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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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IX. Leop. u. Joseph I. 1657-1711.

VI.

Von allen Kreisen war der Oesterreichische
am stärksten angesetzt, vermuthlich in Rücksicht
darauf, daß das Haus Oesterreich ohnedem ein
zahlreiches Kriegsheer unterhielt, und bey den Krie-
gen, wo nach der damaligen Lage der Sachen die
Stellung eines Reichskriegsheeres in Frage kom-
men mochte, selbst am meisten interessirt war, um
den übrigen Kreisen mit einem so guten Beyspiele
vorzugehen. Doch war Böhmen in diesem An-
schlage nicht mit begriffen, weil es nicht nur zu
keinem Kreise gehörte, sondern auch unter den Chur-
fürsten fast nur dem Namen nach mitgerechnet
wurde, ohne sich sonst zum Reiche zu halten. (Im
Jahre 1708. ist das zwar durch Readmission der
Böhmischen Chur gehoben; ein Anschlag zu jenem
Volksbeytrage ist aber nicht nachgeholet worden.)


VII.

Eine andere Folge der damaligen Zeitläufte in
Beziehung auf die Reichskriegsverfassung äußerte
sich darin, daß am 31. Jan. 1682. einige Ober-
rheinische und Westerwäldische Reichsstände mit
dem Fränkischen Kreise, wegen der Gefahr, die sie
zunächst von Französischen Feindseligkeiten zu be-
sorgen hatten, unter dem Namen einer Associa-
tion
ein Vertheidigungsbündniß schlossen, wel-
chem der Kaiser selbst bald hernach beytrat (1682.
Jun. 10.); worauf auch der Beytritt des Bairi-
schen Kreises (1683. März 28.), und, nach meh-
reren einzelnen Bündnissen, zuletzt (1689. Febr.
14.) vom ganzen Reiche die Kriegserklärung ge-
gen Frankreich erfolgte.


VIII.

Seitdem ist in mehr ähnlichen Fällen, wenn
es darum galt, einen Reichskrieg mit Frankreich

zu
IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.

VI.

Von allen Kreiſen war der Oeſterreichiſche
am ſtaͤrkſten angeſetzt, vermuthlich in Ruͤckſicht
darauf, daß das Haus Oeſterreich ohnedem ein
zahlreiches Kriegsheer unterhielt, und bey den Krie-
gen, wo nach der damaligen Lage der Sachen die
Stellung eines Reichskriegsheeres in Frage kom-
men mochte, ſelbſt am meiſten intereſſirt war, um
den uͤbrigen Kreiſen mit einem ſo guten Beyſpiele
vorzugehen. Doch war Boͤhmen in dieſem An-
ſchlage nicht mit begriffen, weil es nicht nur zu
keinem Kreiſe gehoͤrte, ſondern auch unter den Chur-
fuͤrſten faſt nur dem Namen nach mitgerechnet
wurde, ohne ſich ſonſt zum Reiche zu halten. (Im
Jahre 1708. iſt das zwar durch Readmiſſion der
Boͤhmiſchen Chur gehoben; ein Anſchlag zu jenem
Volksbeytrage iſt aber nicht nachgeholet worden.)


VII.

Eine andere Folge der damaligen Zeitlaͤufte in
Beziehung auf die Reichskriegsverfaſſung aͤußerte
ſich darin, daß am 31. Jan. 1682. einige Ober-
rheiniſche und Weſterwaͤldiſche Reichsſtaͤnde mit
dem Fraͤnkiſchen Kreiſe, wegen der Gefahr, die ſie
zunaͤchſt von Franzoͤſiſchen Feindſeligkeiten zu be-
ſorgen hatten, unter dem Namen einer Aſſocia-
tion
ein Vertheidigungsbuͤndniß ſchloſſen, wel-
chem der Kaiſer ſelbſt bald hernach beytrat (1682.
Jun. 10.); worauf auch der Beytritt des Bairi-
ſchen Kreiſes (1683. Maͤrz 28.), und, nach meh-
reren einzelnen Buͤndniſſen, zuletzt (1689. Febr.
14.) vom ganzen Reiche die Kriegserklaͤrung ge-
gen Frankreich erfolgte.


VIII.

Seitdem iſt in mehr aͤhnlichen Faͤllen, wenn
es darum galt, einen Reichskrieg mit Frankreich

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[296/0338] IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711. Von allen Kreiſen war der Oeſterreichiſche am ſtaͤrkſten angeſetzt, vermuthlich in Ruͤckſicht darauf, daß das Haus Oeſterreich ohnedem ein zahlreiches Kriegsheer unterhielt, und bey den Krie- gen, wo nach der damaligen Lage der Sachen die Stellung eines Reichskriegsheeres in Frage kom- men mochte, ſelbſt am meiſten intereſſirt war, um den uͤbrigen Kreiſen mit einem ſo guten Beyſpiele vorzugehen. Doch war Boͤhmen in dieſem An- ſchlage nicht mit begriffen, weil es nicht nur zu keinem Kreiſe gehoͤrte, ſondern auch unter den Chur- fuͤrſten faſt nur dem Namen nach mitgerechnet wurde, ohne ſich ſonſt zum Reiche zu halten. (Im Jahre 1708. iſt das zwar durch Readmiſſion der Boͤhmiſchen Chur gehoben; ein Anſchlag zu jenem Volksbeytrage iſt aber nicht nachgeholet worden.) Eine andere Folge der damaligen Zeitlaͤufte in Beziehung auf die Reichskriegsverfaſſung aͤußerte ſich darin, daß am 31. Jan. 1682. einige Ober- rheiniſche und Weſterwaͤldiſche Reichsſtaͤnde mit dem Fraͤnkiſchen Kreiſe, wegen der Gefahr, die ſie zunaͤchſt von Franzoͤſiſchen Feindſeligkeiten zu be- ſorgen hatten, unter dem Namen einer Aſſocia- tion ein Vertheidigungsbuͤndniß ſchloſſen, wel- chem der Kaiſer ſelbſt bald hernach beytrat (1682. Jun. 10.); worauf auch der Beytritt des Bairi- ſchen Kreiſes (1683. Maͤrz 28.), und, nach meh- reren einzelnen Buͤndniſſen, zuletzt (1689. Febr. 14.) vom ganzen Reiche die Kriegserklaͤrung ge- gen Frankreich erfolgte. Seitdem iſt in mehr aͤhnlichen Faͤllen, wenn es darum galt, einen Reichskrieg mit Frankreich zu

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/338>, abgerufen am 24.11.2024.