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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.
andere Umstände machen es aber doppelt bedenklich,
wenn die Abhängigkeit, worin Kirchen- und
Schuldiener doch billig unter ihren Oberen gehal-
ten werden, und das nöthige Ansehen, so für letz-
tere dazu gehöret, durch einen freyen Zutritt solcher
Personen zu den höchsten Reichsgerichten alle Au-
genblicke unterbrochen werden sollte.


XXVI.

Das alles mag also selbst zur historischen Recht-
fertigung dienen, daß es gewiß nicht ohne Grund
war, wenn in der oben erwehnten Hellmundischen
Sache von den evangelischen Visitatoren und her-
nach vom gesammten evangelischen Religionstheile
für Recht erkannt wurde, daß die Erörterung die-
ses Falles, als einer evangelischen geistlichen Sa-
che, an das Cammergericht nicht gehöre. -- Aber
wenn es nun endlich noch auf diese Frage ankömmt:
ob und was ein solcher Schluß des evangelischen
Religionstheils in Ansehung des Cammergerichts
für eine rechtliche Wirkung haben könne? so ergibt
sich freylich von selbsten, daß das Corpus der evan-
gelischen Stände für sich alleine dem Cammerge-
richte und dessen Beysitzern keine Gesetze vorschrei-
ben könne. Allein davon ist auch hier die Frage
nicht. Es gilt nur darum, was nach der wahren
Reichsverfassung dafür zu halten sey, wenn etwas
in Frage kömmt, worüber die beiden Religions-
theile unterschiedener Meynung sind. Da in die-

sem
stellungsschreiben an den Kaiser. Schauroths
Samml. vom corp. euang. Th. 1. S. 706. Von
der andern Sache, worin das Cammergericht end-
lich den Conrector selbst abwies, finden sich nähere
Nachrichten in meinen Rechtsfällen B. 1. Th. 1.
S. 171-220.

X. Carl der VI. 1711-1740.
andere Umſtaͤnde machen es aber doppelt bedenklich,
wenn die Abhaͤngigkeit, worin Kirchen- und
Schuldiener doch billig unter ihren Oberen gehal-
ten werden, und das noͤthige Anſehen, ſo fuͤr letz-
tere dazu gehoͤret, durch einen freyen Zutritt ſolcher
Perſonen zu den hoͤchſten Reichsgerichten alle Au-
genblicke unterbrochen werden ſollte.


XXVI.

Das alles mag alſo ſelbſt zur hiſtoriſchen Recht-
fertigung dienen, daß es gewiß nicht ohne Grund
war, wenn in der oben erwehnten Hellmundiſchen
Sache von den evangeliſchen Viſitatoren und her-
nach vom geſammten evangeliſchen Religionstheile
fuͤr Recht erkannt wurde, daß die Eroͤrterung die-
ſes Falles, als einer evangeliſchen geiſtlichen Sa-
che, an das Cammergericht nicht gehoͤre. — Aber
wenn es nun endlich noch auf dieſe Frage ankoͤmmt:
ob und was ein ſolcher Schluß des evangeliſchen
Religionstheils in Anſehung des Cammergerichts
fuͤr eine rechtliche Wirkung haben koͤnne? ſo ergibt
ſich freylich von ſelbſten, daß das Corpus der evan-
geliſchen Staͤnde fuͤr ſich alleine dem Cammerge-
richte und deſſen Beyſitzern keine Geſetze vorſchrei-
ben koͤnne. Allein davon iſt auch hier die Frage
nicht. Es gilt nur darum, was nach der wahren
Reichsverfaſſung dafuͤr zu halten ſey, wenn etwas
in Frage koͤmmt, woruͤber die beiden Religions-
theile unterſchiedener Meynung ſind. Da in die-

ſem
ſtellungsſchreiben an den Kaiſer. Schauroths
Samml. vom corp. euang. Th. 1. S. 706. Von
der andern Sache, worin das Cammergericht end-
lich den Conrector ſelbſt abwies, finden ſich naͤhere
Nachrichten in meinen Rechtsfaͤllen B. 1. Th. 1.
S. 171-220.
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[436/0478] X. Carl der VI. 1711-1740. andere Umſtaͤnde machen es aber doppelt bedenklich, wenn die Abhaͤngigkeit, worin Kirchen- und Schuldiener doch billig unter ihren Oberen gehal- ten werden, und das noͤthige Anſehen, ſo fuͤr letz- tere dazu gehoͤret, durch einen freyen Zutritt ſolcher Perſonen zu den hoͤchſten Reichsgerichten alle Au- genblicke unterbrochen werden ſollte. Das alles mag alſo ſelbſt zur hiſtoriſchen Recht- fertigung dienen, daß es gewiß nicht ohne Grund war, wenn in der oben erwehnten Hellmundiſchen Sache von den evangeliſchen Viſitatoren und her- nach vom geſammten evangeliſchen Religionstheile fuͤr Recht erkannt wurde, daß die Eroͤrterung die- ſes Falles, als einer evangeliſchen geiſtlichen Sa- che, an das Cammergericht nicht gehoͤre. — Aber wenn es nun endlich noch auf dieſe Frage ankoͤmmt: ob und was ein ſolcher Schluß des evangeliſchen Religionstheils in Anſehung des Cammergerichts fuͤr eine rechtliche Wirkung haben koͤnne? ſo ergibt ſich freylich von ſelbſten, daß das Corpus der evan- geliſchen Staͤnde fuͤr ſich alleine dem Cammerge- richte und deſſen Beyſitzern keine Geſetze vorſchrei- ben koͤnne. Allein davon iſt auch hier die Frage nicht. Es gilt nur darum, was nach der wahren Reichsverfaſſung dafuͤr zu halten ſey, wenn etwas in Frage koͤmmt, woruͤber die beiden Religions- theile unterſchiedener Meynung ſind. Da in die- ſem (u) (u) ſtellungsſchreiben an den Kaiſer. Schauroths Samml. vom corp. euang. Th. 1. S. 706. Von der andern Sache, worin das Cammergericht end- lich den Conrector ſelbſt abwies, finden ſich naͤhere Nachrichten in meinen Rechtsfaͤllen B. 1. Th. 1. S. 171-220.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/478>, abgerufen am 22.11.2024.