Römischcatholischen Kirche abzugehen, und war- um sie in dieser kirchlichen Gemeinschaft nicht blei- ben könnten.
Nach dieser Absicht wurden nun von Melanch-VIII. thon mit Zuziehung Luthers und anderer Theologen 21. Artikel des Glaubens und der Lehre, beynahe vom ganzen Umfange der Christlichen Religion ent- werfen, und 7. Artikel, "von welchen Zwiespalt ist, da die Mißbräuche erzehlt werden, die geän- dert sind," als "von beider Gestalt des Sacra- ments, vom Ehestande der Priester, von der Messe, von der Beichte, vom Unterschiede der Speise, von Klostergelübden, und von der Bischöfe Gewalt." Alles so zweckmäßig kurz, bestimmt, deutlich, und in möglichster Beschränkung auf den unmittelbaren Inhalt der Bibel, daß man sich nicht ohne Ursa- che schmeichlen konnte, dieses Glaubensbekenntniß selbst werde vielen Eindruck machen, und manche widrige Begriffe, die man sich bisher von Prote- stanten gemacht hatte, entfernen und berichtigen.
Merkwürdig war insonderheit der Schluß desIX. letzten Artikels, der zugleich von der Schreibart, die im Ganzen herrscht, zu einiger Probe dienen kann. "Unsere Kirchen begehren nicht, (heißt es da) "daß die Bischöfe mit Nachtheil ihrer Ehre "und Würde wiederum Friede und Einigkeit ma- "chen, (wiewohl solches den Bischöfen in der Noth "auch zu thun gebühret;) Allein bitten sie darum, "daß die Bischöfe etliche unbillige Beschwerungen "nachlassen, die doch vorzeiten auch in der Kirche "nicht gewesen, und angenommen sind wider den "Gebrauch der christlichen gemeinen Kirche, welche
"viel-
B b 4
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
Roͤmiſchcatholiſchen Kirche abzugehen, und war- um ſie in dieſer kirchlichen Gemeinſchaft nicht blei- ben koͤnnten.
Nach dieſer Abſicht wurden nun von Melanch-VIII. thon mit Zuziehung Luthers und anderer Theologen 21. Artikel des Glaubens und der Lehre, beynahe vom ganzen Umfange der Chriſtlichen Religion ent- werfen, und 7. Artikel, ”von welchen Zwieſpalt iſt, da die Mißbraͤuche erzehlt werden, die geaͤn- dert ſind,” als ”von beider Geſtalt des Sacra- ments, vom Eheſtande der Prieſter, von der Meſſe, von der Beichte, vom Unterſchiede der Speiſe, von Kloſtergeluͤbden, und von der Biſchoͤfe Gewalt.” Alles ſo zweckmaͤßig kurz, beſtimmt, deutlich, und in moͤglichſter Beſchraͤnkung auf den unmittelbaren Inhalt der Bibel, daß man ſich nicht ohne Urſa- che ſchmeichlen konnte, dieſes Glaubensbekenntniß ſelbſt werde vielen Eindruck machen, und manche widrige Begriffe, die man ſich bisher von Prote- ſtanten gemacht hatte, entfernen und berichtigen.
Merkwuͤrdig war inſonderheit der Schluß desIX. letzten Artikels, der zugleich von der Schreibart, die im Ganzen herrſcht, zu einiger Probe dienen kann. ”Unſere Kirchen begehren nicht, (heißt es da) ”daß die Biſchoͤfe mit Nachtheil ihrer Ehre „und Wuͤrde wiederum Friede und Einigkeit ma- „chen, (wiewohl ſolches den Biſchoͤfen in der Noth „auch zu thun gebuͤhret;) Allein bitten ſie darum, „daß die Biſchoͤfe etliche unbillige Beſchwerungen „nachlaſſen, die doch vorzeiten auch in der Kirche „nicht geweſen, und angenommen ſind wider den „Gebrauch der chriſtlichen gemeinen Kirche, welche
„viel-
B b 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0425"n="391"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Roͤmiſchcatholiſchen</hi> Kirche abzugehen, und war-<lb/>
um ſie in dieſer kirchlichen Gemeinſchaft nicht blei-<lb/>
ben koͤnnten.</p><lb/><p>Nach dieſer Abſicht wurden nun von Melanch-<noteplace="right"><hirendition="#aq">VIII.</hi></note><lb/>
thon mit Zuziehung Luthers und anderer Theologen<lb/>
21. Artikel des Glaubens und der Lehre, beynahe<lb/>
vom ganzen Umfange der Chriſtlichen Religion ent-<lb/>
werfen, und 7. Artikel, ”von welchen Zwieſpalt<lb/>
iſt, da die Mißbraͤuche erzehlt werden, die geaͤn-<lb/>
dert ſind,” als ”von beider Geſtalt des Sacra-<lb/>
ments, vom Eheſtande der Prieſter, von der Meſſe,<lb/>
von der Beichte, vom Unterſchiede der Speiſe, von<lb/>
Kloſtergeluͤbden, und von der Biſchoͤfe Gewalt.”<lb/>
Alles ſo zweckmaͤßig kurz, beſtimmt, deutlich, und<lb/>
in moͤglichſter Beſchraͤnkung auf den unmittelbaren<lb/>
Inhalt der Bibel, daß man ſich nicht ohne Urſa-<lb/>
che ſchmeichlen konnte, dieſes Glaubensbekenntniß<lb/>ſelbſt werde vielen Eindruck machen, und manche<lb/>
widrige Begriffe, die man ſich bisher von Prote-<lb/>ſtanten gemacht hatte, entfernen und berichtigen.</p><lb/><p>Merkwuͤrdig war inſonderheit der Schluß des<noteplace="right"><hirendition="#aq">IX.</hi></note><lb/>
letzten Artikels, der zugleich von der Schreibart,<lb/>
die im Ganzen herrſcht, zu einiger Probe dienen<lb/>
kann. ”Unſere Kirchen begehren nicht, (heißt es<lb/>
da) ”daß die Biſchoͤfe mit Nachtheil ihrer Ehre<lb/>„und Wuͤrde wiederum Friede und Einigkeit ma-<lb/>„chen, (wiewohl ſolches den Biſchoͤfen in der Noth<lb/>„auch zu thun gebuͤhret;) Allein bitten ſie darum,<lb/>„daß die Biſchoͤfe etliche unbillige Beſchwerungen<lb/>„nachlaſſen, die doch vorzeiten auch in der Kirche<lb/>„nicht geweſen, und angenommen ſind wider den<lb/>„Gebrauch der chriſtlichen gemeinen Kirche, welche<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">„viel-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[391/0425]
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
Roͤmiſchcatholiſchen Kirche abzugehen, und war-
um ſie in dieſer kirchlichen Gemeinſchaft nicht blei-
ben koͤnnten.
Nach dieſer Abſicht wurden nun von Melanch-
thon mit Zuziehung Luthers und anderer Theologen
21. Artikel des Glaubens und der Lehre, beynahe
vom ganzen Umfange der Chriſtlichen Religion ent-
werfen, und 7. Artikel, ”von welchen Zwieſpalt
iſt, da die Mißbraͤuche erzehlt werden, die geaͤn-
dert ſind,” als ”von beider Geſtalt des Sacra-
ments, vom Eheſtande der Prieſter, von der Meſſe,
von der Beichte, vom Unterſchiede der Speiſe, von
Kloſtergeluͤbden, und von der Biſchoͤfe Gewalt.”
Alles ſo zweckmaͤßig kurz, beſtimmt, deutlich, und
in moͤglichſter Beſchraͤnkung auf den unmittelbaren
Inhalt der Bibel, daß man ſich nicht ohne Urſa-
che ſchmeichlen konnte, dieſes Glaubensbekenntniß
ſelbſt werde vielen Eindruck machen, und manche
widrige Begriffe, die man ſich bisher von Prote-
ſtanten gemacht hatte, entfernen und berichtigen.
VIII.
Merkwuͤrdig war inſonderheit der Schluß des
letzten Artikels, der zugleich von der Schreibart,
die im Ganzen herrſcht, zu einiger Probe dienen
kann. ”Unſere Kirchen begehren nicht, (heißt es
da) ”daß die Biſchoͤfe mit Nachtheil ihrer Ehre
„und Wuͤrde wiederum Friede und Einigkeit ma-
„chen, (wiewohl ſolches den Biſchoͤfen in der Noth
„auch zu thun gebuͤhret;) Allein bitten ſie darum,
„daß die Biſchoͤfe etliche unbillige Beſchwerungen
„nachlaſſen, die doch vorzeiten auch in der Kirche
„nicht geweſen, und angenommen ſind wider den
„Gebrauch der chriſtlichen gemeinen Kirche, welche
„viel-
IX.
B b 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/425>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.