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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
wenn gar ein Beichtvater Einfluß haben könnte (wie
von den Zeiten der Ferdinande Spuhren vorkommen
sollen, daß alle Reichshofrathsgutachten erst durch
die Hände des Beichtvaters, der ein Jesuit war,
gegangen seyen (y); so freylich in Ansehung des
Teutschen Reichs kein geringes Stück der Herrschaft
der Welt von Seiten dieses Ordens gewesen wäre?)
Wie, wenn sich selbst aus einigen Beyspielen her-
vorgethan hätte, daß in den Reichshofraths-Gut-
achten nicht bloß Rechtsgründe, sondern auch po-
litische Gründe mit angebracht würden? -- Kurz
hier ließen sich freylich allerley Betrachtungen an-
stellen, die wenigstens begreiflich machen, daß auch
dieser Artikel nicht ohne Beschwerden geblieben ist.
Gemeiniglich ergibt sich aber doch aus den Aus-
fertigungen der Erkenntnisse, wie sie auf die Reichs-
hofrathsgutachten zu erfolgen pflegen, daß es heißt:
Kaiserliche Majestät haben gehorsamsten Reichs-
hofraths Gutachten approbirt.


XVII.

Ausser der kaiserlichen Gerichtbarkeit, wie sie
heutiges Tages am Cammergerichte und Reichs-
hofrathe, als den beiden höchsten Reichsgerichten,
für ganz Teutschland in der höchsten Instanz aus-
geübt wird, konnte nach der Verfassung des mitt-
lern Zeitalters der Kaiser auch über mittelbare Mit-
glieder des Reichs in Concurrenz mit deren ordent-
licher Obrigkeit eine Gerichtbarkeit erster Instanz
ausüben; so daß ein Unterthan den andern sowohl

beym
(y) In dieser Rücksicht ward schon 1644. die
Erinnerung gemacht, künftig der Reichshofraths-
ordnung einzuverleiben: "daß sonderlich dem ge-
heimen und Conscienz-Rathe in Justitzsachen die
Hände gänzlich gebunden werden möchten."
Meiern acta comitial. Th. 2. S. 280.

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
wenn gar ein Beichtvater Einfluß haben koͤnnte (wie
von den Zeiten der Ferdinande Spuhren vorkommen
ſollen, daß alle Reichshofrathsgutachten erſt durch
die Haͤnde des Beichtvaters, der ein Jeſuit war,
gegangen ſeyen (y); ſo freylich in Anſehung des
Teutſchen Reichs kein geringes Stuͤck der Herrſchaft
der Welt von Seiten dieſes Ordens geweſen waͤre?)
Wie, wenn ſich ſelbſt aus einigen Beyſpielen her-
vorgethan haͤtte, daß in den Reichshofraths-Gut-
achten nicht bloß Rechtsgruͤnde, ſondern auch po-
litiſche Gruͤnde mit angebracht wuͤrden? — Kurz
hier ließen ſich freylich allerley Betrachtungen an-
ſtellen, die wenigſtens begreiflich machen, daß auch
dieſer Artikel nicht ohne Beſchwerden geblieben iſt.
Gemeiniglich ergibt ſich aber doch aus den Aus-
fertigungen der Erkenntniſſe, wie ſie auf die Reichs-
hofrathsgutachten zu erfolgen pflegen, daß es heißt:
Kaiſerliche Majeſtaͤt haben gehorſamſten Reichs-
hofraths Gutachten approbirt.


XVII.

Auſſer der kaiſerlichen Gerichtbarkeit, wie ſie
heutiges Tages am Cammergerichte und Reichs-
hofrathe, als den beiden hoͤchſten Reichsgerichten,
fuͤr ganz Teutſchland in der hoͤchſten Inſtanz aus-
geuͤbt wird, konnte nach der Verfaſſung des mitt-
lern Zeitalters der Kaiſer auch uͤber mittelbare Mit-
glieder des Reichs in Concurrenz mit deren ordent-
licher Obrigkeit eine Gerichtbarkeit erſter Inſtanz
ausuͤben; ſo daß ein Unterthan den andern ſowohl

beym
(y) In dieſer Ruͤckſicht ward ſchon 1644. die
Erinnerung gemacht, kuͤnftig der Reichshofraths-
ordnung einzuverleiben: ”daß ſonderlich dem ge-
heimen und Conſcienz-Rathe in Juſtitzſachen die
Haͤnde gaͤnzlich gebunden werden moͤchten.”
Meiern acta comitial. Th. 2. S. 280.
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[116/0158] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. wenn gar ein Beichtvater Einfluß haben koͤnnte (wie von den Zeiten der Ferdinande Spuhren vorkommen ſollen, daß alle Reichshofrathsgutachten erſt durch die Haͤnde des Beichtvaters, der ein Jeſuit war, gegangen ſeyen (y); ſo freylich in Anſehung des Teutſchen Reichs kein geringes Stuͤck der Herrſchaft der Welt von Seiten dieſes Ordens geweſen waͤre?) Wie, wenn ſich ſelbſt aus einigen Beyſpielen her- vorgethan haͤtte, daß in den Reichshofraths-Gut- achten nicht bloß Rechtsgruͤnde, ſondern auch po- litiſche Gruͤnde mit angebracht wuͤrden? — Kurz hier ließen ſich freylich allerley Betrachtungen an- ſtellen, die wenigſtens begreiflich machen, daß auch dieſer Artikel nicht ohne Beſchwerden geblieben iſt. Gemeiniglich ergibt ſich aber doch aus den Aus- fertigungen der Erkenntniſſe, wie ſie auf die Reichs- hofrathsgutachten zu erfolgen pflegen, daß es heißt: Kaiſerliche Majeſtaͤt haben gehorſamſten Reichs- hofraths Gutachten approbirt. Auſſer der kaiſerlichen Gerichtbarkeit, wie ſie heutiges Tages am Cammergerichte und Reichs- hofrathe, als den beiden hoͤchſten Reichsgerichten, fuͤr ganz Teutſchland in der hoͤchſten Inſtanz aus- geuͤbt wird, konnte nach der Verfaſſung des mitt- lern Zeitalters der Kaiſer auch uͤber mittelbare Mit- glieder des Reichs in Concurrenz mit deren ordent- licher Obrigkeit eine Gerichtbarkeit erſter Inſtanz ausuͤben; ſo daß ein Unterthan den andern ſowohl beym (y) In dieſer Ruͤckſicht ward ſchon 1644. die Erinnerung gemacht, kuͤnftig der Reichshofraths- ordnung einzuverleiben: ”daß ſonderlich dem ge- heimen und Conſcienz-Rathe in Juſtitzſachen die Haͤnde gaͤnzlich gebunden werden moͤchten.” Meiern acta comitial. Th. 2. S. 280.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/158>, abgerufen am 09.11.2024.