Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

von Teutschland.
her verdrossen/ daß der Stuhl zu Rom
und die andern Geistlichen dem Keyser
unterthan seyn müsten/ meynete Hil-
debrand,
es wäre nun gute Gelegenheit
die Clerisey in Freyheit zu setzen/ weil
der Keyser in schwere Kriege mit den
Sachsen verwickelt/ und bey den mei-
sten Fürsten verhasset wäre/ worzu ei-
nen Vorwand gab so wohl des Keysers
in seiner Jugend geführtes difsolutes
Leben/ als auch weil viel geistliche bene-
ficia
mehr aus Gunst und Geschencken/
als aus Meriten waren conferiret wor-
den. Und demnach ließ dieser Pabst
ein Decret ausgehen/ daß der Keyser
keine Bischöffe oder andere Geistliche
verordnen möchte/ weil solches dem
Pabst zukäme. Citirte auch den Keyser
nach Rom/ daß er seiner bösen Thaten
halber alldar Rechenschafft geben sol-
te/ mit Bedrohung des Bannes.
Hingegen erklärte der Keyser den
Pabst seines Ampts unwürdig/ und
wolte ihn absetzen. Darauff that der
Pabst den Keyser in Bann/ und ent-
schlug alle seine Untersassen von ih-
rem Eyd und Pflicht/ welches bey
selbiger Zeit so viel würckete/ daß bey
den meisten auff einmahl aller Re-
spect
des Keysers hinfiel/ und er

in

von Teutſchland.
her verdroſſen/ daß der Stuhl zu Rom
und die andern Geiſtlichen dem Keyſer
unterthan ſeyn muͤſten/ meynete Hil-
debrand,
es waͤre nun gute Gelegenheit
die Cleriſey in Freyheit zu ſetzen/ weil
der Keyſer in ſchwere Kriege mit den
Sachſen verwickelt/ und bey den mei-
ſten Fuͤrſten verhaſſet waͤre/ worzu ei-
nen Vorwand gab ſo wohl des Keyſers
in ſeiner Jugend gefuͤhrtes difſolutes
Leben/ als auch weil viel geiſtliche bene-
ficia
mehr aus Gunſt und Geſchencken/
als aus Meriten waren conferiret wor-
den. Und demnach ließ dieſer Pabſt
ein Decret ausgehen/ daß der Keyſer
keine Biſchoͤffe oder andere Geiſtliche
verordnen moͤchte/ weil ſolches dem
Pabſt zukaͤme. Citirte auch den Keyſer
nach Rom/ daß er ſeiner boͤſen Thaten
halber alldar Rechenſchafft geben ſol-
te/ mit Bedrohung des Bannes.
Hingegen erklaͤrte der Keyſer den
Pabſt ſeines Ampts unwuͤrdig/ und
wolte ihn abſetzen. Darauff that der
Pabſt den Keyſer in Bann/ und ent-
ſchlug alle ſeine Unterſaſſen von ih-
rem Eyd und Pflicht/ welches bey
ſelbiger Zeit ſo viel wuͤrckete/ daß bey
den meiſten auff einmahl aller Re-
ſpect
des Keyſers hinfiel/ und er

in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0605" n="578[575]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Teut&#x017F;chland.</hi></fw><lb/>
her verdro&#x017F;&#x017F;en/ daß der Stuhl zu Rom<lb/>
und die andern Gei&#x017F;tlichen dem Key&#x017F;er<lb/>
unterthan &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;ten/ meynete <hi rendition="#aq">Hil-<lb/>
debrand,</hi> es wa&#x0364;re nun gute Gelegenheit<lb/>
die Cleri&#x017F;ey in Freyheit zu &#x017F;etzen/ weil<lb/>
der Key&#x017F;er in &#x017F;chwere Kriege mit den<lb/>
Sach&#x017F;en verwickelt/ und bey den mei-<lb/>
&#x017F;ten Fu&#x0364;r&#x017F;ten verha&#x017F;&#x017F;et wa&#x0364;re/ worzu ei-<lb/>
nen Vorwand gab &#x017F;o wohl des Key&#x017F;ers<lb/>
in &#x017F;einer Jugend gefu&#x0364;hrtes <hi rendition="#aq">dif&#x017F;olut</hi>es<lb/>
Leben/ als auch weil viel gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">bene-<lb/>
ficia</hi> mehr aus Gun&#x017F;t und Ge&#x017F;chencken/<lb/>
als aus <hi rendition="#aq">Merit</hi>en waren <hi rendition="#aq">conferir</hi>et wor-<lb/>
den. Und demnach ließ die&#x017F;er Pab&#x017F;t<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Decret</hi> ausgehen/ daß der Key&#x017F;er<lb/>
keine Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe oder andere Gei&#x017F;tliche<lb/>
verordnen mo&#x0364;chte/ weil &#x017F;olches dem<lb/>
Pab&#x017F;t zuka&#x0364;me. <hi rendition="#aq">Citirt</hi>e auch den Key&#x017F;er<lb/>
nach Rom/ daß er &#x017F;einer bo&#x0364;&#x017F;en Thaten<lb/>
halber alldar Rechen&#x017F;chafft geben &#x017F;ol-<lb/>
te/ mit Bedrohung des Bannes.<lb/>
Hingegen erkla&#x0364;rte der Key&#x017F;er den<lb/>
Pab&#x017F;t &#x017F;eines Ampts unwu&#x0364;rdig/ und<lb/>
wolte ihn ab&#x017F;etzen. Darauff that der<lb/>
Pab&#x017F;t den Key&#x017F;er in Bann/ und ent-<lb/>
&#x017F;chlug alle &#x017F;eine Unter&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en von ih-<lb/>
rem Eyd und Pflicht/ welches bey<lb/>
&#x017F;elbiger Zeit &#x017F;o viel wu&#x0364;rckete/ daß bey<lb/>
den mei&#x017F;ten auff einmahl aller <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
&#x017F;pect</hi> des Key&#x017F;ers hinfiel/ und er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[578[575]/0605] von Teutſchland. her verdroſſen/ daß der Stuhl zu Rom und die andern Geiſtlichen dem Keyſer unterthan ſeyn muͤſten/ meynete Hil- debrand, es waͤre nun gute Gelegenheit die Cleriſey in Freyheit zu ſetzen/ weil der Keyſer in ſchwere Kriege mit den Sachſen verwickelt/ und bey den mei- ſten Fuͤrſten verhaſſet waͤre/ worzu ei- nen Vorwand gab ſo wohl des Keyſers in ſeiner Jugend gefuͤhrtes difſolutes Leben/ als auch weil viel geiſtliche bene- ficia mehr aus Gunſt und Geſchencken/ als aus Meriten waren conferiret wor- den. Und demnach ließ dieſer Pabſt ein Decret ausgehen/ daß der Keyſer keine Biſchoͤffe oder andere Geiſtliche verordnen moͤchte/ weil ſolches dem Pabſt zukaͤme. Citirte auch den Keyſer nach Rom/ daß er ſeiner boͤſen Thaten halber alldar Rechenſchafft geben ſol- te/ mit Bedrohung des Bannes. Hingegen erklaͤrte der Keyſer den Pabſt ſeines Ampts unwuͤrdig/ und wolte ihn abſetzen. Darauff that der Pabſt den Keyſer in Bann/ und ent- ſchlug alle ſeine Unterſaſſen von ih- rem Eyd und Pflicht/ welches bey ſelbiger Zeit ſo viel wuͤrckete/ daß bey den meiſten auff einmahl aller Re- ſpect des Keyſers hinfiel/ und er in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/605
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 578[575]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/605>, abgerufen am 22.11.2024.