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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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6) Carolinger im Flor 752-814.
Veranlaßung selbst tief bis in Ungarn vorzuneh-
men. Der damalige Herzog Tassilo von Baiern
hatte eine Schwester von der Longobardischen Prin-
zessinn, die Carl verstoßen hatte, zur Gemahlinn;
war also bey dem Schicksale, das sein Schwieger-
vater Desiderius von Carln erlitten hatte, nichts
weniger als gleichgültig. Er richtete aber mit
allen Bewegungen, die er deshalb machte, wei-
ter nichts aus, als daß er endlich 788. sein Her-788
zogthum mit dem Rücken ansehen und ins Kloster
Lorsch wandern mußte; worauf Carl Baiern nur
unter Grafen vertheilte (z).

Tassilo hatte bey dieser Gelegenheit die Hun-IX.
nen mit ins Spiel gebracht. Aber auch diese
wurden von Carln nicht nur 788. zurückgeschla-
gen; sondern nachdem sie 791. von neuem mit
Carln gebrochen hatten, wurden sie endlich 799.799
nach einer großen Niederlage bis an den Raabfluß
zurückgenöthiget; wo Carl seitdem Fränkische Marg-
grafen setzte.


Wäh-
(z) Doch verlohr Baiern nicht völlig die bishe-
rige Eigenschaft eines besondern Herzogthums.
In Urkunden wurden noch oft die Regierungsjahre
in Baiern mitgezehlt, und zu Zeiten die Worte
gebraucht: in regno Francorum et in ducatu
Baioariorum
. Carl ernannte einen, Gerold aus
Schwaben, der sein Schwager war, zum Statt-
halter in Baiern. Verschiedene Franken schickte
er als Grafen in die Bairische Gaue, und an den
Gränzen gegen die Sorben, Böhmen, Hunnen
und Slaven setzte er Marggrafen. So schienen
von nun an die Fränkischen Könige selbst zugleich
Herzoge in Baiern zu seyn. Lori Geschichte von
Baiern S. 128. 130.
D 5

6) Carolinger im Flor 752-814.
Veranlaßung ſelbſt tief bis in Ungarn vorzuneh-
men. Der damalige Herzog Taſſilo von Baiern
hatte eine Schweſter von der Longobardiſchen Prin-
zeſſinn, die Carl verſtoßen hatte, zur Gemahlinn;
war alſo bey dem Schickſale, das ſein Schwieger-
vater Deſiderius von Carln erlitten hatte, nichts
weniger als gleichguͤltig. Er richtete aber mit
allen Bewegungen, die er deshalb machte, wei-
ter nichts aus, als daß er endlich 788. ſein Her-788
zogthum mit dem Ruͤcken anſehen und ins Kloſter
Lorſch wandern mußte; worauf Carl Baiern nur
unter Grafen vertheilte (z).

Taſſilo hatte bey dieſer Gelegenheit die Hun-IX.
nen mit ins Spiel gebracht. Aber auch dieſe
wurden von Carln nicht nur 788. zuruͤckgeſchla-
gen; ſondern nachdem ſie 791. von neuem mit
Carln gebrochen hatten, wurden ſie endlich 799.799
nach einer großen Niederlage bis an den Raabfluß
zuruͤckgenoͤthiget; wo Carl ſeitdem Fraͤnkiſche Marg-
grafen ſetzte.


Waͤh-
(z) Doch verlohr Baiern nicht voͤllig die bishe-
rige Eigenſchaft eines beſondern Herzogthums.
In Urkunden wurden noch oft die Regierungsjahre
in Baiern mitgezehlt, und zu Zeiten die Worte
gebraucht: in regno Francorum et in ducatu
Baioariorum
. Carl ernannte einen, Gerold aus
Schwaben, der ſein Schwager war, zum Statt-
halter in Baiern. Verſchiedene Franken ſchickte
er als Grafen in die Bairiſche Gaue, und an den
Graͤnzen gegen die Sorben, Boͤhmen, Hunnen
und Slaven ſetzte er Marggrafen. So ſchienen
von nun an die Fraͤnkiſchen Koͤnige ſelbſt zugleich
Herzoge in Baiern zu ſeyn. Lori Geſchichte von
Baiern S. 128. 130.
D 5
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[57/0091] 6) Carolinger im Flor 752-814. Veranlaßung ſelbſt tief bis in Ungarn vorzuneh- men. Der damalige Herzog Taſſilo von Baiern hatte eine Schweſter von der Longobardiſchen Prin- zeſſinn, die Carl verſtoßen hatte, zur Gemahlinn; war alſo bey dem Schickſale, das ſein Schwieger- vater Deſiderius von Carln erlitten hatte, nichts weniger als gleichguͤltig. Er richtete aber mit allen Bewegungen, die er deshalb machte, wei- ter nichts aus, als daß er endlich 788. ſein Her- zogthum mit dem Ruͤcken anſehen und ins Kloſter Lorſch wandern mußte; worauf Carl Baiern nur unter Grafen vertheilte (z). 788 Taſſilo hatte bey dieſer Gelegenheit die Hun- nen mit ins Spiel gebracht. Aber auch dieſe wurden von Carln nicht nur 788. zuruͤckgeſchla- gen; ſondern nachdem ſie 791. von neuem mit Carln gebrochen hatten, wurden ſie endlich 799. nach einer großen Niederlage bis an den Raabfluß zuruͤckgenoͤthiget; wo Carl ſeitdem Fraͤnkiſche Marg- grafen ſetzte. IX. 799 Waͤh- (z) Doch verlohr Baiern nicht voͤllig die bishe- rige Eigenſchaft eines beſondern Herzogthums. In Urkunden wurden noch oft die Regierungsjahre in Baiern mitgezehlt, und zu Zeiten die Worte gebraucht: in regno Francorum et in ducatu Baioariorum. Carl ernannte einen, Gerold aus Schwaben, der ſein Schwager war, zum Statt- halter in Baiern. Verſchiedene Franken ſchickte er als Grafen in die Bairiſche Gaue, und an den Graͤnzen gegen die Sorben, Boͤhmen, Hunnen und Slaven ſetzte er Marggrafen. So ſchienen von nun an die Fraͤnkiſchen Koͤnige ſelbſt zugleich Herzoge in Baiern zu ſeyn. Lori Geſchichte von Baiern S. 128. 130. D 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/91>, abgerufen am 21.11.2024.