Uebrigens steht jetzt einer jeden Reichsstadt inVI. ihrem Gebiete sowohl innerhalb als außer ihren Ringmauern unstreitig das Recht der Landesho- heit eben so gut, als den höheren Reichsständen, zu. Doch wird solche nicht sowohl dem Magistra- te für sich, als einer jeden Stadt im Ganzen zuge- standen. Und einiger Unterschied läßt sich doch von anderen Reichsständen wahrnehmen. Denn da diese z. B. gemeiniglich als Vasallen dem Kaiser den Lehnseid schwören und darum keine beson- dere Huldigung leisten, so ist bey den Reichsstäd- ten, die für sich nicht lehnbar sind, wenn sie gleich zufälliger Weise auch Lehngüter besitzen können, doch noch üblich, daß sowohl Bürgerschaft und Besatzung, (wenn welche da ist,) als der Magi- strat der Stadt jedem neuen Kaiser huldigen mü- ßen; es sey nun, daß der Kaiser diese Huldigung in Person empfängt, wie noch nach der Kaiserkrö- nung zu Frankfurt bisher üblich gewesen, oder daß er einen kaiserlichen Commissarien dazu ernennt, oder daß auch der Stadt, wie jetzt vielfältig zu ge- schehen pflegt, Dispensationsweise gestattet wird, durch einen Agenten zu Wien den Huldigungseid vermöge besonderer Vollmacht vom Magistrate und der ganzen Bürgerschaft in ihre Seele ablegen zu laßen.
Von einer jährlichen Steuer, welche der Kai-VII. ser ehedem aus allen Reichsstädten zu erheben hat- te, haben sich zwar viele in neueren Zeiten frey ge- macht. Viele sind aber auch noch in dem Falle, daß sie jährlich eine solche Steuer abtragen müßen, wie z. B. von der Stadt Frankfurt alle Herbste
2784.
O 2
6) Verfaſſung der Reichsſtaͤdte.
Uebrigens ſteht jetzt einer jeden Reichsſtadt inVI. ihrem Gebiete ſowohl innerhalb als außer ihren Ringmauern unſtreitig das Recht der Landesho- heit eben ſo gut, als den hoͤheren Reichsſtaͤnden, zu. Doch wird ſolche nicht ſowohl dem Magiſtra- te fuͤr ſich, als einer jeden Stadt im Ganzen zuge- ſtanden. Und einiger Unterſchied laͤßt ſich doch von anderen Reichsſtaͤnden wahrnehmen. Denn da dieſe z. B. gemeiniglich als Vaſallen dem Kaiſer den Lehnseid ſchwoͤren und darum keine beſon- dere Huldigung leiſten, ſo iſt bey den Reichsſtaͤd- ten, die fuͤr ſich nicht lehnbar ſind, wenn ſie gleich zufaͤlliger Weiſe auch Lehnguͤter beſitzen koͤnnen, doch noch uͤblich, daß ſowohl Buͤrgerſchaft und Beſatzung, (wenn welche da iſt,) als der Magi- ſtrat der Stadt jedem neuen Kaiſer huldigen muͤ- ßen; es ſey nun, daß der Kaiſer dieſe Huldigung in Perſon empfaͤngt, wie noch nach der Kaiſerkroͤ- nung zu Frankfurt bisher uͤblich geweſen, oder daß er einen kaiſerlichen Commiſſarien dazu ernennt, oder daß auch der Stadt, wie jetzt vielfaͤltig zu ge- ſchehen pflegt, Dispenſationsweiſe geſtattet wird, durch einen Agenten zu Wien den Huldigungseid vermoͤge beſonderer Vollmacht vom Magiſtrate und der ganzen Buͤrgerſchaft in ihre Seele ablegen zu laßen.
Von einer jaͤhrlichen Steuer, welche der Kai-VII. ſer ehedem aus allen Reichsſtaͤdten zu erheben hat- te, haben ſich zwar viele in neueren Zeiten frey ge- macht. Viele ſind aber auch noch in dem Falle, daß ſie jaͤhrlich eine ſolche Steuer abtragen muͤßen, wie z. B. von der Stadt Frankfurt alle Herbſte
2784.
O 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0253"n="211"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">6) Verfaſſung der Reichsſtaͤdte.</hi></fw><lb/><p>Uebrigens ſteht jetzt einer jeden Reichsſtadt in<noteplace="right"><hirendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
ihrem Gebiete ſowohl innerhalb als außer ihren<lb/>
Ringmauern unſtreitig das Recht der <hirendition="#fr">Landesho-<lb/>
heit</hi> eben ſo gut, als den hoͤheren Reichsſtaͤnden,<lb/>
zu. Doch wird ſolche nicht ſowohl dem Magiſtra-<lb/>
te fuͤr ſich, als einer jeden Stadt im Ganzen zuge-<lb/>ſtanden. Und einiger Unterſchied laͤßt ſich doch von<lb/>
anderen Reichsſtaͤnden wahrnehmen. Denn da<lb/>
dieſe z. B. gemeiniglich als Vaſallen dem Kaiſer<lb/>
den Lehnseid ſchwoͤren und darum keine beſon-<lb/>
dere Huldigung leiſten, ſo iſt bey den Reichsſtaͤd-<lb/>
ten, die fuͤr ſich nicht lehnbar ſind, wenn ſie gleich<lb/>
zufaͤlliger Weiſe auch Lehnguͤter beſitzen koͤnnen,<lb/>
doch noch uͤblich, daß ſowohl Buͤrgerſchaft und<lb/>
Beſatzung, (wenn welche da iſt,) als der Magi-<lb/>ſtrat der Stadt jedem neuen Kaiſer huldigen muͤ-<lb/>
ßen; es ſey nun, daß der Kaiſer dieſe Huldigung<lb/>
in Perſon empfaͤngt, wie noch nach der Kaiſerkroͤ-<lb/>
nung zu Frankfurt bisher uͤblich geweſen, oder daß<lb/>
er einen kaiſerlichen Commiſſarien dazu ernennt,<lb/>
oder daß auch der Stadt, wie jetzt vielfaͤltig zu ge-<lb/>ſchehen pflegt, Dispenſationsweiſe geſtattet wird,<lb/>
durch einen Agenten zu Wien den Huldigungseid<lb/>
vermoͤge beſonderer Vollmacht vom Magiſtrate und<lb/>
der ganzen Buͤrgerſchaft in ihre Seele ablegen zu<lb/>
laßen.</p><lb/><p>Von einer jaͤhrlichen <hirendition="#fr">Steuer,</hi> welche der Kai-<noteplace="right"><hirendition="#aq">VII.</hi></note><lb/>ſer ehedem aus allen Reichsſtaͤdten zu erheben hat-<lb/>
te, haben ſich zwar viele in neueren Zeiten frey ge-<lb/>
macht. Viele ſind aber auch noch in dem Falle,<lb/>
daß ſie jaͤhrlich eine ſolche Steuer abtragen muͤßen,<lb/>
wie z. B. von der Stadt Frankfurt alle Herbſte<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">2784.</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[211/0253]
6) Verfaſſung der Reichsſtaͤdte.
Uebrigens ſteht jetzt einer jeden Reichsſtadt in
ihrem Gebiete ſowohl innerhalb als außer ihren
Ringmauern unſtreitig das Recht der Landesho-
heit eben ſo gut, als den hoͤheren Reichsſtaͤnden,
zu. Doch wird ſolche nicht ſowohl dem Magiſtra-
te fuͤr ſich, als einer jeden Stadt im Ganzen zuge-
ſtanden. Und einiger Unterſchied laͤßt ſich doch von
anderen Reichsſtaͤnden wahrnehmen. Denn da
dieſe z. B. gemeiniglich als Vaſallen dem Kaiſer
den Lehnseid ſchwoͤren und darum keine beſon-
dere Huldigung leiſten, ſo iſt bey den Reichsſtaͤd-
ten, die fuͤr ſich nicht lehnbar ſind, wenn ſie gleich
zufaͤlliger Weiſe auch Lehnguͤter beſitzen koͤnnen,
doch noch uͤblich, daß ſowohl Buͤrgerſchaft und
Beſatzung, (wenn welche da iſt,) als der Magi-
ſtrat der Stadt jedem neuen Kaiſer huldigen muͤ-
ßen; es ſey nun, daß der Kaiſer dieſe Huldigung
in Perſon empfaͤngt, wie noch nach der Kaiſerkroͤ-
nung zu Frankfurt bisher uͤblich geweſen, oder daß
er einen kaiſerlichen Commiſſarien dazu ernennt,
oder daß auch der Stadt, wie jetzt vielfaͤltig zu ge-
ſchehen pflegt, Dispenſationsweiſe geſtattet wird,
durch einen Agenten zu Wien den Huldigungseid
vermoͤge beſonderer Vollmacht vom Magiſtrate und
der ganzen Buͤrgerſchaft in ihre Seele ablegen zu
laßen.
VI.
Von einer jaͤhrlichen Steuer, welche der Kai-
ſer ehedem aus allen Reichsſtaͤdten zu erheben hat-
te, haben ſich zwar viele in neueren Zeiten frey ge-
macht. Viele ſind aber auch noch in dem Falle,
daß ſie jaͤhrlich eine ſolche Steuer abtragen muͤßen,
wie z. B. von der Stadt Frankfurt alle Herbſte
2784.
VII.
O 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/253>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.