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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
wehlte er 745. Mainz zu seinem beständigen Sitze,
wie es seitdem der Sitz des ersten Teutschen Erz-
bisthums bis auf den heutigen Tag geblieben ist.


IX.

Um eben diese Zeit, als Bonifaz seine ersten
Versuche auf Teutschem Boden machte, waren
die Bischöfe Gregor der II. und III. wegen der
Veränderungen, die der damalige Kaiser Leo Isau-
rus mit den Bildern in den Kirchen vornehmen
ließ, mit dem Hofe zu Constantinopel in große
Irrungen gerathen. Also war es ihnen desto will-
kommener, als Bonifaz sich selbst in Rom einfand,
und den Grund dazu legte, daß alle diese neue
Stiftungen in Teutschland in nähere Verbindung
mit der Römischen Kirche kamen, die sie natürlich
als ihre Mutterkirche ansehen mußten. Bonifaz lei-
stete dem Römischen Stuhle schon einen solchen Eid,
wie sonst nur die ihm untergeordneten Bischöfe der
eignen Römischen Dioeces zu schwören gewohnt
waren. (Nachher ist dieser Eid zum Vortheile
des päbstlichen Stuhls noch immer mehr geschärft,
und zuletzt so allgemein eingeführt worden, daß
noch jetzt alle Bischöfe der catholischen Kirche da-
durch zur völligen Unterwürfigkeit unter den Rö-
mischen Stuhl verpflichtet werden.)


X.

Unter solchen Umständen wurde die Christliche
Religion in Teutschland auch nur so eingeführt,
wie sie damals unter Leitung der Römischen Bi-
schöfe beschaffen war, und sowohl diesen als über-
haupt dem geistlichen Stande vorzüglich zum Vor-
theil gereichte. Schon Gregor der I., oder der
Große, wie ihn seine Verehrer nennen, hatte in-
sonderheit die Lehre vom Fegefeuer gänge und gäbe

gemacht;

I. Alte Zeiten bis 888.
wehlte er 745. Mainz zu ſeinem beſtaͤndigen Sitze,
wie es ſeitdem der Sitz des erſten Teutſchen Erz-
biſthums bis auf den heutigen Tag geblieben iſt.


IX.

Um eben dieſe Zeit, als Bonifaz ſeine erſten
Verſuche auf Teutſchem Boden machte, waren
die Biſchoͤfe Gregor der II. und III. wegen der
Veraͤnderungen, die der damalige Kaiſer Leo Iſau-
rus mit den Bildern in den Kirchen vornehmen
ließ, mit dem Hofe zu Conſtantinopel in große
Irrungen gerathen. Alſo war es ihnen deſto will-
kommener, als Bonifaz ſich ſelbſt in Rom einfand,
und den Grund dazu legte, daß alle dieſe neue
Stiftungen in Teutſchland in naͤhere Verbindung
mit der Roͤmiſchen Kirche kamen, die ſie natuͤrlich
als ihre Mutterkirche anſehen mußten. Bonifaz lei-
ſtete dem Roͤmiſchen Stuhle ſchon einen ſolchen Eid,
wie ſonſt nur die ihm untergeordneten Biſchoͤfe der
eignen Roͤmiſchen Dioeces zu ſchwoͤren gewohnt
waren. (Nachher iſt dieſer Eid zum Vortheile
des paͤbſtlichen Stuhls noch immer mehr geſchaͤrft,
und zuletzt ſo allgemein eingefuͤhrt worden, daß
noch jetzt alle Biſchoͤfe der catholiſchen Kirche da-
durch zur voͤlligen Unterwuͤrfigkeit unter den Roͤ-
miſchen Stuhl verpflichtet werden.)


X.

Unter ſolchen Umſtaͤnden wurde die Chriſtliche
Religion in Teutſchland auch nur ſo eingefuͤhrt,
wie ſie damals unter Leitung der Roͤmiſchen Bi-
ſchoͤfe beſchaffen war, und ſowohl dieſen als uͤber-
haupt dem geiſtlichen Stande vorzuͤglich zum Vor-
theil gereichte. Schon Gregor der I., oder der
Große, wie ihn ſeine Verehrer nennen, hatte in-
ſonderheit die Lehre vom Fegefeuer gaͤnge und gaͤbe

gemacht;
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[44/0078] I. Alte Zeiten bis 888. wehlte er 745. Mainz zu ſeinem beſtaͤndigen Sitze, wie es ſeitdem der Sitz des erſten Teutſchen Erz- biſthums bis auf den heutigen Tag geblieben iſt. Um eben dieſe Zeit, als Bonifaz ſeine erſten Verſuche auf Teutſchem Boden machte, waren die Biſchoͤfe Gregor der II. und III. wegen der Veraͤnderungen, die der damalige Kaiſer Leo Iſau- rus mit den Bildern in den Kirchen vornehmen ließ, mit dem Hofe zu Conſtantinopel in große Irrungen gerathen. Alſo war es ihnen deſto will- kommener, als Bonifaz ſich ſelbſt in Rom einfand, und den Grund dazu legte, daß alle dieſe neue Stiftungen in Teutſchland in naͤhere Verbindung mit der Roͤmiſchen Kirche kamen, die ſie natuͤrlich als ihre Mutterkirche anſehen mußten. Bonifaz lei- ſtete dem Roͤmiſchen Stuhle ſchon einen ſolchen Eid, wie ſonſt nur die ihm untergeordneten Biſchoͤfe der eignen Roͤmiſchen Dioeces zu ſchwoͤren gewohnt waren. (Nachher iſt dieſer Eid zum Vortheile des paͤbſtlichen Stuhls noch immer mehr geſchaͤrft, und zuletzt ſo allgemein eingefuͤhrt worden, daß noch jetzt alle Biſchoͤfe der catholiſchen Kirche da- durch zur voͤlligen Unterwuͤrfigkeit unter den Roͤ- miſchen Stuhl verpflichtet werden.) Unter ſolchen Umſtaͤnden wurde die Chriſtliche Religion in Teutſchland auch nur ſo eingefuͤhrt, wie ſie damals unter Leitung der Roͤmiſchen Bi- ſchoͤfe beſchaffen war, und ſowohl dieſen als uͤber- haupt dem geiſtlichen Stande vorzuͤglich zum Vor- theil gereichte. Schon Gregor der I., oder der Große, wie ihn ſeine Verehrer nennen, hatte in- ſonderheit die Lehre vom Fegefeuer gaͤnge und gaͤbe gemacht;

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/78>, abgerufen am 21.11.2024.