Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.XIII. Joseph II. 1764-1786. mehr erinnerlich. Also konnte es freylich nichtanders als Aufsehen machen, da auf einmal eine ganze Menge solcher Panisbriefe in allen Gegen- den von Teutschland zum Vorschein kamen, wo- durch Personen beiderley Geschlechts zu bestimm- ten Pensionen oder anderen Versorgungen in Klö- stern und Stiftern angewiesen wurden. Die Sache schien manchen desto bedenklicher zu seyn, da zu Ausübung dieses Rechts kein Grund von der allgemeinen Wohlfahrt des Reichs hergenom- men werden konnte, die doch eigentlich den Haupt- gegenstand aller kaiserlichen Regierungsrechte aus- machen sollte. Hier schien es nur darauf abge- sehen zu seyn, Personen aus den kaiserlichen Erb- landen mit Pensionen zu begnadigen, die sie in anderer Reichsstände Ländern zu genießen haben würden. Natürlich konnte ein jeder Reichsstand auf die Gedanken kommen, daß es in seinem eig- nen Lande Personen gnug geben werde, denen er den Genuß solcher Pensionen vorzüglich vor frem- den angedeihen zu laßen sich selbst zur Pflicht rech- nen müßte. VII. Auch in den neueren Reichstagshandlungen kam tend
XIII. Joſeph II. 1764-1786. mehr erinnerlich. Alſo konnte es freylich nichtanders als Aufſehen machen, da auf einmal eine ganze Menge ſolcher Panisbriefe in allen Gegen- den von Teutſchland zum Vorſchein kamen, wo- durch Perſonen beiderley Geſchlechts zu beſtimm- ten Penſionen oder anderen Verſorgungen in Kloͤ- ſtern und Stiftern angewieſen wurden. Die Sache ſchien manchen deſto bedenklicher zu ſeyn, da zu Ausuͤbung dieſes Rechts kein Grund von der allgemeinen Wohlfahrt des Reichs hergenom- men werden konnte, die doch eigentlich den Haupt- gegenſtand aller kaiſerlichen Regierungsrechte aus- machen ſollte. Hier ſchien es nur darauf abge- ſehen zu ſeyn, Perſonen aus den kaiſerlichen Erb- landen mit Penſionen zu begnadigen, die ſie in anderer Reichsſtaͤnde Laͤndern zu genießen haben wuͤrden. Natuͤrlich konnte ein jeder Reichsſtand auf die Gedanken kommen, daß es in ſeinem eig- nen Lande Perſonen gnug geben werde, denen er den Genuß ſolcher Penſionen vorzuͤglich vor frem- den angedeihen zu laßen ſich ſelbſt zur Pflicht rech- nen muͤßte. VII. Auch in den neueren Reichstagshandlungen kam tend
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XIII. Joſeph II. 1764-1786.
mehr erinnerlich. Alſo konnte es freylich nicht
anders als Aufſehen machen, da auf einmal eine
ganze Menge ſolcher Panisbriefe in allen Gegen-
den von Teutſchland zum Vorſchein kamen, wo-
durch Perſonen beiderley Geſchlechts zu beſtimm-
ten Penſionen oder anderen Verſorgungen in Kloͤ-
ſtern und Stiftern angewieſen wurden. Die
Sache ſchien manchen deſto bedenklicher zu ſeyn,
da zu Ausuͤbung dieſes Rechts kein Grund von
der allgemeinen Wohlfahrt des Reichs hergenom-
men werden konnte, die doch eigentlich den Haupt-
gegenſtand aller kaiſerlichen Regierungsrechte aus-
machen ſollte. Hier ſchien es nur darauf abge-
ſehen zu ſeyn, Perſonen aus den kaiſerlichen Erb-
landen mit Penſionen zu begnadigen, die ſie in
anderer Reichsſtaͤnde Laͤndern zu genießen haben
wuͤrden. Natuͤrlich konnte ein jeder Reichsſtand
auf die Gedanken kommen, daß es in ſeinem eig-
nen Lande Perſonen gnug geben werde, denen er
den Genuß ſolcher Penſionen vorzuͤglich vor frem-
den angedeihen zu laßen ſich ſelbſt zur Pflicht rech-
nen muͤßte.
Auch in den neueren Reichstagshandlungen kam
es manchen auffallend vor, daß bey verſchiedenen
Gelegenheiten anders zu Werke gegangen wurde,
als man es nach der bisherigen Reichstagsverfaſ-
ſung gewohnt war. Es ſollte z. B. eine ſo genannte
Oeſterreichiſche Parification mit den Churfuͤr-
ſten, vermoͤge deren alle churfuͤrſtliche Vorrechte
auch dem Hauſe Oeſterreich und deſſen Miniſtern
zum Vorzuge vor allen anderen fuͤrſtlichen Haͤu-
ſern und Miniſtern zu gute kommen ſollte, wie
aus gewiſſen Aeuſſerungen abzunehmen war, gel-
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