allgemeine Vorschriften abzufassen, man mochte sie auch einrichten, wie man wollte, über kurz oder lang zu besorgen waren.
Eben deswegen paßte in das System der evan-XII. gelischen Kirchenverfassung weder Pabst noch Mönchsorden, weil beide das mit sich brachten, daß in Dingen, welche die Religion betrafen, und selbst in vielen anderen mehr oder weniger davon abhangenden Verhältnissen, kein Staat dafür sicher war, daß sich nicht eine auswärtige höhere Ge- walt darein mengte. Mönchs- und Nonnen- Orden konnten daher in evangelischen Ländern und Reichsstädten nicht beybehalten werden. So- fern sie sich in Stiftungen für gebrechliche und unversorgte Personen verwandeln ließen, ohne wei- ter von irgend einer auswärtigen Gewalt abzuhan- gen; so war weniger dabey zu erinnern. Aber
dazu
3) Religionsbegebenheiten 1525.
Richtſchnur ihres Glaubens annahmen, als worin nur das wahre Kennzeichen der Einheit der Reli- gion zu ſuchen war.
Fuͤr mehrere Gemeinden eines Landes oder einerXI. Stadt war es freylich angenehm und von man- chem Nutzen, wenn auch im oͤffentlichen Gottes- dienſte eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit eingefuͤhrt wer- den konnte, z. B. einerley Geſangbuch, einerley liturgiſche Formeln, u. ſ. w. Sobald es aber dar- um galt, mehrere Laͤnder oder gar alle evangeliſche Staaten darunter einerley Vorſchriften zu unter- werfen; ſo ließ ſich mit gutem Grunde annehmen, daß der Vortheil einer ſolchen allgemeinen Gleich- foͤrmigkeit leicht Gefahr laufen moͤchte von den Nachtheilen uͤberwogen zu werden, welche von einer jeden Art allgemeine Vorſchriften abzufaſſen, man mochte ſie auch einrichten, wie man wollte, uͤber kurz oder lang zu beſorgen waren.
Eben deswegen paßte in das Syſtem der evan-XII. geliſchen Kirchenverfaſſung weder Pabſt noch Moͤnchsorden, weil beide das mit ſich brachten, daß in Dingen, welche die Religion betrafen, und ſelbſt in vielen anderen mehr oder weniger davon abhangenden Verhaͤltniſſen, kein Staat dafuͤr ſicher war, daß ſich nicht eine auswaͤrtige hoͤhere Ge- walt darein mengte. Moͤnchs- und Nonnen- Orden konnten daher in evangeliſchen Laͤndern und Reichsſtaͤdten nicht beybehalten werden. So- fern ſie ſich in Stiftungen fuͤr gebrechliche und unverſorgte Perſonen verwandeln ließen, ohne wei- ter von irgend einer auswaͤrtigen Gewalt abzuhan- gen; ſo war weniger dabey zu erinnern. Aber
dazu
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3) Religionsbegebenheiten 1525.
Richtſchnur ihres Glaubens annahmen, als worin
nur das wahre Kennzeichen der Einheit der Reli-
gion zu ſuchen war.
Fuͤr mehrere Gemeinden eines Landes oder einer
Stadt war es freylich angenehm und von man-
chem Nutzen, wenn auch im oͤffentlichen Gottes-
dienſte eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit eingefuͤhrt wer-
den konnte, z. B. einerley Geſangbuch, einerley
liturgiſche Formeln, u. ſ. w. Sobald es aber dar-
um galt, mehrere Laͤnder oder gar alle evangeliſche
Staaten darunter einerley Vorſchriften zu unter-
werfen; ſo ließ ſich mit gutem Grunde annehmen,
daß der Vortheil einer ſolchen allgemeinen Gleich-
foͤrmigkeit leicht Gefahr laufen moͤchte von den
Nachtheilen uͤberwogen zu werden, welche von einer
jeden Art allgemeine Vorſchriften abzufaſſen, man
mochte ſie auch einrichten, wie man wollte, uͤber
kurz oder lang zu beſorgen waren.
XI.
Eben deswegen paßte in das Syſtem der evan-
geliſchen Kirchenverfaſſung weder Pabſt noch
Moͤnchsorden, weil beide das mit ſich brachten,
daß in Dingen, welche die Religion betrafen, und
ſelbſt in vielen anderen mehr oder weniger davon
abhangenden Verhaͤltniſſen, kein Staat dafuͤr ſicher
war, daß ſich nicht eine auswaͤrtige hoͤhere Ge-
walt darein mengte. Moͤnchs- und Nonnen-
Orden konnten daher in evangeliſchen Laͤndern
und Reichsſtaͤdten nicht beybehalten werden. So-
fern ſie ſich in Stiftungen fuͤr gebrechliche und
unverſorgte Perſonen verwandeln ließen, ohne wei-
ter von irgend einer auswaͤrtigen Gewalt abzuhan-
gen; ſo war weniger dabey zu erinnern. Aber
dazu
XII.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/413>, abgerufen am 22.11.2024.
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