Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.1) Anfang des beständ. Reichst. sandten bey den churfürstlichen ohne Unterschiedden ersten feierlichen Besuch ablegten, und densel- ben die Excellenz gaben, ohne sie zurückzubekom- men. Die churfürstlichen schienen aber in diesen Vorzügen kaum Ziel und Maaß halten zu wollen. Sie verlangten z. B. bey feierlichen Gastmahlen auf roth beschlagenen Stühlen zu sitzen, da die fürst- lichen nur grüne haben sollten. Sie wollten durch Edelknaben mit goldenem Messer und Gabel, die fürstlichen sollten durch Livreebedienten nur mit Silber bedient werden. Neu ankommenden chur- fürstlichen Gesandten mußte die Stadt Regens- burg das gewöhnliche Geschenk von Wein, Frucht und Fischen in größerer Anzahl, als den fürstli- chen geben. Am Maytage pflegte der Reichspro- foß den Gesandten Maybäume zu stecken; da soll- ten den churfürstlichen sechs, den fürstlichen nur vier gesteckt werden; u. s. w. Am empfindlichsten fiel es endlich den Gesand-X. ge- R 4
1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst. ſandten bey den churfuͤrſtlichen ohne Unterſchiedden erſten feierlichen Beſuch ablegten, und denſel- ben die Excellenz gaben, ohne ſie zuruͤckzubekom- men. Die churfuͤrſtlichen ſchienen aber in dieſen Vorzuͤgen kaum Ziel und Maaß halten zu wollen. Sie verlangten z. B. bey feierlichen Gaſtmahlen auf roth beſchlagenen Stuͤhlen zu ſitzen, da die fuͤrſt- lichen nur gruͤne haben ſollten. Sie wollten durch Edelknaben mit goldenem Meſſer und Gabel, die fuͤrſtlichen ſollten durch Livreebedienten nur mit Silber bedient werden. Neu ankommenden chur- fuͤrſtlichen Geſandten mußte die Stadt Regens- burg das gewoͤhnliche Geſchenk von Wein, Frucht und Fiſchen in groͤßerer Anzahl, als den fuͤrſtli- chen geben. Am Maytage pflegte der Reichspro- foß den Geſandten Maybaͤume zu ſtecken; da ſoll- ten den churfuͤrſtlichen ſechs, den fuͤrſtlichen nur vier geſteckt werden; u. ſ. w. Am empfindlichſten fiel es endlich den Geſand-X. ge- R 4
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1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst.
ſandten bey den churfuͤrſtlichen ohne Unterſchied
den erſten feierlichen Beſuch ablegten, und denſel-
ben die Excellenz gaben, ohne ſie zuruͤckzubekom-
men. Die churfuͤrſtlichen ſchienen aber in dieſen
Vorzuͤgen kaum Ziel und Maaß halten zu wollen.
Sie verlangten z. B. bey feierlichen Gaſtmahlen auf
roth beſchlagenen Stuͤhlen zu ſitzen, da die fuͤrſt-
lichen nur gruͤne haben ſollten. Sie wollten durch
Edelknaben mit goldenem Meſſer und Gabel, die
fuͤrſtlichen ſollten durch Livreebedienten nur mit
Silber bedient werden. Neu ankommenden chur-
fuͤrſtlichen Geſandten mußte die Stadt Regens-
burg das gewoͤhnliche Geſchenk von Wein, Frucht
und Fiſchen in groͤßerer Anzahl, als den fuͤrſtli-
chen geben. Am Maytage pflegte der Reichspro-
foß den Geſandten Maybaͤume zu ſtecken; da ſoll-
ten den churfuͤrſtlichen ſechs, den fuͤrſtlichen nur
vier geſteckt werden; u. ſ. w.
Am empfindlichſten fiel es endlich den Geſand-
ten altfuͤrſtlicher Haͤuſer, daß die churfuͤrſtlichen ſo
gar in ihren eignen Haͤuſern uͤber die fuͤrſtlichen die
Hand nehmen wollten. Daruͤber brachen zuletzt
(1682) die altfuͤrſtlichen Geſandten allen feier-
lichen Umgang mit den churfuͤrſtlichen ab, und fien-
gen unter einander eben das Ceremoniel an, wie es
die churfuͤrſtlichen unter ſich zu halten pflegten, ga-
ben hingegen den churfuͤrſtlichen nicht mehr Titel
und andere Ehrenbezeigungen, als ſie von denſel-
ben zuruͤckbekamen. Und ſo iſt es ſeitdem großen-
theils noch bis auf den heutigen Tag geblieben;
ohne zu gedenken, was noch in Anſehung der neu-
fuͤrſtlichen, graͤflichen und reichsſtaͤdtiſchen Ge-
ſandten oder Stimmfuͤhrer, wie ſie zum Theil auch
ge-
X.
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