Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

XIII. Joseph II. 1764-1786.
gesetzmäßige und freundschaftliche Art zu verglei-
chen. Widrigenfalls aber koste es sie, die Kaise-
rinn in Rußland, unendlich viel zu erklären, daß
sie den in Teutschland ausgebrochenen Krieg so-
wohl wegen seines Gegenstandes, als wegen der
damit verknüpften Umstände, und wegen seiner
Folgen, nicht mit Gleichgültigkeit würde ansehen
können, sondern daß sie in gehörige und ernsthaf-
te Betrachtung würde ziehen müßen, was sie dem
Interesse ihres Reichs, dem Interesse der Prin-
zen, die ihre Freunde seyen, und ihre Unterstüt-
zung nachgesuchet haben, vor allem aber ihren
Verpflichtungen gegen ihre Alliirte, schuldig sey."


X.

Diese Russische Erklärung war inzwischen
noch nicht zu Wien angebracht, als der Wiener
Hof durch seinen Gesandten zu Petersburg dar-
auf antragen ließ, daß der Russische Hof nebst
dem Französischen die Vermittelung übernehmen
möchte. Beide Höfe ließen sich sowohl als der
Berliner Hof darin willfährig finden. So kam
es also nach einem kurzen Congresse zu Teschen
erst zum Waffenstillstande, und am 13. May
1779. zum völligen Frieden. Dessen Hauptbe-
dingung war, daß Oesterreich doch ein Stück von
Baiern davon trug, nehmlich den Strich Landes,
der zwischen der Donau, dem Inn und der Salza
liegt. Alles übrige sollte künftig, wie bisher, bey
Baiern bleiben. Zu dem Ende machte sich die
Kaiserinn anheischig, nicht nur von wegen der
Krone Böhmen dem Pfälzischen Hause die Böh-
mischen Lehne von neuem zu verleihen, sondern
auch in gleicher Absicht der Reichslehne halber sich
beym Kaiser zu verwenden. In so weit ward

also

XIII. Joſeph II. 1764-1786.
geſetzmaͤßige und freundſchaftliche Art zu verglei-
chen. Widrigenfalls aber koſte es ſie, die Kaiſe-
rinn in Rußland, unendlich viel zu erklaͤren, daß
ſie den in Teutſchland ausgebrochenen Krieg ſo-
wohl wegen ſeines Gegenſtandes, als wegen der
damit verknuͤpften Umſtaͤnde, und wegen ſeiner
Folgen, nicht mit Gleichguͤltigkeit wuͤrde anſehen
koͤnnen, ſondern daß ſie in gehoͤrige und ernſthaf-
te Betrachtung wuͤrde ziehen muͤßen, was ſie dem
Intereſſe ihres Reichs, dem Intereſſe der Prin-
zen, die ihre Freunde ſeyen, und ihre Unterſtuͤt-
zung nachgeſuchet haben, vor allem aber ihren
Verpflichtungen gegen ihre Alliirte, ſchuldig ſey.”


X.

Dieſe Ruſſiſche Erklaͤrung war inzwiſchen
noch nicht zu Wien angebracht, als der Wiener
Hof durch ſeinen Geſandten zu Petersburg dar-
auf antragen ließ, daß der Ruſſiſche Hof nebſt
dem Franzoͤſiſchen die Vermittelung uͤbernehmen
moͤchte. Beide Hoͤfe ließen ſich ſowohl als der
Berliner Hof darin willfaͤhrig finden. So kam
es alſo nach einem kurzen Congreſſe zu Teſchen
erſt zum Waffenſtillſtande, und am 13. May
1779. zum voͤlligen Frieden. Deſſen Hauptbe-
dingung war, daß Oeſterreich doch ein Stuͤck von
Baiern davon trug, nehmlich den Strich Landes,
der zwiſchen der Donau, dem Inn und der Salza
liegt. Alles uͤbrige ſollte kuͤnftig, wie bisher, bey
Baiern bleiben. Zu dem Ende machte ſich die
Kaiſerinn anheiſchig, nicht nur von wegen der
Krone Boͤhmen dem Pfaͤlziſchen Hauſe die Boͤh-
miſchen Lehne von neuem zu verleihen, ſondern
auch in gleicher Abſicht der Reichslehne halber ſich
beym Kaiſer zu verwenden. In ſo weit ward

alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0226" n="192"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Jo&#x017F;eph <hi rendition="#aq">II.</hi> 1764-1786.</fw><lb/>
ge&#x017F;etzma&#x0364;ßige und freund&#x017F;chaftliche Art zu verglei-<lb/>
chen. Widrigenfalls aber ko&#x017F;te es &#x017F;ie, die Kai&#x017F;e-<lb/>
rinn in Rußland, unendlich viel zu erkla&#x0364;ren, daß<lb/>
&#x017F;ie den in Teut&#x017F;chland ausgebrochenen Krieg &#x017F;o-<lb/>
wohl wegen &#x017F;eines Gegen&#x017F;tandes, als wegen der<lb/>
damit verknu&#x0364;pften Um&#x017F;ta&#x0364;nde, und wegen &#x017F;einer<lb/>
Folgen, nicht mit Gleichgu&#x0364;ltigkeit wu&#x0364;rde an&#x017F;ehen<lb/>
ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie in geho&#x0364;rige und ern&#x017F;thaf-<lb/>
te Betrachtung wu&#x0364;rde ziehen mu&#x0364;ßen, was &#x017F;ie dem<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e ihres Reichs, dem Intere&#x017F;&#x017F;e der Prin-<lb/>
zen, die ihre Freunde &#x017F;eyen, und ihre Unter&#x017F;tu&#x0364;t-<lb/>
zung nachge&#x017F;uchet haben, vor allem aber ihren<lb/>
Verpflichtungen gegen ihre Alliirte, &#x017F;chuldig &#x017F;ey.&#x201D;</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">X.</hi> </note>
          <p>Die&#x017F;e Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Erkla&#x0364;rung war inzwi&#x017F;chen<lb/>
noch nicht zu Wien angebracht, als der Wiener<lb/>
Hof durch &#x017F;einen Ge&#x017F;andten zu Petersburg dar-<lb/>
auf antragen ließ, daß der Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Hof neb&#x017F;t<lb/>
dem Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen die Vermittelung u&#x0364;bernehmen<lb/>
mo&#x0364;chte. Beide Ho&#x0364;fe ließen &#x017F;ich &#x017F;owohl als der<lb/>
Berliner Hof darin willfa&#x0364;hrig finden. So kam<lb/>
es al&#x017F;o nach einem kurzen <hi rendition="#fr">Congre&#x017F;&#x017F;e zu Te&#x017F;chen</hi><lb/>
er&#x017F;t zum Waffen&#x017F;till&#x017F;tande, und am 13. May<lb/>
1779. zum vo&#x0364;lligen <hi rendition="#fr">Frieden.</hi> De&#x017F;&#x017F;en Hauptbe-<lb/>
dingung war, daß Oe&#x017F;terreich doch ein Stu&#x0364;ck von<lb/>
Baiern davon trug, nehmlich den Strich Landes,<lb/>
der zwi&#x017F;chen der Donau, dem Inn und der Salza<lb/>
liegt. Alles u&#x0364;brige &#x017F;ollte ku&#x0364;nftig, wie bisher, bey<lb/>
Baiern bleiben. Zu dem Ende machte &#x017F;ich die<lb/>
Kai&#x017F;erinn anhei&#x017F;chig, nicht nur von wegen der<lb/>
Krone Bo&#x0364;hmen dem Pfa&#x0364;lzi&#x017F;chen Hau&#x017F;e die Bo&#x0364;h-<lb/>
mi&#x017F;chen Lehne von neuem zu verleihen, &#x017F;ondern<lb/>
auch in gleicher Ab&#x017F;icht der Reichslehne halber &#x017F;ich<lb/>
beym Kai&#x017F;er zu verwenden. In &#x017F;o weit ward<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">al&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0226] XIII. Joſeph II. 1764-1786. geſetzmaͤßige und freundſchaftliche Art zu verglei- chen. Widrigenfalls aber koſte es ſie, die Kaiſe- rinn in Rußland, unendlich viel zu erklaͤren, daß ſie den in Teutſchland ausgebrochenen Krieg ſo- wohl wegen ſeines Gegenſtandes, als wegen der damit verknuͤpften Umſtaͤnde, und wegen ſeiner Folgen, nicht mit Gleichguͤltigkeit wuͤrde anſehen koͤnnen, ſondern daß ſie in gehoͤrige und ernſthaf- te Betrachtung wuͤrde ziehen muͤßen, was ſie dem Intereſſe ihres Reichs, dem Intereſſe der Prin- zen, die ihre Freunde ſeyen, und ihre Unterſtuͤt- zung nachgeſuchet haben, vor allem aber ihren Verpflichtungen gegen ihre Alliirte, ſchuldig ſey.” Dieſe Ruſſiſche Erklaͤrung war inzwiſchen noch nicht zu Wien angebracht, als der Wiener Hof durch ſeinen Geſandten zu Petersburg dar- auf antragen ließ, daß der Ruſſiſche Hof nebſt dem Franzoͤſiſchen die Vermittelung uͤbernehmen moͤchte. Beide Hoͤfe ließen ſich ſowohl als der Berliner Hof darin willfaͤhrig finden. So kam es alſo nach einem kurzen Congreſſe zu Teſchen erſt zum Waffenſtillſtande, und am 13. May 1779. zum voͤlligen Frieden. Deſſen Hauptbe- dingung war, daß Oeſterreich doch ein Stuͤck von Baiern davon trug, nehmlich den Strich Landes, der zwiſchen der Donau, dem Inn und der Salza liegt. Alles uͤbrige ſollte kuͤnftig, wie bisher, bey Baiern bleiben. Zu dem Ende machte ſich die Kaiſerinn anheiſchig, nicht nur von wegen der Krone Boͤhmen dem Pfaͤlziſchen Hauſe die Boͤh- miſchen Lehne von neuem zu verleihen, ſondern auch in gleicher Abſicht der Reichslehne halber ſich beym Kaiſer zu verwenden. In ſo weit ward alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/226
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/226>, abgerufen am 26.11.2024.