Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.5) Manchfaltigk. d. bes. T. Staaten. bestimmt sind. Das ist nehmlich der Fall, so oftmehr als eine unmittelbare geistliche Stiftung in einerley Hände kömmt. Der ursprünglichen Ver- fassung der Kirche ist es zwar nicht gemäß, daß eine Person mehr als ein Bisthum oder Erzbisthum haben soll, wie es auch in anderen catholischen Reichen unerhört seyn würde, einem Manne mehr als ein Bisthum oder Erzbisthum anzuvertrauen. Wie aber keine Ausnahme von der Regel des Kir- chenrechts so groß ist, die nicht von Rom aus, wenn es das Interesse des päbstlichen Hofes zu er- fordern scheint, gut geheissen werden könnte; so ist es in Teutschland schon längst hergebracht, daß ein Teutscher Bischof oder Erzbischof noch zu meh- reren bischöflichen Stellen postulirt, und durch päbstliche Genehmigung dazu auctorisirt werden kann (q). Ein Prinz von Brandenburg hatte im An- (q) Bey den Westphälischen Friedenshandlun-
gen äusserten die evangelischen Stände (im Febr. 1646.): "Die Erzbisthümer, Bisthümer, und an- dere Prälaturen und Pfründen im Reiche seyen von einheimischen Fürsten, Grafen, Adelichen und anderen unter andern auch darum gestifret, daß ihre Nachkommen in und von denselben ihren Ehrenstand und Unterhaltung haben möchten. Es sey also der Absicht der Stifter ganz zuwider, daß Eine Person oft zwey, drey, vier, fünf und mehr solche Stiftungen besitze; als wodurch die Nach- kommen der Fundatoren fast von den vornehmsten Stiftern ausgeschlossen, und andere dazu erhoben würden, deren Voreltern nichts dazu beygetragen hätten. Man möchte also verordnen, daß ein je- der Erzbischof, Bischof, Prälat oder Canonicus sich mit einer Pfründe begnügen laßen solle." Die Catholischen wollten sich aber darauf nicht ein- laßen. Mosers Teutsches Staatsrecht Th. 11. S. 350-358. 5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten. beſtimmt ſind. Das iſt nehmlich der Fall, ſo oftmehr als eine unmittelbare geiſtliche Stiftung in einerley Haͤnde koͤmmt. Der urſpruͤnglichen Ver- faſſung der Kirche iſt es zwar nicht gemaͤß, daß eine Perſon mehr als ein Biſthum oder Erzbiſthum haben ſoll, wie es auch in anderen catholiſchen Reichen unerhoͤrt ſeyn wuͤrde, einem Manne mehr als ein Biſthum oder Erzbiſthum anzuvertrauen. Wie aber keine Ausnahme von der Regel des Kir- chenrechts ſo groß iſt, die nicht von Rom aus, wenn es das Intereſſe des paͤbſtlichen Hofes zu er- fordern ſcheint, gut geheiſſen werden koͤnnte; ſo iſt es in Teutſchland ſchon laͤngſt hergebracht, daß ein Teutſcher Biſchof oder Erzbiſchof noch zu meh- reren biſchoͤflichen Stellen poſtulirt, und durch paͤbſtliche Genehmigung dazu auctoriſirt werden kann (q). Ein Prinz von Brandenburg hatte im An- (q) Bey den Weſtphaͤliſchen Friedenshandlun-
gen aͤuſſerten die evangeliſchen Staͤnde (im Febr. 1646.): “Die Erzbiſthuͤmer, Biſthuͤmer, und an- dere Praͤlaturen und Pfruͤnden im Reiche ſeyen von einheimiſchen Fuͤrſten, Grafen, Adelichen und anderen unter andern auch darum geſtifret, daß ihre Nachkommen in und von denſelben ihren Ehrenſtand und Unterhaltung haben moͤchten. Es ſey alſo der Abſicht der Stifter ganz zuwider, daß Eine Perſon oft zwey, drey, vier, fuͤnf und mehr ſolche Stiftungen beſitze; als wodurch die Nach- kommen der Fundatoren faſt von den vornehmſten Stiftern ausgeſchloſſen, und andere dazu erhoben wuͤrden, deren Voreltern nichts dazu beygetragen haͤtten. Man moͤchte alſo verordnen, daß ein je- der Erzbiſchof, Biſchof, Praͤlat oder Canonicus ſich mit einer Pfruͤnde begnuͤgen laßen ſolle.” Die Catholiſchen wollten ſich aber darauf nicht ein- laßen. Moſers Teutſches Staatsrecht Th. 11. S. 350-358. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0319" n="285"/><fw place="top" type="header">5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.</fw><lb/> beſtimmt ſind. Das iſt nehmlich der Fall, ſo oft<lb/> mehr als eine unmittelbare geiſtliche Stiftung in<lb/> einerley Haͤnde koͤmmt. Der urſpruͤnglichen Ver-<lb/> faſſung der Kirche iſt es zwar nicht gemaͤß, daß<lb/> eine Perſon mehr als ein Biſthum oder Erzbiſthum<lb/> haben ſoll, wie es auch in anderen catholiſchen<lb/> Reichen unerhoͤrt ſeyn wuͤrde, einem Manne mehr<lb/> als ein Biſthum oder Erzbiſthum anzuvertrauen.<lb/> Wie aber keine Ausnahme von der Regel des Kir-<lb/> chenrechts ſo groß iſt, die nicht von Rom aus,<lb/> wenn es das Intereſſe des paͤbſtlichen Hofes zu er-<lb/> fordern ſcheint, gut geheiſſen werden koͤnnte; ſo<lb/> iſt es in Teutſchland ſchon laͤngſt hergebracht, daß<lb/> ein Teutſcher Biſchof oder Erzbiſchof noch zu meh-<lb/> reren biſchoͤflichen Stellen poſtulirt, und durch<lb/> paͤbſtliche Genehmigung dazu auctoriſirt werden<lb/> kann <note place="foot" n="(q)">Bey den Weſtphaͤliſchen Friedenshandlun-<lb/> gen aͤuſſerten die evangeliſchen Staͤnde (im Febr.<lb/> 1646.): “Die Erzbiſthuͤmer, Biſthuͤmer, und an-<lb/> dere Praͤlaturen und Pfruͤnden im Reiche ſeyen<lb/> von einheimiſchen Fuͤrſten, Grafen, Adelichen<lb/> und anderen unter andern auch darum geſtifret,<lb/> daß ihre Nachkommen in und von denſelben ihren<lb/> Ehrenſtand und Unterhaltung haben moͤchten. Es<lb/> ſey alſo der Abſicht der Stifter ganz zuwider, daß<lb/> Eine Perſon oft zwey, drey, vier, fuͤnf und mehr<lb/> ſolche Stiftungen beſitze; als wodurch die Nach-<lb/> kommen der Fundatoren faſt von den vornehmſten<lb/> Stiftern ausgeſchloſſen, und andere dazu erhoben<lb/> wuͤrden, deren Voreltern nichts dazu beygetragen<lb/> haͤtten. Man moͤchte alſo verordnen, daß ein je-<lb/> der Erzbiſchof, Biſchof, Praͤlat oder Canonicus<lb/> ſich mit einer Pfruͤnde begnuͤgen laßen ſolle.” Die<lb/> Catholiſchen wollten ſich aber darauf nicht ein-<lb/> laßen. <hi rendition="#fr">Moſers</hi> Teutſches Staatsrecht Th. 11.<lb/> S. 350-358.</note>. Ein Prinz von Brandenburg hatte im<lb/> <fw place="bottom" type="catch">An-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [285/0319]
5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.
beſtimmt ſind. Das iſt nehmlich der Fall, ſo oft
mehr als eine unmittelbare geiſtliche Stiftung in
einerley Haͤnde koͤmmt. Der urſpruͤnglichen Ver-
faſſung der Kirche iſt es zwar nicht gemaͤß, daß
eine Perſon mehr als ein Biſthum oder Erzbiſthum
haben ſoll, wie es auch in anderen catholiſchen
Reichen unerhoͤrt ſeyn wuͤrde, einem Manne mehr
als ein Biſthum oder Erzbiſthum anzuvertrauen.
Wie aber keine Ausnahme von der Regel des Kir-
chenrechts ſo groß iſt, die nicht von Rom aus,
wenn es das Intereſſe des paͤbſtlichen Hofes zu er-
fordern ſcheint, gut geheiſſen werden koͤnnte; ſo
iſt es in Teutſchland ſchon laͤngſt hergebracht, daß
ein Teutſcher Biſchof oder Erzbiſchof noch zu meh-
reren biſchoͤflichen Stellen poſtulirt, und durch
paͤbſtliche Genehmigung dazu auctoriſirt werden
kann (q). Ein Prinz von Brandenburg hatte im
An-
(q) Bey den Weſtphaͤliſchen Friedenshandlun-
gen aͤuſſerten die evangeliſchen Staͤnde (im Febr.
1646.): “Die Erzbiſthuͤmer, Biſthuͤmer, und an-
dere Praͤlaturen und Pfruͤnden im Reiche ſeyen
von einheimiſchen Fuͤrſten, Grafen, Adelichen
und anderen unter andern auch darum geſtifret,
daß ihre Nachkommen in und von denſelben ihren
Ehrenſtand und Unterhaltung haben moͤchten. Es
ſey alſo der Abſicht der Stifter ganz zuwider, daß
Eine Perſon oft zwey, drey, vier, fuͤnf und mehr
ſolche Stiftungen beſitze; als wodurch die Nach-
kommen der Fundatoren faſt von den vornehmſten
Stiftern ausgeſchloſſen, und andere dazu erhoben
wuͤrden, deren Voreltern nichts dazu beygetragen
haͤtten. Man moͤchte alſo verordnen, daß ein je-
der Erzbiſchof, Biſchof, Praͤlat oder Canonicus
ſich mit einer Pfruͤnde begnuͤgen laßen ſolle.” Die
Catholiſchen wollten ſich aber darauf nicht ein-
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