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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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5) Reichsverhandlungen 1758-1763.

Als ganz Teutschland schon lange gnug unterIII
dem verderblichen Kriege geseufzet hatte, und selbst
die übrigen im Kriege begriffenen Mächte die
Hand zum Frieden zu bieten schienen; ward zur
allgemeinen Freude so vieler Völker im Jahre
1761. zwischen den Kriegführenden Mächten Oe-
sterreich, Rußland, Frankreich, Schweden auf
einer, und Großbritannien, Preussen und deren
Bundesgenossen auf der andern Seite ein Con-
greß
verabredet, der zu Augsburg gehalten
werden sollte. Man war aber übereingekommen,
das Teutsche Reich an diesem Congresse keinen An-
theil nehmen zu laßen, weil man zu Berlin der Le-
galität des Reichsschlusses 1757. noch immer wi-
dersprach, und weil unzehlige Schwierigkeiten so-
wohl in Ansehung der Art und Weise, wie das
Reich zum Frieden mitwirken sollte, als in Anse-
hung der Puncte, die von Reichssachen hiebey
zur Sprache kommen könnten, sich voraussehen
ließen.

Nichts desto weniger erließ der Kaiser FranzIV.
den Antrag an das Reich, ob man nicht dienlich
fände, auch von Reichs wegen den bevorstehenden
Congreß zu beschicken, oder dem Kaiser in solcher
Absicht die erforderliche Vollmacht zu geben. Alle
Vorstellungen vorberührter wichtigen Anstände
und der völlig ermangelnden Einladung des Reichs
von wegen der übrigen Mächte waren nicht vermö-
gend, den würklichen Vortrag dieses kaiserlichen
Antrages zurückzuhalten. Die vorsitzenden catho-
lischen Stände in beiden höheren Collegien legten
vielmehr ihre Stimmen nicht nur beyfällig ab, son-
dern erklärten sich auch schon über die Puncte, auf

deren
5) Reichsverhandlungen 1758-1763.

Als ganz Teutſchland ſchon lange gnug unterIII
dem verderblichen Kriege geſeufzet hatte, und ſelbſt
die uͤbrigen im Kriege begriffenen Maͤchte die
Hand zum Frieden zu bieten ſchienen; ward zur
allgemeinen Freude ſo vieler Voͤlker im Jahre
1761. zwiſchen den Kriegfuͤhrenden Maͤchten Oe-
ſterreich, Rußland, Frankreich, Schweden auf
einer, und Großbritannien, Preuſſen und deren
Bundesgenoſſen auf der andern Seite ein Con-
greß
verabredet, der zu Augsburg gehalten
werden ſollte. Man war aber uͤbereingekommen,
das Teutſche Reich an dieſem Congreſſe keinen An-
theil nehmen zu laßen, weil man zu Berlin der Le-
galitaͤt des Reichsſchluſſes 1757. noch immer wi-
derſprach, und weil unzehlige Schwierigkeiten ſo-
wohl in Anſehung der Art und Weiſe, wie das
Reich zum Frieden mitwirken ſollte, als in Anſe-
hung der Puncte, die von Reichsſachen hiebey
zur Sprache kommen koͤnnten, ſich vorausſehen
ließen.

Nichts deſto weniger erließ der Kaiſer FranzIV.
den Antrag an das Reich, ob man nicht dienlich
faͤnde, auch von Reichs wegen den bevorſtehenden
Congreß zu beſchicken, oder dem Kaiſer in ſolcher
Abſicht die erforderliche Vollmacht zu geben. Alle
Vorſtellungen vorberuͤhrter wichtigen Anſtaͤnde
und der voͤllig ermangelnden Einladung des Reichs
von wegen der uͤbrigen Maͤchte waren nicht vermoͤ-
gend, den wuͤrklichen Vortrag dieſes kaiſerlichen
Antrages zuruͤckzuhalten. Die vorſitzenden catho-
liſchen Staͤnde in beiden hoͤheren Collegien legten
vielmehr ihre Stimmen nicht nur beyfaͤllig ab, ſon-
dern erklaͤrten ſich auch ſchon uͤber die Puncte, auf

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[111/0145] 5) Reichsverhandlungen 1758-1763. Als ganz Teutſchland ſchon lange gnug unter dem verderblichen Kriege geſeufzet hatte, und ſelbſt die uͤbrigen im Kriege begriffenen Maͤchte die Hand zum Frieden zu bieten ſchienen; ward zur allgemeinen Freude ſo vieler Voͤlker im Jahre 1761. zwiſchen den Kriegfuͤhrenden Maͤchten Oe- ſterreich, Rußland, Frankreich, Schweden auf einer, und Großbritannien, Preuſſen und deren Bundesgenoſſen auf der andern Seite ein Con- greß verabredet, der zu Augsburg gehalten werden ſollte. Man war aber uͤbereingekommen, das Teutſche Reich an dieſem Congreſſe keinen An- theil nehmen zu laßen, weil man zu Berlin der Le- galitaͤt des Reichsſchluſſes 1757. noch immer wi- derſprach, und weil unzehlige Schwierigkeiten ſo- wohl in Anſehung der Art und Weiſe, wie das Reich zum Frieden mitwirken ſollte, als in Anſe- hung der Puncte, die von Reichsſachen hiebey zur Sprache kommen koͤnnten, ſich vorausſehen ließen. III Nichts deſto weniger erließ der Kaiſer Franz den Antrag an das Reich, ob man nicht dienlich faͤnde, auch von Reichs wegen den bevorſtehenden Congreß zu beſchicken, oder dem Kaiſer in ſolcher Abſicht die erforderliche Vollmacht zu geben. Alle Vorſtellungen vorberuͤhrter wichtigen Anſtaͤnde und der voͤllig ermangelnden Einladung des Reichs von wegen der uͤbrigen Maͤchte waren nicht vermoͤ- gend, den wuͤrklichen Vortrag dieſes kaiſerlichen Antrages zuruͤckzuhalten. Die vorſitzenden catho- liſchen Staͤnde in beiden hoͤheren Collegien legten vielmehr ihre Stimmen nicht nur beyfaͤllig ab, ſon- dern erklaͤrten ſich auch ſchon uͤber die Puncte, auf deren IV.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/145>, abgerufen am 24.11.2024.