Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.I. Alte Zeiten bis 888. jedes Land, das vorher ein eignes Volk ausgemacht,einen eignen Herzog gehabt hat, den der König als seinen dem Volke vorgesetzten Befehlshaber ansah, und der insonderheit in Kriegszeiten das Heer des ganzen Landes zu führen hatte. Natür- lich war dabey ein Unterschied, ob ein solches Land unbedingt erobert worden, oder auf gewisse Be- dingungen sich unter den Fränkischen Scepter er- geben. So läßt sich begreifen, daß ein Herzog mehr Gewalt, als ein anderer, haben können, und daß in ein und anderem Lande erbliche Herzoge seyn können, da sonst der Regel nach ein jeder Herzog als ein von der Krone abhangender Be- fehlshaber vom Könige nach Gutfinden bestellt wor- den. Wenn also sonst keine Revolution dazwischen gekommen wäre, so hätte es sich freylich gedenken laßen, daß schon von diesen Zeiten der erste Grund der heutigen besondern Verfassung des Teutschen Reichs, da es in so viele Länder, deren jedes seinen eignen Regenten hat, eingetheilt ist, hergeleitet wer- den könnte. Aber der Erfolg der Geschichte zei- get, daß mit den Teutschen Herzogthümern noch ganz andere Staatsveränderungen vorgegangen sind, von welchen der heutige Zustand von Teutsch- land abhängt. XVII. Von Grafen, die einem jeden Gau jetzt als Wohl
I. Alte Zeiten bis 888. jedes Land, das vorher ein eignes Volk ausgemacht,einen eignen Herzog gehabt hat, den der Koͤnig als ſeinen dem Volke vorgeſetzten Befehlshaber anſah, und der inſonderheit in Kriegszeiten das Heer des ganzen Landes zu fuͤhren hatte. Natuͤr- lich war dabey ein Unterſchied, ob ein ſolches Land unbedingt erobert worden, oder auf gewiſſe Be- dingungen ſich unter den Fraͤnkiſchen Scepter er- geben. So laͤßt ſich begreifen, daß ein Herzog mehr Gewalt, als ein anderer, haben koͤnnen, und daß in ein und anderem Lande erbliche Herzoge ſeyn koͤnnen, da ſonſt der Regel nach ein jeder Herzog als ein von der Krone abhangender Be- fehlshaber vom Koͤnige nach Gutfinden beſtellt wor- den. Wenn alſo ſonſt keine Revolution dazwiſchen gekommen waͤre, ſo haͤtte es ſich freylich gedenken laßen, daß ſchon von dieſen Zeiten der erſte Grund der heutigen beſondern Verfaſſung des Teutſchen Reichs, da es in ſo viele Laͤnder, deren jedes ſeinen eignen Regenten hat, eingetheilt iſt, hergeleitet wer- den koͤnnte. Aber der Erfolg der Geſchichte zei- get, daß mit den Teutſchen Herzogthuͤmern noch ganz andere Staatsveraͤnderungen vorgegangen ſind, von welchen der heutige Zuſtand von Teutſch- land abhaͤngt. XVII. Von Grafen, die einem jeden Gau jetzt als Wohl
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0068" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Alte Zeiten bis 888.</hi></fw><lb/> jedes Land, das vorher ein eignes Volk ausgemacht,<lb/> einen eignen <hi rendition="#fr">Herzog</hi> gehabt hat, den der Koͤnig<lb/> als ſeinen dem Volke vorgeſetzten Befehlshaber<lb/> anſah, und der inſonderheit in Kriegszeiten das<lb/> Heer des ganzen Landes zu fuͤhren hatte. Natuͤr-<lb/> lich war dabey ein Unterſchied, ob ein ſolches Land<lb/> unbedingt erobert worden, oder auf gewiſſe Be-<lb/> dingungen ſich unter den Fraͤnkiſchen Scepter er-<lb/> geben. So laͤßt ſich begreifen, daß ein Herzog<lb/> mehr Gewalt, als ein anderer, haben koͤnnen, und<lb/> daß in ein und anderem Lande erbliche Herzoge<lb/> ſeyn koͤnnen, da ſonſt der Regel nach ein jeder<lb/> Herzog als ein von der Krone abhangender Be-<lb/> fehlshaber vom Koͤnige nach Gutfinden beſtellt wor-<lb/> den. Wenn alſo ſonſt keine Revolution dazwiſchen<lb/> gekommen waͤre, ſo haͤtte es ſich freylich gedenken<lb/> laßen, daß ſchon von dieſen Zeiten der erſte Grund<lb/> der heutigen beſondern Verfaſſung des Teutſchen<lb/> Reichs, da es in ſo viele Laͤnder, deren jedes ſeinen<lb/> eignen Regenten hat, eingetheilt iſt, hergeleitet wer-<lb/> den koͤnnte. Aber der Erfolg der Geſchichte zei-<lb/> get, daß mit den Teutſchen Herzogthuͤmern noch<lb/> ganz andere Staatsveraͤnderungen vorgegangen<lb/> ſind, von welchen der heutige Zuſtand von Teutſch-<lb/> land abhaͤngt.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">XVII.</hi> </note> <p>Von <hi rendition="#fr">Grafen,</hi> die einem jeden Gau jetzt als<lb/> koͤnigliche Beamten fuͤr die Juſtitz und zu Beſor-<lb/> gung der Cammereinkuͤnfte vorgeſetzt waren, iſt es<lb/> noch weniger zweifelhaft, daß ihnen damals noch<lb/> nicht zugeeignet werden konnte, was wir jetzt Lan-<lb/> deshoheit nennen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wohl</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0068]
I. Alte Zeiten bis 888.
jedes Land, das vorher ein eignes Volk ausgemacht,
einen eignen Herzog gehabt hat, den der Koͤnig
als ſeinen dem Volke vorgeſetzten Befehlshaber
anſah, und der inſonderheit in Kriegszeiten das
Heer des ganzen Landes zu fuͤhren hatte. Natuͤr-
lich war dabey ein Unterſchied, ob ein ſolches Land
unbedingt erobert worden, oder auf gewiſſe Be-
dingungen ſich unter den Fraͤnkiſchen Scepter er-
geben. So laͤßt ſich begreifen, daß ein Herzog
mehr Gewalt, als ein anderer, haben koͤnnen, und
daß in ein und anderem Lande erbliche Herzoge
ſeyn koͤnnen, da ſonſt der Regel nach ein jeder
Herzog als ein von der Krone abhangender Be-
fehlshaber vom Koͤnige nach Gutfinden beſtellt wor-
den. Wenn alſo ſonſt keine Revolution dazwiſchen
gekommen waͤre, ſo haͤtte es ſich freylich gedenken
laßen, daß ſchon von dieſen Zeiten der erſte Grund
der heutigen beſondern Verfaſſung des Teutſchen
Reichs, da es in ſo viele Laͤnder, deren jedes ſeinen
eignen Regenten hat, eingetheilt iſt, hergeleitet wer-
den koͤnnte. Aber der Erfolg der Geſchichte zei-
get, daß mit den Teutſchen Herzogthuͤmern noch
ganz andere Staatsveraͤnderungen vorgegangen
ſind, von welchen der heutige Zuſtand von Teutſch-
land abhaͤngt.
Von Grafen, die einem jeden Gau jetzt als
koͤnigliche Beamten fuͤr die Juſtitz und zu Beſor-
gung der Cammereinkuͤnfte vorgeſetzt waren, iſt es
noch weniger zweifelhaft, daß ihnen damals noch
nicht zugeeignet werden konnte, was wir jetzt Lan-
deshoheit nennen.
Wohl
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |