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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.

VIII.

Man hatte nehmlich, wie oben (S. 301.)
vorgekommen ist, im Jahre 1690. in der Wahl-
capitulation Josephs des I. für bekannt angenom-
men, daß in einem mit Frankreich zu schließenden
Frieden alles, was in den von dieser Krone zu-
rückzugebenden Orten sowohl in geistlichen als welt-
lichen Sachen geändert sey, in den Stand wieder
hergestellt werden müße, wie es den Reichsgrund-
gesetzen und Friedensschlüssen gemäß sey; da dann
unter diesen Friedensschlüssen damals 1690. der
Ryßwickische von 1697. offenbar nicht mit verstan-
den seyn konnte, sondern dieser Ausdruck nur auf
den Westphälischen und Nimwegischen Frieden zu-
rückwies. Nun hatte zwar in der Zwischenzeit zwi-
schen der Wahl Josephs des I. und Carls des VI.
der Ryßwickische Friede die Zahl der bisherigen
Friedensschlüsse vermehret. Allein zur Zeit der
letztern Wahl war eben sowohl als zur Zeit der er-
stern das Teutsche Reich mit der Krone Frankreich
im Kriege begriffen. Nach der ganzen Lage der
Sache war also nichts natürlicher, als daß bey
buchstäblicher Wiederholung jener Stelle der Wahl-
capitulation vom Jahre 1690. die Bemerkung ge-
macht werden mußte, daß unter den damals ange-
führten Friedensschlüssen der erst nachher hinzuge-
kommene Ryßwickische Friede nicht mit gemey-
net sey.


IX.

Diese Bemerkung hielten die evangelischen
Churfürsten für desto nöthiger und billiger, als auf
der einen Seite der ganze evangelische Religions-
theil den Ryßwickischen Frieden eben deswegen
nicht für vollgültig anerkannte, weil die in dessen
viertem Artikel eingeschobene Clausel mit den vori-

gen
X. Carl der VI. 1711-1740.

VIII.

Man hatte nehmlich, wie oben (S. 301.)
vorgekommen iſt, im Jahre 1690. in der Wahl-
capitulation Joſephs des I. fuͤr bekannt angenom-
men, daß in einem mit Frankreich zu ſchließenden
Frieden alles, was in den von dieſer Krone zu-
ruͤckzugebenden Orten ſowohl in geiſtlichen als welt-
lichen Sachen geaͤndert ſey, in den Stand wieder
hergeſtellt werden muͤße, wie es den Reichsgrund-
geſetzen und Friedensſchluͤſſen gemaͤß ſey; da dann
unter dieſen Friedensſchluͤſſen damals 1690. der
Ryßwickiſche von 1697. offenbar nicht mit verſtan-
den ſeyn konnte, ſondern dieſer Ausdruck nur auf
den Weſtphaͤliſchen und Nimwegiſchen Frieden zu-
ruͤckwies. Nun hatte zwar in der Zwiſchenzeit zwi-
ſchen der Wahl Joſephs des I. und Carls des VI.
der Ryßwickiſche Friede die Zahl der bisherigen
Friedensſchluͤſſe vermehret. Allein zur Zeit der
letztern Wahl war eben ſowohl als zur Zeit der er-
ſtern das Teutſche Reich mit der Krone Frankreich
im Kriege begriffen. Nach der ganzen Lage der
Sache war alſo nichts natuͤrlicher, als daß bey
buchſtaͤblicher Wiederholung jener Stelle der Wahl-
capitulation vom Jahre 1690. die Bemerkung ge-
macht werden mußte, daß unter den damals ange-
fuͤhrten Friedensſchluͤſſen der erſt nachher hinzuge-
kommene Ryßwickiſche Friede nicht mit gemey-
net ſey.


IX.

Dieſe Bemerkung hielten die evangeliſchen
Churfuͤrſten fuͤr deſto noͤthiger und billiger, als auf
der einen Seite der ganze evangeliſche Religions-
theil den Ryßwickiſchen Frieden eben deswegen
nicht fuͤr vollguͤltig anerkannte, weil die in deſſen
viertem Artikel eingeſchobene Clauſel mit den vori-

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[380/0422] X. Carl der VI. 1711-1740. Man hatte nehmlich, wie oben (S. 301.) vorgekommen iſt, im Jahre 1690. in der Wahl- capitulation Joſephs des I. fuͤr bekannt angenom- men, daß in einem mit Frankreich zu ſchließenden Frieden alles, was in den von dieſer Krone zu- ruͤckzugebenden Orten ſowohl in geiſtlichen als welt- lichen Sachen geaͤndert ſey, in den Stand wieder hergeſtellt werden muͤße, wie es den Reichsgrund- geſetzen und Friedensſchluͤſſen gemaͤß ſey; da dann unter dieſen Friedensſchluͤſſen damals 1690. der Ryßwickiſche von 1697. offenbar nicht mit verſtan- den ſeyn konnte, ſondern dieſer Ausdruck nur auf den Weſtphaͤliſchen und Nimwegiſchen Frieden zu- ruͤckwies. Nun hatte zwar in der Zwiſchenzeit zwi- ſchen der Wahl Joſephs des I. und Carls des VI. der Ryßwickiſche Friede die Zahl der bisherigen Friedensſchluͤſſe vermehret. Allein zur Zeit der letztern Wahl war eben ſowohl als zur Zeit der er- ſtern das Teutſche Reich mit der Krone Frankreich im Kriege begriffen. Nach der ganzen Lage der Sache war alſo nichts natuͤrlicher, als daß bey buchſtaͤblicher Wiederholung jener Stelle der Wahl- capitulation vom Jahre 1690. die Bemerkung ge- macht werden mußte, daß unter den damals ange- fuͤhrten Friedensſchluͤſſen der erſt nachher hinzuge- kommene Ryßwickiſche Friede nicht mit gemey- net ſey. Dieſe Bemerkung hielten die evangeliſchen Churfuͤrſten fuͤr deſto noͤthiger und billiger, als auf der einen Seite der ganze evangeliſche Religions- theil den Ryßwickiſchen Frieden eben deswegen nicht fuͤr vollguͤltig anerkannte, weil die in deſſen viertem Artikel eingeſchobene Clauſel mit den vori- gen

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/422>, abgerufen am 22.11.2024.