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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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3) Wahlcap. Carls VII. 1742.

So erzehlt eine alte Hessische Chronik von ei-VIII.
nem Landgrafen Otto (aus dem XIV. Jahrhun-
derte): "Dieser Landgraf Otto regierte wohl, bat
seine Söhne, sie wollten die Unterthanen gnädig
hören, und das Land nicht theilen. Und wenn
ihm seine Gemahlinn (gebohrne Gräfinn von Ra-
vensberg) stürbe, wenn er dann seinen Wittwer-
stand nicht keusch halten könnte; wollte er doch in
keinem sündigen Leben gefunden werden vor Gott,
aber auch keines Fürsten, Herrn noch Grafen Toch-
ter nehmen, damit durch zweyerley Kinder das
Land nicht zertheilt würde; sondern wollte eine
fromme Jungfrau von Adel zur Ehe nehmen, und
die Kinder mit Geld und Lehnschaft und anderen
Gütern wohl versorgen, daß das Fürstenthum bey
einander bleiben sollte" (g). So hatte der Chur-
fürst Friedrich der Siegreiche von der Pfalz zum
Vortheile seines ältern Bruders Sohnes sich an-
heischig gemacht, keine standesmäßige Gemahlinn
zu nehmen, und deswegen nur eine gewiße Clara
Dettinn sich antrauen laßen, deren Nachkommen
aber mit der Grafschaft Löwenstein versorgt und
als Grafen von Löwenstein erzogen wurden. Ein
Herzog von Zweybrücken, Friedrich Ludewig, ließ
sich auf solche Art mit einer gewissen Heppinn
trauen, und deren Söhne als Herren von Für-
stenwärter erziehen; Herzog Rudolf August von
Braunschweig-Wolfenbüttel nahm in zweyter Ehe
eine gewisse Menthinn unter dem Namen Mada-
me Rudolphine; Landgraf Ernst von Hessen-Rhein-
fels eine Dürniczel unter dem Namen Madame

Erne-
(g) Hert de special. rebusp. sect. 2. §. 6. not.
II. opusc. vol. I. tom. 2. p.
75.
B 4
3) Wahlcap. Carls VII. 1742.

So erzehlt eine alte Heſſiſche Chronik von ei-VIII.
nem Landgrafen Otto (aus dem XIV. Jahrhun-
derte): ”Dieſer Landgraf Otto regierte wohl, bat
ſeine Soͤhne, ſie wollten die Unterthanen gnaͤdig
hoͤren, und das Land nicht theilen. Und wenn
ihm ſeine Gemahlinn (gebohrne Graͤfinn von Ra-
vensberg) ſtuͤrbe, wenn er dann ſeinen Wittwer-
ſtand nicht keuſch halten koͤnnte; wollte er doch in
keinem ſuͤndigen Leben gefunden werden vor Gott,
aber auch keines Fuͤrſten, Herrn noch Grafen Toch-
ter nehmen, damit durch zweyerley Kinder das
Land nicht zertheilt wuͤrde; ſondern wollte eine
fromme Jungfrau von Adel zur Ehe nehmen, und
die Kinder mit Geld und Lehnſchaft und anderen
Guͤtern wohl verſorgen, daß das Fuͤrſtenthum bey
einander bleiben ſollte” (g). So hatte der Chur-
fuͤrſt Friedrich der Siegreiche von der Pfalz zum
Vortheile ſeines aͤltern Bruders Sohnes ſich an-
heiſchig gemacht, keine ſtandesmaͤßige Gemahlinn
zu nehmen, und deswegen nur eine gewiße Clara
Dettinn ſich antrauen laßen, deren Nachkommen
aber mit der Grafſchaft Loͤwenſtein verſorgt und
als Grafen von Loͤwenſtein erzogen wurden. Ein
Herzog von Zweybruͤcken, Friedrich Ludewig, ließ
ſich auf ſolche Art mit einer gewiſſen Heppinn
trauen, und deren Soͤhne als Herren von Fuͤr-
ſtenwaͤrter erziehen; Herzog Rudolf Auguſt von
Braunſchweig-Wolfenbuͤttel nahm in zweyter Ehe
eine gewiſſe Menthinn unter dem Namen Mada-
me Rudolphine; Landgraf Ernſt von Heſſen-Rhein-
fels eine Duͤrniczel unter dem Namen Madame

Erne-
(g) Hert de ſpecial. rebusp. ſect. 2. §. 6. not.
II. opusc. vol. I. tom. 2. p.
75.
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[23/0057] 3) Wahlcap. Carls VII. 1742. So erzehlt eine alte Heſſiſche Chronik von ei- nem Landgrafen Otto (aus dem XIV. Jahrhun- derte): ”Dieſer Landgraf Otto regierte wohl, bat ſeine Soͤhne, ſie wollten die Unterthanen gnaͤdig hoͤren, und das Land nicht theilen. Und wenn ihm ſeine Gemahlinn (gebohrne Graͤfinn von Ra- vensberg) ſtuͤrbe, wenn er dann ſeinen Wittwer- ſtand nicht keuſch halten koͤnnte; wollte er doch in keinem ſuͤndigen Leben gefunden werden vor Gott, aber auch keines Fuͤrſten, Herrn noch Grafen Toch- ter nehmen, damit durch zweyerley Kinder das Land nicht zertheilt wuͤrde; ſondern wollte eine fromme Jungfrau von Adel zur Ehe nehmen, und die Kinder mit Geld und Lehnſchaft und anderen Guͤtern wohl verſorgen, daß das Fuͤrſtenthum bey einander bleiben ſollte” (g). So hatte der Chur- fuͤrſt Friedrich der Siegreiche von der Pfalz zum Vortheile ſeines aͤltern Bruders Sohnes ſich an- heiſchig gemacht, keine ſtandesmaͤßige Gemahlinn zu nehmen, und deswegen nur eine gewiße Clara Dettinn ſich antrauen laßen, deren Nachkommen aber mit der Grafſchaft Loͤwenſtein verſorgt und als Grafen von Loͤwenſtein erzogen wurden. Ein Herzog von Zweybruͤcken, Friedrich Ludewig, ließ ſich auf ſolche Art mit einer gewiſſen Heppinn trauen, und deren Soͤhne als Herren von Fuͤr- ſtenwaͤrter erziehen; Herzog Rudolf Auguſt von Braunſchweig-Wolfenbuͤttel nahm in zweyter Ehe eine gewiſſe Menthinn unter dem Namen Mada- me Rudolphine; Landgraf Ernſt von Heſſen-Rhein- fels eine Duͤrniczel unter dem Namen Madame Erne- VIII. (g) Hert de ſpecial. rebusp. ſect. 2. §. 6. not. II. opusc. vol. I. tom. 2. p. 75. B 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/57>, abgerufen am 21.11.2024.