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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.
Gerichtbarkeit in Ansehung der Protestanten auf-
gehoben seyn sollte, Ehesachen nicht mit benannt
waren. Wie aber die Protestanten darin, daß sie
noch in irgend einer Sache der geistlichen Gericht-
barkeit catholischer Bischöfe unterworfen seyn soll-
ten, unmöglich nachgeben konnten; so bewirkten sie
endlich im Westphälischen Frieden die noch weit be-
stimmter und allgemeiner gefaßte Stelle, daß alles
Dioecesanrecht und die ganze geistliche Gericht-
barkeit mit allen ihren Gattungen,
ohne ir-
gend eine Art Sachen davon auszunehmen, über
die evangelischen Stände aufgehoben seyn sollte (m).


VII.

In der Zwischenzeit, ehe dieser Ausspruch des
Westphälischen Friedens erfolgte, und da man doch
wohl schon lange vorher sehen konnte, daß die Bi-
schöfe mit ihrer Anmaßung einer Gerichtbarkeit in
protestantischen Ehesachen nicht durchkommen
würden, mag man vielleicht am Cammergerichte
auf die Gedanken gekommen seyn, ob nicht diese
Sachen an das Cammergericht gezogen werden
könnten. Vorerst ließ deswegen dieses höchste
Reichsgericht im Jahre 1568. das als eine zweifel-
hafte Rechtsfrage an Kaiser und Reich gelangen:
Wer in Ehesachen unmittelbarer Augsburgischen
Confessionsverwandten competenter Richter sey? (n)
Wie hernach die bald darauf erfolgte Visitation
1570. dennoch wahrnahm, "daß Ehesachen am
"Cammergerichte würklich angenommen würden,
"da doch in solchen Fällen des Cammergerichts Ju-

"ris-
(m) Oben S. 70.
(n) Dubium camerale 1568. Harpprechts
Staatsarchiv des Cammergerichts Th. 5. im Vor-
berichte §. 39. S. 27.

X. Carl der VI. 1711-1740.
Gerichtbarkeit in Anſehung der Proteſtanten auf-
gehoben ſeyn ſollte, Eheſachen nicht mit benannt
waren. Wie aber die Proteſtanten darin, daß ſie
noch in irgend einer Sache der geiſtlichen Gericht-
barkeit catholiſcher Biſchoͤfe unterworfen ſeyn ſoll-
ten, unmoͤglich nachgeben konnten; ſo bewirkten ſie
endlich im Weſtphaͤliſchen Frieden die noch weit be-
ſtimmter und allgemeiner gefaßte Stelle, daß alles
Dioeceſanrecht und die ganze geiſtliche Gericht-
barkeit mit allen ihren Gattungen,
ohne ir-
gend eine Art Sachen davon auszunehmen, uͤber
die evangeliſchen Staͤnde aufgehoben ſeyn ſollte (m).


VII.

In der Zwiſchenzeit, ehe dieſer Ausſpruch des
Weſtphaͤliſchen Friedens erfolgte, und da man doch
wohl ſchon lange vorher ſehen konnte, daß die Bi-
ſchoͤfe mit ihrer Anmaßung einer Gerichtbarkeit in
proteſtantiſchen Eheſachen nicht durchkommen
wuͤrden, mag man vielleicht am Cammergerichte
auf die Gedanken gekommen ſeyn, ob nicht dieſe
Sachen an das Cammergericht gezogen werden
koͤnnten. Vorerſt ließ deswegen dieſes hoͤchſte
Reichsgericht im Jahre 1568. das als eine zweifel-
hafte Rechtsfrage an Kaiſer und Reich gelangen:
Wer in Eheſachen unmittelbarer Augsburgiſchen
Confeſſionsverwandten competenter Richter ſey? (n)
Wie hernach die bald darauf erfolgte Viſitation
1570. dennoch wahrnahm, ”daß Eheſachen am
„Cammergerichte wuͤrklich angenommen wuͤrden,
„da doch in ſolchen Faͤllen des Cammergerichts Ju-

„ris-
(m) Oben S. 70.
(n) Dubium camerale 1568. Harpprechts
Staatsarchiv des Cammergerichts Th. 5. im Vor-
berichte §. 39. S. 27.
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[424/0466] X. Carl der VI. 1711-1740. Gerichtbarkeit in Anſehung der Proteſtanten auf- gehoben ſeyn ſollte, Eheſachen nicht mit benannt waren. Wie aber die Proteſtanten darin, daß ſie noch in irgend einer Sache der geiſtlichen Gericht- barkeit catholiſcher Biſchoͤfe unterworfen ſeyn ſoll- ten, unmoͤglich nachgeben konnten; ſo bewirkten ſie endlich im Weſtphaͤliſchen Frieden die noch weit be- ſtimmter und allgemeiner gefaßte Stelle, daß alles Dioeceſanrecht und die ganze geiſtliche Gericht- barkeit mit allen ihren Gattungen, ohne ir- gend eine Art Sachen davon auszunehmen, uͤber die evangeliſchen Staͤnde aufgehoben ſeyn ſollte (m). In der Zwiſchenzeit, ehe dieſer Ausſpruch des Weſtphaͤliſchen Friedens erfolgte, und da man doch wohl ſchon lange vorher ſehen konnte, daß die Bi- ſchoͤfe mit ihrer Anmaßung einer Gerichtbarkeit in proteſtantiſchen Eheſachen nicht durchkommen wuͤrden, mag man vielleicht am Cammergerichte auf die Gedanken gekommen ſeyn, ob nicht dieſe Sachen an das Cammergericht gezogen werden koͤnnten. Vorerſt ließ deswegen dieſes hoͤchſte Reichsgericht im Jahre 1568. das als eine zweifel- hafte Rechtsfrage an Kaiſer und Reich gelangen: Wer in Eheſachen unmittelbarer Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten competenter Richter ſey? (n) Wie hernach die bald darauf erfolgte Viſitation 1570. dennoch wahrnahm, ”daß Eheſachen am „Cammergerichte wuͤrklich angenommen wuͤrden, „da doch in ſolchen Faͤllen des Cammergerichts Ju- „ris- (m) Oben S. 70. (n) Dubium camerale 1568. Harpprechts Staatsarchiv des Cammergerichts Th. 5. im Vor- berichte §. 39. S. 27.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/466>, abgerufen am 22.11.2024.