Als Patricius der Römer hatte Carl zwar schonXII. den Schutz der Römischen Kirche und der Stadt Rom übernommen. Aber die eigentliche Hoheit über die Stadt gebührte doch noch dem Hofe zu Constantinopel. Jedoch als von hieraus je länger je weniger zu hoffen noch zu fürchten war; wag- ten die Römer vorerst im Jahre 796. den Schritt, daß sie Carl dem Großen, da er eben in Italien war, ihre Stadtfahnen feierlich überschickten, und ihm damit die Herrschaft ihrer Stadt übergaben. Ob nun gleich damit die bisherige Oberherrschaft des Griechischkaiserlichen Hofes noch nicht völlig gehoben war, indem vielmehr selbst der Name Patricius, unter welchem Carl seine Rechte in Rom auszuüben hatte, noch immer eine gewisse Abhän- gigkeit vom eigentlichen Römischen Kaiser mit sich zu bringen schien; so durften doch nur einige Jahre hingehen, da sich leicht eine Gelegenheit darbieten mochte, auf den einmal gewagten ersten Schritt noch mehr andere folgen zu laßen.
Diese Gelegenheit ereignete sich, als der PabstXIII. Leo der III. im April 799. von einigen Verschwor-799 nen zu Rom bey einer Procession überfallen, aber noch gerettet wurde, um zu Carln, den er deswe- gen persönlich zu Paderborn besuchte, seine Zuflucht nehmen zu können. Carl schickte erst etliche Bi- schöfe und Grafen als Commissarien nach Rom, um die Sache vorläufig zu untersuchen. Als er hierauf selber nachkam, und am 15. Dec. 800.800 öffentlich in der Peterskirche Gericht hielt, war das Ende dieser Sache, daß Leo, nachdem er noch einen ihm zuerkannten Reinigungseid abgelegt hatte, von allen wider ihn vorgebrachten Beschwer-
den
6) Carolinger im Flor 752-814.
Als Patricius der Roͤmer hatte Carl zwar ſchonXII. den Schutz der Roͤmiſchen Kirche und der Stadt Rom uͤbernommen. Aber die eigentliche Hoheit uͤber die Stadt gebuͤhrte doch noch dem Hofe zu Conſtantinopel. Jedoch als von hieraus je laͤnger je weniger zu hoffen noch zu fuͤrchten war; wag- ten die Roͤmer vorerſt im Jahre 796. den Schritt, daß ſie Carl dem Großen, da er eben in Italien war, ihre Stadtfahnen feierlich uͤberſchickten, und ihm damit die Herrſchaft ihrer Stadt uͤbergaben. Ob nun gleich damit die bisherige Oberherrſchaft des Griechiſchkaiſerlichen Hofes noch nicht voͤllig gehoben war, indem vielmehr ſelbſt der Name Patricius, unter welchem Carl ſeine Rechte in Rom auszuuͤben hatte, noch immer eine gewiſſe Abhaͤn- gigkeit vom eigentlichen Roͤmiſchen Kaiſer mit ſich zu bringen ſchien; ſo durften doch nur einige Jahre hingehen, da ſich leicht eine Gelegenheit darbieten mochte, auf den einmal gewagten erſten Schritt noch mehr andere folgen zu laßen.
Dieſe Gelegenheit ereignete ſich, als der PabſtXIII. Leo der III. im April 799. von einigen Verſchwor-799 nen zu Rom bey einer Proceſſion uͤberfallen, aber noch gerettet wurde, um zu Carln, den er deswe- gen perſoͤnlich zu Paderborn beſuchte, ſeine Zuflucht nehmen zu koͤnnen. Carl ſchickte erſt etliche Bi- ſchoͤfe und Grafen als Commiſſarien nach Rom, um die Sache vorlaͤufig zu unterſuchen. Als er hierauf ſelber nachkam, und am 15. Dec. 800.800 oͤffentlich in der Peterskirche Gericht hielt, war das Ende dieſer Sache, daß Leo, nachdem er noch einen ihm zuerkannten Reinigungseid abgelegt hatte, von allen wider ihn vorgebrachten Beſchwer-
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6) Carolinger im Flor 752-814.
Als Patricius der Roͤmer hatte Carl zwar ſchon
den Schutz der Roͤmiſchen Kirche und der Stadt
Rom uͤbernommen. Aber die eigentliche Hoheit
uͤber die Stadt gebuͤhrte doch noch dem Hofe zu
Conſtantinopel. Jedoch als von hieraus je laͤnger
je weniger zu hoffen noch zu fuͤrchten war; wag-
ten die Roͤmer vorerſt im Jahre 796. den Schritt,
daß ſie Carl dem Großen, da er eben in Italien
war, ihre Stadtfahnen feierlich uͤberſchickten, und
ihm damit die Herrſchaft ihrer Stadt uͤbergaben.
Ob nun gleich damit die bisherige Oberherrſchaft
des Griechiſchkaiſerlichen Hofes noch nicht voͤllig
gehoben war, indem vielmehr ſelbſt der Name
Patricius, unter welchem Carl ſeine Rechte in Rom
auszuuͤben hatte, noch immer eine gewiſſe Abhaͤn-
gigkeit vom eigentlichen Roͤmiſchen Kaiſer mit ſich
zu bringen ſchien; ſo durften doch nur einige Jahre
hingehen, da ſich leicht eine Gelegenheit darbieten
mochte, auf den einmal gewagten erſten Schritt
noch mehr andere folgen zu laßen.
XII.
Dieſe Gelegenheit ereignete ſich, als der Pabſt
Leo der III. im April 799. von einigen Verſchwor-
nen zu Rom bey einer Proceſſion uͤberfallen, aber
noch gerettet wurde, um zu Carln, den er deswe-
gen perſoͤnlich zu Paderborn beſuchte, ſeine Zuflucht
nehmen zu koͤnnen. Carl ſchickte erſt etliche Bi-
ſchoͤfe und Grafen als Commiſſarien nach Rom,
um die Sache vorlaͤufig zu unterſuchen. Als er
hierauf ſelber nachkam, und am 15. Dec. 800.
oͤffentlich in der Peterskirche Gericht hielt, war
das Ende dieſer Sache, daß Leo, nachdem er noch
einen ihm zuerkannten Reinigungseid abgelegt
hatte, von allen wider ihn vorgebrachten Beſchwer-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/93>, abgerufen am 21.11.2024.
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