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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIV. Heutige Verfassung.
dessen besonderer Staaten keinen richtigen Begriff
machen kann, beruhet darin, daß so viele Länder,
deren jedes sonst seinen eignen Landesherrn gehabt
hat, in neueren Zeiten mit anderen Ländern unter
einen Herrn
gekommen sind. Davon enthält
schon der Westphälische Friede eine beträchtliche
Anzahl in den secularisirten Ländern, die damals
der Krone Schweden, und den Häusern Branden-
burg, Mecklenburg und Hessen zu Theil wur-
den (n); wozu hernach noch die den Häusern Sach-
sen und Brandenburg eigen gebliebenen Bisthü-
mer des Obersächsischen Kreises kamen (o). Haupt-
sachlich war es aber dem erst in neueren Zeiten so
allgemein gewordenen Rechte der Erstgebuhrt zuzu-
schreiben, daß seitdem weit öfter als zuvor regie-
rende Häuser erloschen sind, weil gemeiniglich nur
der Erstgebohrne in jedem Hause sich standesmäßig
vermählen und den Stamm fortsetzen kann; den
meisten nachgebohrnen Herren hingegen nur übrig
bleibt, in Kriegsdiensten oder Stiftern ihr Leben
unvermählt hinzubringen. Darüber sind nun häu-
fig mehrere Linien, in welche sonst reichsständische
Häuser vertheilt gewesen, nach und nach zusam-
mengestorben. Oder es sind auch ganze Häuser
erloschen, deren Länder durch Erbverbrüderungen,
Anwartschaften, Lehnsconsolidationen oder andere
Rechtsbegründungen wieder anderen Reichsstän-
den zu Theil geworden sind.


II.

Auf solche Art haben nun vors erste viele
reichsständische Häuser nach und nach einen solchen
Zuwachs bekommen, daß zwischen der Macht, de-

ren
(n) Oben Th. 2. S. 55. 57. 59.
(o) Oben Th. 2. S. 69.

XIV. Heutige Verfaſſung.
deſſen beſonderer Staaten keinen richtigen Begriff
machen kann, beruhet darin, daß ſo viele Laͤnder,
deren jedes ſonſt ſeinen eignen Landesherrn gehabt
hat, in neueren Zeiten mit anderen Laͤndern unter
einen Herrn
gekommen ſind. Davon enthaͤlt
ſchon der Weſtphaͤliſche Friede eine betraͤchtliche
Anzahl in den ſeculariſirten Laͤndern, die damals
der Krone Schweden, und den Haͤuſern Branden-
burg, Mecklenburg und Heſſen zu Theil wur-
den (n); wozu hernach noch die den Haͤuſern Sach-
ſen und Brandenburg eigen gebliebenen Biſthuͤ-
mer des Oberſaͤchſiſchen Kreiſes kamen (o). Haupt-
ſachlich war es aber dem erſt in neueren Zeiten ſo
allgemein gewordenen Rechte der Erſtgebuhrt zuzu-
ſchreiben, daß ſeitdem weit oͤfter als zuvor regie-
rende Haͤuſer erloſchen ſind, weil gemeiniglich nur
der Erſtgebohrne in jedem Hauſe ſich ſtandesmaͤßig
vermaͤhlen und den Stamm fortſetzen kann; den
meiſten nachgebohrnen Herren hingegen nur uͤbrig
bleibt, in Kriegsdienſten oder Stiftern ihr Leben
unvermaͤhlt hinzubringen. Daruͤber ſind nun haͤu-
fig mehrere Linien, in welche ſonſt reichsſtaͤndiſche
Haͤuſer vertheilt geweſen, nach und nach zuſam-
mengeſtorben. Oder es ſind auch ganze Haͤuſer
erloſchen, deren Laͤnder durch Erbverbruͤderungen,
Anwartſchaften, Lehnsconſolidationen oder andere
Rechtsbegruͤndungen wieder anderen Reichsſtaͤn-
den zu Theil geworden ſind.


II.

Auf ſolche Art haben nun vors erſte viele
reichsſtaͤndiſche Haͤuſer nach und nach einen ſolchen
Zuwachs bekommen, daß zwiſchen der Macht, de-

ren
(n) Oben Th. 2. S. 55. 57. 59.
(o) Oben Th. 2. S. 69.
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[282/0316] XIV. Heutige Verfaſſung. deſſen beſonderer Staaten keinen richtigen Begriff machen kann, beruhet darin, daß ſo viele Laͤnder, deren jedes ſonſt ſeinen eignen Landesherrn gehabt hat, in neueren Zeiten mit anderen Laͤndern unter einen Herrn gekommen ſind. Davon enthaͤlt ſchon der Weſtphaͤliſche Friede eine betraͤchtliche Anzahl in den ſeculariſirten Laͤndern, die damals der Krone Schweden, und den Haͤuſern Branden- burg, Mecklenburg und Heſſen zu Theil wur- den (n); wozu hernach noch die den Haͤuſern Sach- ſen und Brandenburg eigen gebliebenen Biſthuͤ- mer des Oberſaͤchſiſchen Kreiſes kamen (o). Haupt- ſachlich war es aber dem erſt in neueren Zeiten ſo allgemein gewordenen Rechte der Erſtgebuhrt zuzu- ſchreiben, daß ſeitdem weit oͤfter als zuvor regie- rende Haͤuſer erloſchen ſind, weil gemeiniglich nur der Erſtgebohrne in jedem Hauſe ſich ſtandesmaͤßig vermaͤhlen und den Stamm fortſetzen kann; den meiſten nachgebohrnen Herren hingegen nur uͤbrig bleibt, in Kriegsdienſten oder Stiftern ihr Leben unvermaͤhlt hinzubringen. Daruͤber ſind nun haͤu- fig mehrere Linien, in welche ſonſt reichsſtaͤndiſche Haͤuſer vertheilt geweſen, nach und nach zuſam- mengeſtorben. Oder es ſind auch ganze Haͤuſer erloſchen, deren Laͤnder durch Erbverbruͤderungen, Anwartſchaften, Lehnsconſolidationen oder andere Rechtsbegruͤndungen wieder anderen Reichsſtaͤn- den zu Theil geworden ſind. Auf ſolche Art haben nun vors erſte viele reichsſtaͤndiſche Haͤuſer nach und nach einen ſolchen Zuwachs bekommen, daß zwiſchen der Macht, de- ren (n) Oben Th. 2. S. 55. 57. 59. (o) Oben Th. 2. S. 69.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/316>, abgerufen am 22.11.2024.