durch die Begierde nach den Reichthümern der Klö- ster, und Geistliche durch den Trieb zu Heirathen zu allen diesen Unternehmungen gereizt worden wären!
XV.
Doch ein Vorfall, der durch die behauptete Unverbindlichkeit der Gelübde noch veranlaßt ward, und als der erste in seiner Art noch bedenklichere Folgen besorgen ließ, machte desto größeres Auf- sehen; als nehmlich im Jahre 1525. der Marg- graf Albrecht von Brandenburg, der als Hoch- meister des Teutschen Ordens in Preussen mit der Krone Polen in Krieg verwickelt war, sich zur evangelischen Religion bekannte, und mit dem Kö- nige Sigismund, der seiner Mutter Bruder war, auf diese Bedingungen Frieden schloß, daß er seine Ordensgelübde sammt seiner bisherigen Verbindung mit dem Teutschen Orden aufrief, und das halbe Preussen von nun an als ein weltliches Herzog- thum für sich und seine Nachkommen von der Kro- ne Polen zu Lehn zu empfangen übernahm, auch bald darauf mit einer Dänischen Prinzessinn sich vermählte.
XVI.
Dieses erste Beyspiel einer wahren Seculari- sation konnte allerdings die Besorgniß erregen, daß es mehrere Nachfolger finden möchte. Und was sollte dann daraus werden, wenn mit der Zeit ein oder anderer Erzbischof von Mainz, Trier, Cölln, Magdeburg, Salzburg, Bremen, oder ein Bischof nach dem andern andere Gesinnungen in der Religion, und zugleich den Einfall bekäme, sich zu vermählen, und seinen Nachkommen zum Be- sten sein Erzstift oder Hochstift gar in ein welt-
liches
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
durch die Begierde nach den Reichthuͤmern der Kloͤ- ſter, und Geiſtliche durch den Trieb zu Heirathen zu allen dieſen Unternehmungen gereizt worden waͤren!
XV.
Doch ein Vorfall, der durch die behauptete Unverbindlichkeit der Geluͤbde noch veranlaßt ward, und als der erſte in ſeiner Art noch bedenklichere Folgen beſorgen ließ, machte deſto groͤßeres Auf- ſehen; als nehmlich im Jahre 1525. der Marg- graf Albrecht von Brandenburg, der als Hoch- meiſter des Teutſchen Ordens in Preuſſen mit der Krone Polen in Krieg verwickelt war, ſich zur evangeliſchen Religion bekannte, und mit dem Koͤ- nige Sigismund, der ſeiner Mutter Bruder war, auf dieſe Bedingungen Frieden ſchloß, daß er ſeine Ordensgeluͤbde ſammt ſeiner bisherigen Verbindung mit dem Teutſchen Orden aufrief, und das halbe Preuſſen von nun an als ein weltliches Herzog- thum fuͤr ſich und ſeine Nachkommen von der Kro- ne Polen zu Lehn zu empfangen uͤbernahm, auch bald darauf mit einer Daͤniſchen Prinzeſſinn ſich vermaͤhlte.
XVI.
Dieſes erſte Beyſpiel einer wahren Seculari- ſation konnte allerdings die Beſorgniß erregen, daß es mehrere Nachfolger finden moͤchte. Und was ſollte dann daraus werden, wenn mit der Zeit ein oder anderer Erzbiſchof von Mainz, Trier, Coͤlln, Magdeburg, Salzburg, Bremen, oder ein Biſchof nach dem andern andere Geſinnungen in der Religion, und zugleich den Einfall bekaͤme, ſich zu vermaͤhlen, und ſeinen Nachkommen zum Be- ſten ſein Erzſtift oder Hochſtift gar in ein welt-
liches
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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
durch die Begierde nach den Reichthuͤmern der Kloͤ-
ſter, und Geiſtliche durch den Trieb zu Heirathen
zu allen dieſen Unternehmungen gereizt worden
waͤren!
Doch ein Vorfall, der durch die behauptete
Unverbindlichkeit der Geluͤbde noch veranlaßt ward,
und als der erſte in ſeiner Art noch bedenklichere
Folgen beſorgen ließ, machte deſto groͤßeres Auf-
ſehen; als nehmlich im Jahre 1525. der Marg-
graf Albrecht von Brandenburg, der als Hoch-
meiſter des Teutſchen Ordens in Preuſſen mit
der Krone Polen in Krieg verwickelt war, ſich zur
evangeliſchen Religion bekannte, und mit dem Koͤ-
nige Sigismund, der ſeiner Mutter Bruder war,
auf dieſe Bedingungen Frieden ſchloß, daß er ſeine
Ordensgeluͤbde ſammt ſeiner bisherigen Verbindung
mit dem Teutſchen Orden aufrief, und das halbe
Preuſſen von nun an als ein weltliches Herzog-
thum fuͤr ſich und ſeine Nachkommen von der Kro-
ne Polen zu Lehn zu empfangen uͤbernahm, auch
bald darauf mit einer Daͤniſchen Prinzeſſinn ſich
vermaͤhlte.
Dieſes erſte Beyſpiel einer wahren Seculari-
ſation konnte allerdings die Beſorgniß erregen,
daß es mehrere Nachfolger finden moͤchte. Und
was ſollte dann daraus werden, wenn mit der
Zeit ein oder anderer Erzbiſchof von Mainz, Trier,
Coͤlln, Magdeburg, Salzburg, Bremen, oder ein
Biſchof nach dem andern andere Geſinnungen in
der Religion, und zugleich den Einfall bekaͤme, ſich
zu vermaͤhlen, und ſeinen Nachkommen zum Be-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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