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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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9) Sachen an Reichst. verwiesen.
Beste des Reichs vor Augen gehabt zu haben
schienen. In der Wahlcapitulation des Kaiser
Matthias hatten sie aber angefangen, einige Ar-
tikel nur zu ihrem Vortheile einzurichten, z. B.
daß nur ihre, nicht des ganzen Reichs Einwilligung
in gewissen Fällen nöthig seyn sollte. Darüber
hatten die übrigen Reichsstände Widerspruch er-
regt, und fanden beym Friedenscongreß in so weit
Unterstützung, daß man für billig erkannte, daß
eine auf beständig zur Richtschnur dienende Wahl-
capitulation in Kraft eines wahren allgemeinen
Reichsgrundgesetzes auf dem nächsten Reichstage
mittelst gemeinsamer Einwilligung sämmtlicher
Reichsstände entworfen werden möchte.

(Die Sache kam jedoch noch nicht auf dem näch-III.
sten Reichstage 1653., sondern erst 1664. in würk-
liche Berathschlagung, und, nach neuen Schwierig-
keiten, die über den Eingang und Schluß entstan-
den, erst 1711. zu einem Vergleiche, vermöge des-
sen den Churfürsten zwar unbenommen blieb, mit
einem neu zu erwehlenden Römischen Könige oder
Kaiser noch weiter zu capituliren, aber doch nicht
in gemeinen Reichsgeschäfften oder gemeinsame Ge-
rechtsame sämmtlicher Reichsstände betreffend, und
ohne weder in der verglichenen beständigen Capi-
tulation ohne der übrigen Stände Bewilligung
etwas zu ändern, noch anderen Reichsgesetzen und
Gerechtsamen der Stände Abbruch zu thun. So
blieben die folgenden Wahlcapitulationen bis 1711.
noch auf den vorigen Fuß; Aber die von Carl
dem VI. wurde zuerst nach der beständigen Wahl-
capitulation eingerichtet, deren Ordnung und Haupt-
inhalt auch hernach immer beybehalten wurde, bis

auf
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9) Sachen an Reichst. verwieſen.
Beſte des Reichs vor Augen gehabt zu haben
ſchienen. In der Wahlcapitulation des Kaiſer
Matthias hatten ſie aber angefangen, einige Ar-
tikel nur zu ihrem Vortheile einzurichten, z. B.
daß nur ihre, nicht des ganzen Reichs Einwilligung
in gewiſſen Faͤllen noͤthig ſeyn ſollte. Daruͤber
hatten die uͤbrigen Reichsſtaͤnde Widerſpruch er-
regt, und fanden beym Friedenscongreß in ſo weit
Unterſtuͤtzung, daß man fuͤr billig erkannte, daß
eine auf beſtaͤndig zur Richtſchnur dienende Wahl-
capitulation in Kraft eines wahren allgemeinen
Reichsgrundgeſetzes auf dem naͤchſten Reichstage
mittelſt gemeinſamer Einwilligung ſaͤmmtlicher
Reichsſtaͤnde entworfen werden moͤchte.

(Die Sache kam jedoch noch nicht auf dem naͤch-III.
ſten Reichstage 1653., ſondern erſt 1664. in wuͤrk-
liche Berathſchlagung, und, nach neuen Schwierig-
keiten, die uͤber den Eingang und Schluß entſtan-
den, erſt 1711. zu einem Vergleiche, vermoͤge deſ-
ſen den Churfuͤrſten zwar unbenommen blieb, mit
einem neu zu erwehlenden Roͤmiſchen Koͤnige oder
Kaiſer noch weiter zu capituliren, aber doch nicht
in gemeinen Reichsgeſchaͤfften oder gemeinſame Ge-
rechtſame ſaͤmmtlicher Reichsſtaͤnde betreffend, und
ohne weder in der verglichenen beſtaͤndigen Capi-
tulation ohne der uͤbrigen Staͤnde Bewilligung
etwas zu aͤndern, noch anderen Reichsgeſetzen und
Gerechtſamen der Staͤnde Abbruch zu thun. So
blieben die folgenden Wahlcapitulationen bis 1711.
noch auf den vorigen Fuß; Aber die von Carl
dem VI. wurde zuerſt nach der beſtaͤndigen Wahl-
capitulation eingerichtet, deren Ordnung und Haupt-
inhalt auch hernach immer beybehalten wurde, bis

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[119/0161] 9) Sachen an Reichst. verwieſen. Beſte des Reichs vor Augen gehabt zu haben ſchienen. In der Wahlcapitulation des Kaiſer Matthias hatten ſie aber angefangen, einige Ar- tikel nur zu ihrem Vortheile einzurichten, z. B. daß nur ihre, nicht des ganzen Reichs Einwilligung in gewiſſen Faͤllen noͤthig ſeyn ſollte. Daruͤber hatten die uͤbrigen Reichsſtaͤnde Widerſpruch er- regt, und fanden beym Friedenscongreß in ſo weit Unterſtuͤtzung, daß man fuͤr billig erkannte, daß eine auf beſtaͤndig zur Richtſchnur dienende Wahl- capitulation in Kraft eines wahren allgemeinen Reichsgrundgeſetzes auf dem naͤchſten Reichstage mittelſt gemeinſamer Einwilligung ſaͤmmtlicher Reichsſtaͤnde entworfen werden moͤchte. (Die Sache kam jedoch noch nicht auf dem naͤch- ſten Reichstage 1653., ſondern erſt 1664. in wuͤrk- liche Berathſchlagung, und, nach neuen Schwierig- keiten, die uͤber den Eingang und Schluß entſtan- den, erſt 1711. zu einem Vergleiche, vermoͤge deſ- ſen den Churfuͤrſten zwar unbenommen blieb, mit einem neu zu erwehlenden Roͤmiſchen Koͤnige oder Kaiſer noch weiter zu capituliren, aber doch nicht in gemeinen Reichsgeſchaͤfften oder gemeinſame Ge- rechtſame ſaͤmmtlicher Reichsſtaͤnde betreffend, und ohne weder in der verglichenen beſtaͤndigen Capi- tulation ohne der uͤbrigen Staͤnde Bewilligung etwas zu aͤndern, noch anderen Reichsgeſetzen und Gerechtſamen der Staͤnde Abbruch zu thun. So blieben die folgenden Wahlcapitulationen bis 1711. noch auf den vorigen Fuß; Aber die von Carl dem VI. wurde zuerſt nach der beſtaͤndigen Wahl- capitulation eingerichtet, deren Ordnung und Haupt- inhalt auch hernach immer beybehalten wurde, bis auf III. H 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/161>, abgerufen am 09.11.2024.