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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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5) Veränderter Zustand der Städte.
finden, oder von neuem herzustellen, das war eine
ganz andere Sache; zumal da jetzt überall Nach-
träge zu den Schulden, die im Kriege gemacht
waren, und noch die ganz neue Last des Beytra-
ges zu den fünf Schwedischen Millionen hinzukam.

In vielen Ländern wurde jetzt freylich Land-V.
tag auf Landtag gehalten, um das landschaftliche
Schuldenwesen in Ordnung zu bringen, und an-
dere gemeinnützige Anstalten zu treffen. Allein
hier zeigte sich wieder ein Umstand, der in der Ver-
fassung der meisten Länder bis auf den heutigen Tag
nicht zu heben gewesen, aber den Städten und der
von deren Gewerbe zu erwartenden Aufnahme der
Länder äußerst nachtheilig ist. Auf Landtagen
haben zwar Städte, so gut wie der Adel und
Prälatenstand, ihre Stimmen; ohne ihre Einwil-
ligung können auch den Einwohnern der Städte
keine Lasten aufgebürdet werden. Allein von Sei-
ten der Ritterschaft kann ein jeder Besitzer eines
Rittergutes auf dem Landtage erscheinen, und für
sich selber sprechen; jeder Prälat desgleichen. Von
Städten erscheinen nur Deputirte, die zusammen-
genommen selten das Gewicht haben, wie der Prä-
latenstand und die Ritterschaft. Auch gehört für
einen jeden einzeln schon eine große Gabe von Be-
redtsamkeit und Geschicklichkeit, und nicht wenig
Herzhaftigkeit, Standhaftigkeit und patriotische
Gesinnung dazu, wenn er das Interesse der Stadt
mit eben dem Eifer und Erfolge wahren soll, wie
jene Herren ihre eigne Sache wahren.

Nun waren freylich beym Ursprunge des Teut-VI.
schen Steuerwesens die Umstände so, daß die Lan-

des-
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5) Veraͤnderter Zuſtand der Staͤdte.
finden, oder von neuem herzuſtellen, das war eine
ganz andere Sache; zumal da jetzt uͤberall Nach-
traͤge zu den Schulden, die im Kriege gemacht
waren, und noch die ganz neue Laſt des Beytra-
ges zu den fuͤnf Schwediſchen Millionen hinzukam.

In vielen Laͤndern wurde jetzt freylich Land-V.
tag auf Landtag gehalten, um das landſchaftliche
Schuldenweſen in Ordnung zu bringen, und an-
dere gemeinnuͤtzige Anſtalten zu treffen. Allein
hier zeigte ſich wieder ein Umſtand, der in der Ver-
faſſung der meiſten Laͤnder bis auf den heutigen Tag
nicht zu heben geweſen, aber den Staͤdten und der
von deren Gewerbe zu erwartenden Aufnahme der
Laͤnder aͤußerſt nachtheilig iſt. Auf Landtagen
haben zwar Staͤdte, ſo gut wie der Adel und
Praͤlatenſtand, ihre Stimmen; ohne ihre Einwil-
ligung koͤnnen auch den Einwohnern der Staͤdte
keine Laſten aufgebuͤrdet werden. Allein von Sei-
ten der Ritterſchaft kann ein jeder Beſitzer eines
Rittergutes auf dem Landtage erſcheinen, und fuͤr
ſich ſelber ſprechen; jeder Praͤlat desgleichen. Von
Staͤdten erſcheinen nur Deputirte, die zuſammen-
genommen ſelten das Gewicht haben, wie der Praͤ-
latenſtand und die Ritterſchaft. Auch gehoͤrt fuͤr
einen jeden einzeln ſchon eine große Gabe von Be-
redtſamkeit und Geſchicklichkeit, und nicht wenig
Herzhaftigkeit, Standhaftigkeit und patriotiſche
Geſinnung dazu, wenn er das Intereſſe der Stadt
mit eben dem Eifer und Erfolge wahren ſoll, wie
jene Herren ihre eigne Sache wahren.

Nun waren freylich beym Urſprunge des Teut-VI.
ſchen Steuerweſens die Umſtaͤnde ſo, daß die Lan-

des-
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[199/0241] 5) Veraͤnderter Zuſtand der Staͤdte. finden, oder von neuem herzuſtellen, das war eine ganz andere Sache; zumal da jetzt uͤberall Nach- traͤge zu den Schulden, die im Kriege gemacht waren, und noch die ganz neue Laſt des Beytra- ges zu den fuͤnf Schwediſchen Millionen hinzukam. In vielen Laͤndern wurde jetzt freylich Land- tag auf Landtag gehalten, um das landſchaftliche Schuldenweſen in Ordnung zu bringen, und an- dere gemeinnuͤtzige Anſtalten zu treffen. Allein hier zeigte ſich wieder ein Umſtand, der in der Ver- faſſung der meiſten Laͤnder bis auf den heutigen Tag nicht zu heben geweſen, aber den Staͤdten und der von deren Gewerbe zu erwartenden Aufnahme der Laͤnder aͤußerſt nachtheilig iſt. Auf Landtagen haben zwar Staͤdte, ſo gut wie der Adel und Praͤlatenſtand, ihre Stimmen; ohne ihre Einwil- ligung koͤnnen auch den Einwohnern der Staͤdte keine Laſten aufgebuͤrdet werden. Allein von Sei- ten der Ritterſchaft kann ein jeder Beſitzer eines Rittergutes auf dem Landtage erſcheinen, und fuͤr ſich ſelber ſprechen; jeder Praͤlat desgleichen. Von Staͤdten erſcheinen nur Deputirte, die zuſammen- genommen ſelten das Gewicht haben, wie der Praͤ- latenſtand und die Ritterſchaft. Auch gehoͤrt fuͤr einen jeden einzeln ſchon eine große Gabe von Be- redtſamkeit und Geſchicklichkeit, und nicht wenig Herzhaftigkeit, Standhaftigkeit und patriotiſche Geſinnung dazu, wenn er das Intereſſe der Stadt mit eben dem Eifer und Erfolge wahren ſoll, wie jene Herren ihre eigne Sache wahren. V. Nun waren freylich beym Urſprunge des Teut- ſchen Steuerweſens die Umſtaͤnde ſo, daß die Lan- des- VI. N 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/241>, abgerufen am 21.11.2024.